Norderstedt. Rajas Thiele-Stechemesser: “Wer solche Unwahrheiten in der Öffentlichkeit verbreitet, muss zur Rechenschaft gezogen werden.“
Rajas Thiele-Stechemesser ist am Freitag in Gedanken ganz bei seinen ehemaligen Mitarbeitern in der „TriBühne“, im Brauhaus Hopfenliebe oder im Kulturwerk am See. „Die sind jetzt alle ganz schön geknickt. Die fragen sich: Wir schuften hier Tag und Nacht, damit andere feiern können und müssen uns jetzt solche Vorwürfe gefallen lassen?“
Thiele-Stechemesser hatte sich im Mai als Geschäftsführer der Mehrzwecksäle Norderstedt GmbH der Stadt Norderstedt (MeNo) zurückgezogen – nach 14 Jahren erfolgreicher Arbeit im und für das Rathaus. Seither hörte man nichts mehr von ihm. Nun ist er wieder da. Und kämpft um seinen Ruf, den der MeNo und gegen all jene, die mit aus seiner Sicht falschen Behauptungen und Gerüchten daran kratzen wollen.
„Es ist ja nicht erst seit gestern so, dass es Leute gibt, die das versuchen. Ich weiß auch, wer diese Leute sind. Ich habe immer ein Auge zugedrückt bisher. Aber jetzt ist Schluss. Wer solche Unwahrheiten in der Öffentlichkeit verbreitet, muss zur Rechenschaft gezogen werden.“
Hopfenliebe-Affäre: Buchhaltungsberichte wurden gezielt veröffentlicht
Am Donnerstag war die Hopfenliebe-Affäre ins Rollen gekommen. Die Kommunalpolitik und Oberbürgermeisterin Elke Christina Roeder hatten sich über den Umgang mit nicht für die Öffentlichkeit bestimmten Berichten des Rechnungsprüfungsamtes (RPA) über die Buchhaltung der MeNo und Aufsichtsratsprotokollen der städtischen Gesellschaft überworfen.
Während Roeder einen Teil der Dokumente unter Verweis auf die Rechtslage zurückhielt, pochten Politiker und Aufsichtsräte auf die umfassende Aufklärung und Vorlage der Dokumente. Auf dem Höhepunkt des Streits steckten Unbekannte die teilweise vorliegenden Prüfberichte des RPA an die Öffentlichkeit durch.
Ex-Hopfenliebe-Chef wehrt sich: "Das ist strafrechtlich relevantes Verhalten"
Thiele-Stechemesser sieht sich und die MeNo jetzt aufgerieben zwischen diesen verhärteten Fronten. „Durch diese Gerüchte und Behauptungen ist so ein Bild entstanden, wonach ich mich bei der MeNo strafbar gemacht hätte und Oberbürgermeisterin Roeder mich schützen wollte. Das ist kompletter Quatsch“, sagt Thiele-Stechemesser. Er habe sich vielmehr in den 14 Jahren seiner Zeit in der Geschäftsführung nie etwas zu Schulden kommen lassen. „Mein Weggang von der MeNo hatte nichts mit irgendwelchen RPA-Prüfungen zu tun. Das war eine rein persönliche Entscheidung.“
Der Ex-MeNo-Chef geht nun mit seinen Anwälten gegen den Bad Bramstedter Verleger Sven Boysen vor. Der hatte in einem Filmbeitrag auf einer seines Online-Plattformen über den „Polit-Krimi“ im Norderstedter Rathaus berichtet und dabei aus Sicht von Thiele-Stechemesser Unwahrheiten verbreitet und jegliche journalistische Sorgfaltspflicht vermissen lassen. „Wir haben eine einstweilige Verfügung gegen Boysen erlassen und Strafanzeige gestellt“, sagt Thiele-Stechemesser.
Er beklagt auch, dass offensichtlich Kommunalpolitiker in ihrer Funktion als Aufsichtsräte der MeNo GmbH Dokumente aus nichtöffentlichen Sitzungen weitergegeben hätten. „Das ist strafrechtlich relevantes Verhalten. Dafür kann es je nach Fall Haftstrafen geben“, sagt Thiele-Stechemesser. Seine Anwälte würden auch hier eine Verfolgung der Schuldigen prüfen.
Große Mengen Bargeld im Tresor der MeNo? Völlig normal
Auf die Vorwürfe aus der Gerüchteküche gegen die Geschäftsführung der MeNo geht Rajas Thiele-Stechemesser gegenüber dem Abendblatt detailliert ein. Behauptet wird, das RPA habe Bargeld unbekannten Ursprungs im Tresor der MeNo beanstandet. Dabei wurde der Anschein erweckt, es könnte sich um abgezweigte Bareinnahmen aus der Hopfenliebe handeln, die Thiele-Stechemesser aus der Buchhaltung heraushalten wollte. „Ich habe in meiner Zeit bei der MeNo niemals Geld abgezweigt und damit Steuern hinterzogen – alles ist belegt und prüfbar.“
Es sei völlig normal, dass bei der MeNo Geld im Tresor liege. „Dafür haben wir ihn ja schließlich“, sagt Thiele-Stechemesser. In der „TriBühne“ oder der Hopfenliebe würden große Veranstaltungen mit viel Publikum und entsprechend hohen Bareinnahmen teilweise erst spät am Abend oder früh am Morgen enden.
„Ich habe als Geschäftsführer die Angestellten angewiesen, dass die Einnahmen nach solchen Abenden in den Tresor kommen. Ich wollte nicht, dass Angestellte mit dem Geld nachts zu Banken fahren müssen und dabei einer unnötigen Gefahr ausgesetzt werden.“ Stattdessen wurden Einnahmen immer am nächsten Tag „mit kühlem Kopf“ verbucht. „Das Rechnungsprüfungsamt hätte es natürlich lieber, wenn die Einnahmen sofort verbucht würden. Das ist aber bei der Arbeit in den Veranstaltungsbetrieben einfach nicht realistisch.“
Geld auf Konten in der Karibik? Für Thiele-Stechemesser ein bizarrer Vorwurf
Bizarr mute ein Vorwurf an, wonach es Fehlbuchungen der MeNo auf Konten in der Karibik gegeben haben soll. „Grundsätzlich ist bei der MeNo die Buchhaltung für alle Überweisungen zuständig. Ich als Geschäftsführer habe noch nicht einmal Zugang zu den Konten gehabt. Ich habe also nie Überweisungen getätigt oder hätte Geld von den Konten holen können. Bei allen Geldbewegungen galt bei der MeNo das Sechs-Augen-Prinzip“, sagt Thiele-Stechemesser.
Entsprechend habe er niemals Geld fälschlicherweise auf Konten in der Karibik gebucht. „Nicht ausgeschlossen werden kann in einem Geschäftsbetrieb wie dem der MeNo, dass mal eine Buchung daneben geht. Aber das bleibt nicht unentdeckt und wird dann ordnungsgemäß zurückgebucht. Alle läuft voll elektronisch und ist vollständig nachvollziehbar.“
Thiele-Stechemesser betont, es habe keinen Grund gegeben, ihm zu kündigen
Rajas Thiele-Stechemesser wehrt sich auch gegen den Vorwurf der Kommunalpolitiker im Aufsichtsrat der MeNo, die nun davon reden, dass sie ihm in Kenntnis der Prüfberichte im Mai vielleicht fristlos gekündigt hätten, anstatt seinen Vertrag zum Ende des Jahres auslaufen zu lassen. „Aus meiner Sicht ist in den meiner Kenntnis nach über ein Jahr alten Rechnungsprüfungsberichten kein Grund enthalten, der eine fristlose Kündigung rechtfertigen würde.“
Im Gegenteil: Die Hopfenliebe hätte mit ihren Umsätzen und Gewinnen in den vergangenen Jahren für ein insgesamt besseres betriebswirtschaftliches Ergebnis der MeNo gesorgt. Thiele-Stechemesser sieht seine Arbeit für die Stadt Norderstedt herabgewürdigt. „Als erfolgreicher Unternehmer in der freien Wirtschaft hast du kein Danke zu erwarten. Als erfolgreicher Unternehmer unter dem Dach einer städtischen Gesellschaft kriegst du noch einen drauf.“ Auch das sei ein Grund für ihn gewesen, der MeNo im Mai den Rücken zu kehren. Thiele-Stechemesser hat bereits neue Pläne – die mit Norderstedt nichts zu tun haben.