Norderstedt. Erstes Urteil: „Stadtmagazin“-Verleger Sven Boysen darf umstrittenen Filmbeitrag nicht mehr zeigen.

In der vermeintlichen Affäre um die Norderstedter Hopfenliebe hat das Landgericht Kiel eine einstweilige Verfügung gegen den Verleger des Online-Portals „Stadtmagazin“, Sven Boysen, erlassen.

Hopfenliebe-Affäre: Urteil gegen Verleger des Portals "Stadtmagazin"

Boysen musste von seiner Website einen Filmbeitrag entfernen, in dem unter dem Titel „Hinter den Kulissen – Politkrimi um TriBühne und Hopfenliebe in Norderstedt“ Anschuldigungen und Verdächtigungen gegen den ehemaligen Geschäftsführer der Mehrzwecksäle Norderstedt GmbH der Stadt Norderstedt (MeNo), Rajas Thiele-Stechemesser, erhoben worden waren. Zur MeNo gehören die TriBühne, das Kulturwerk, der Ticketcorner und das Brauhaus Hopfenliebe.

Thiele-Stechemesser hatte Vorwürfe mit Nachdruck zurückgewiesen

In dem nun verbotenen Video hatte Boysen unter anderem den Verdacht erweckt, dass das Rechnungsprüfungsamt (RPA) der Stadt Norderstedt Bargeld unbekannten Ursprungs im Tresor der MeNo entdeckt habe – bei dem Geld, so die Andeutung, könnte es sich möglicherweise um abgezweigte Einnahmen aus der Hopfenliebe handeln.

Auch war von einer dubiosen Überweisung von 40.000 Euro auf ein Konto in der Karibik die Rede. Darüber hinaus wurde in dem Filmbeitrag vermutet, Thiele-Stechemessers Abschied von der MeNo im Mai dieses Jahres könnte etwas mit den RPA-Prüfungen zu tun haben. Beweise indes hatte Boysen in dem Filmbeitrag nicht präsentiert.

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Thiele-Stechemesser hatte, wie das Abendblatt berichtete, nach Erscheinen des Filmbeitrags alle Vorwürfe mit Nachdruck zurückgewiesen und juristische Schritte gegen Sven Boysen angekündigt. Und das nun mit Erfolg: Sollte Verleger Boysen seine Behauptungen wiederholen, dann droht ihm ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro und für den Fall, dass die Summe nicht gezahlt werden könnte, Ordnungshaft bis zu sechs Monaten.

Bei dem Bericht im „Stadtmagazin“ handelt es sich laut Kieler Landgericht um eine sogenannte Verdachtsberichterstattung. Und in der Tat: Zu Beginn des Filmbeitrags hatte Boysen angekündigt, dass er die Zuschauer mitnehmen werde, „in die Gerüchteküche der Stadt Norderstedt“.

Thiele-Stechemesser dankt Freunden und Mitarbeitern

„Für mich ist das sicherlich ein Sieg, der aber einen schlechten Nachgeschmack hinterlässt. Vertreter der Politik mischten sich ein, ebenfalls ohne Beweise vorlegen zu können. Was bleibt, ist die Erkenntnis, wie das Internet eine unterschätzte Gefahr darstellen kann, wobei gleichzeitig auch ein riesiges Problem mit unprofessioneller Berichterstattung in den neuen Medien einhergeht.

Mit einem Klick ist es möglich, Dinge für die gesamte Öffentlichkeit zugänglich zu machen, welche nicht über eine einzige seriöse Quelle verfügen“, betont Thiele-Stechemesser in einem offenen Brief, der dem Abendblatt vorliegt. Die wahllose Verbreitung von Falschmeldungen könne dazu führen, dass ganze Existenzen zerstört werden. Durch das Urteil könne er der Öffentlichkeit nun mitteilen, wie unglaubwürdig einige Personen seien, die Wörter wie Respekt, Fairness und Ehrlichkeit nicht kennen würden.

Thiele-Stechemesser wörtlich: „Mein Dank geht an die vielen Menschen, Freunde und Mitarbeiter, die mir mit ihren SMS-Nachrichten, E-Mails, Anrufen, Postkarten und handgeschriebenen Briefen ihre Unterstützung ausgedrückt haben. Das tat sehr gut!“ Ob er noch weiter rechtlich gegen Sven Boysen vorgehen werde, ließ Rajas Thiele-Stechemesser am Dienstag in einem Gespräch mit dem Abendblatt offen. Wie groß der wirtschaftliche Schaden sei, den er erlitten habe, sei noch nicht absehbar. „Nach der Veröffentlichung des Beitrags haben alle, wirklich alle meine Geschäftspartner angerufen, denen ich erst mal erklären musste, was Sache ist“, so Thiele-Stechemesser.

Der Ex-Geschäftsführer plant nun ein Projekt an der Ostsee

Der 55 Jahre alte Quickborner stand 14 Jahre an der Spitze der MeNo, schon davor arbeitete er viele Jahre für die Stadt. In dieser Zeit hat er sich unbestritten sehr um das kulturelle Leben in Norderstedt verdient gemacht – unter anderem initiierte er das frühere Stadtfest, auch der Craft-Beer-Day und das Genussfestival waren seine Ideen. Umso überraschender war sein plötzlicher Abschied vor einigen Monaten. Bis Ende des Jahres bezieht Thiele-Stechemesser noch Gehalt von der Stadt.

Über die Gründe für seinen Weggang aus Norderstedt schweigt Thiele-Stechemesser. Allerdings hatte sich das Klima zwischen ihm und Teilen der Politik im vergangenen Jahr abgekühlt, nachdem der MeNo-Geschäftsführer sein Konzept von einer Brauerei am Stadtpark vorgestellt hatte. Ein Investor sollte das etwa fünf Millionen teure Projekt realisieren, Rajas Thiele-Stechemesser wollte die städtische Gesellschaft verlassen, um dann Brauereichef zu werden. Dieser Plan kam bei einigen Kommunalpolitikern nicht gut an.

Nach seinem Abschied aus Norderstedt kümmert sich Thiele-Stechemesser nun um andere Projekte – um welche genau, will er noch nicht verraten. Nur so viel: Es handele sich um ein Projekt an der Ostsee.

Kritik an Informationspolitik der Oberbürgermeisterin

Und was ist nun dran an den Erkenntnissen des Rechnungsprüfungsamts? Mit diesem Thema werden sich die Mitglieder des Hauptausschusses am 26. Oktober erneut beschäftigen. Bei der vergangenen Sitzung des Gremiums im September war bereits deutlich geworden, dass sich eine Mehrheit der Politiker – wie auch schon bei anderen Streitfällen in der Vergangenheit – von Oberbürgermeisterin Elke Christina Roeder schlecht informiert fühlt.

Konkret sollen die Protokolle der Aufsichtsratssitzungen der MeNo – Vorsitzende des Gremiums ist Roeder – gar nicht oder nur unvollständig vorgelegt worden sein. Im Zentrum der Debatte steht der Umgang der Verwaltungschefin mit der Politik und die rechtliche Frage, welche Informationen die Oberbürgermeisterin als Vorsitzende des Aufsichtsrates der MeNo dem Hauptausschuss zu liefern hat und welche nicht.