Seit Jahren diskutieren die Kultusminister über gemeinsame Aufgaben und Bildungsstandards für das Abitur. Drei Ländern preschen jetzt vor.

Berlin. Mecklenburg-Vorpommern, Bayern und Sachsen fordern einen Staatsvertrag zur Qualitätssicherung und bundesweiten Vereinheitlichung von Abitur und Realschulabschluss. Ziel ist zunächst ein gemeinsamer Länder-Aufgabenpool für die Abiturprüfungen in Mathematik, Deutsch und Englisch. Andere Fächer und auch Aufgaben für den Realschulabschluss sollten dann folgen, erläuterten die Kultusminister Henry Tesch (CDU/Mecklenburg-Vorpommern), Ludwig Spaenle (CSU/Bayern) und Roland Wöller (CDU/Sachsen) am Freitag in Berlin.

Die bislang parallel in der Kultusministerkonferenz (KMK) von allen Ländern geführte Debatte über bundesweite Bildungsstandards für das Abitur tritt nach Aussage Teschs seit langem auf der Stelle. Er sprach von einem „Offenbarungseid“ und einer „Scheindebatte“. Dabei werde seit 2006 zu häufig folgenlos die Formulierung „man könnte“ gebraucht. „Wenn es bis 2013/14 nicht gelingt, einen gemeinsamen bundesweiten Aufgabenpool hinzubekommen, brauchen wir erst gar nicht mehr anzufangen“, begründete der CDU-Politiker das Vorpreschen der drei Länder.

Neben Mecklenburg-Vorpommern, Bayern und Sachsen haben auch Niedersachsen, Hamburg, Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt ihr Interesse an einen gemeinsamen Abitur-Aufgabenpool bekundet. Am Freitag kam Schleswig-Holstein hinzu. „Alle weiteren Länder sind herzlich eingeladen, beim gemeinsamen Abitur mitzumachen“, sagte Sachsens Kultusminister Wöller.

Die Forderung nach einem Staatsvertrag wird allerdings nicht von allen Ländern geteilt. Bislang ist die gegenseitige Anerkennung der Schulabschlüsse durch ein Abkommen der Länder von 1964 gesichert. Es wurde mehrfach fortgeschrieben.

Familien dürften bei Umzügen von einem Bundesland in ein anderes keine Nachteile haben, begründete Spaenle den Vorstoß für gemeinsame Aufgaben und Prüfungskriterien. Diese hätten dann auch unmittelbare Folgen für Inhalte und Niveau des Unterrichts. „Wir müssen als Länder für die jungen Menschen Verlässlichkeit und Vergleichbarkeit in der Bildung garantieren – Bildung aus der Berliner Zentrale ist der falsche Weg“, wies Spaenle zugleich Rufe nach einem Bundes-Abitur zurück. „Ein Zentralismus auf deutscher Ebene geht leicht an der Lebenssituation der Menschen vorbei.“

Die Forderung der drei Länder nach einem Staatsvertrag, der die Gleichwertigkeit der Abschlüsse und die Mobilität der Absolventen garantiert, bezeichnete Spaenle als Konsequenz aus der Föderalismusreform und der Alleinzuständigkeit der Bundesländer für die Schule. Der Staatsvertrag soll auch die Überprüfung der Bildungsarbeit vor Ort sichern.

Der Unionsfraktionsvize im Bundestag, Michael Kretschmer (CDU), begrüßte die Initiative. „Eltern und Schüler sind zu recht verärgert über die Unfähigkeit der Länder, die Bildungsinhalte abzustimmen.“ Die Bildungsstandards würden in den Schulen viel zu langsam umgesetzt. Ein Staatsvertrag könne eine hoffnungsvolle Wende einleiten.

In fast allen Bundesländern sind heute zentrale Abschlussprüfungen mit landesweiten Abituraufgaben die Regel – auch wenn ihr Nutzen in der Erziehungswissenschaft nicht belegt ist. Befürchtet wird vielfach eine Absenkung des Niveaus. In Nordrhein-Westfalen hat sich die Durchfallquote seit Einführung des Zentralabiturs 2004 halbiert, ergab jüngst eine Untersuchung des Statistischen Landesamtes. (dpa)