Die Schulbehörde plant: In fast allen Fächern soll es zentrale Prüfungen geben. Zudem finden schriftliche Tests später als bisher statt.

Hamburg. Hamburg führt 2014 in allen Fächern das Zentralabitur ein. Gleichzeitig werde der bislang sehr frühe Prüfungstermin Anfang des Jahres wie in vielen anderen Bundesländern in den April verlegt, sagte Schulsenator Ties Rabe (SPD) am Montag in der Hansestadt. Er begründete seine Entscheidung mit gleichen Maßstäben für ganz Hamburg.

„Das Abitur zwischen Eidelstedt und Eimsbüttel sollte schon dasselbe sein.“ Bislang seien nur Deutsch, Mathematik und einige Fremdsprachen zentral geprüft worden. „Ich halte das nicht für vernünftig“, betonte der Senator. Das Zentralabitur betreffe Gymnasien und Stadtteilschulen gleichermaßen. Ausgenommen seien nur Fächer wie Kunst, Theater, Sport oder einige Nischenfächer wie Japanisch.

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Die schriftlichen Prüfungen würden künftig nicht mehr Ende Januar/Anfang Februar stattfinden, sondern im April. Damit will die Behörde der Kritik begegnen, derzufolge die Abiturienten zwischen schriftlicher und mündlicher Prüfung drei bis vier Monate Leerlauf hätten. Das sei - vor allem mit Blick auf das Abi nach zwölf Jahren - vergeudete Zeit, monieren Kritiker. Geplant sei ferner eine Reform der mündlichen Prüfung, erklärte Rabe.

In der Diskussion um ein Zentralabitur in Norddeutschland hat Niedersachsen indes Gegenwind erhalten. Der niedersächsische Landesverband der Bildungsgewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) kritisierte am Montag das für die norddeutschen Bundesländer geplante Zentralabitur. Durch zentrale Prüfungen werde mehr Gewicht auf das einfache Reproduzieren des Lernstoffes gelegt, erklärte GEW-Schulexperte Henner Sauerland in Hannover. Um auf ein Studium vorbereitet zu werden, sollten Schüler vielmehr selbstständiges Arbeiten, Vergleichen und Bewerten trainieren, forderte die Gewerkschaft. Zentralisierte Prüfungen schränkten außerdem die eigenverantwortliche Gestaltungsfreiheit der Schule ein, sagte Sauerland.

Nach dem Willen des niedersächsischen Kultusministeriums soll es in Norddeutschland bereits vom Jahr 2014 an ein länderübergreifendes Abitur geben. Prüflinge aus Niedersachsen, Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern sollten dann erstmals die gleichen Aufgaben in Deutsch, Englisch und Mathematik bearbeiten, kündigte Niedersachsens Kultusminister Bernd Althusmann (CDU) am Sonntag in Hannover an. "Gemeinsam mit den anderen Ländern wollen wir die Voraussetzungen für höhere Mobilität, mehr Chancengerechtigkeit und eine bessere Vergleichbarkeit der Abschlüsse schaffen."

Den Angaben zufolge entwickeln derzeit Experten den vier Nordländern sowie Bayern und Sachsen gemeinsame Aufgaben für die schriftlichen Prüfungsfächer Deutsch, Englisch und Mathematik auf "erhöhtem Anforderungsniveau". Diese würden dann durch die Länder in die schriftlichen Prüfungen einbezogen, heißt es in der Mitteilung des Ministeriums weiter. Im Detail seien hierfür die Fachkommissionen zuständig, die die landesweit einheitlichen Aufgabenstellungen für die schriftliche Abiturprüfung entwickelten. Die Bundesländer würden in Kürze die Prüfungstermine ab dem Schuljahr 2013/14 abstimmen.

Für den Herbst 2013 sei zunächst je eine Klausur in Deutsch, Englisch und Mathematik mit gemeinsamen Aufgaben im dritten Kurshalbjahr vorgesehen. Im Frühjahr 2014 solle das gemeinsame Abitur geschrieben werden, so das Ministerium. Die Einigung der sechs Bundesländer auf einen Zeitplan und die Inhalte sei das Ergebnis einer Arbeitsgruppe, die über Jahre die Details ausgehandelt habe, sagte ein Sprecher des Kultusministeriums in Hannover am Sonntag auf Abendblatt-Anfrage. Teilnehmen sollen in Niedersachsen alle Gymnasien und Gesamtschulen, aber nicht die berufsbildenden Schulen, an denen ebenfalls das Abitur abgelegt werden kann.

Die Oppositionsfraktionen im niedersächsischen Landtag kritisierten den Plan. „Zentralismus allein löst weder Gerechtigkeits- noch Qualitätsprobleme“, sagte Grünen-Bildungsexpertin Ina Korter. Statt den Schulen „schon wieder“ neue Prüfungsvorgaben zu machen, sollte Niedersachsen besser die bereits beschlossenen, länderübergreifenden Bildungsstandards umsetzen. Für SPD-Schulsprecherin Frauke Heiligenstadt macht Althusmann die Abiturienten „erneut zu Versuchskaninchen, weil der Minister im letzten Jahr seiner Amtszeit noch ein Vorzeigeprojekt braucht“. Die geplante Vergleichbarkeit sei nur vordergründig gegeben, da die Ausgangslagen vollkommen unterschiedlich seien. „Wer glaubt, dass diese Vergleichbarkeit der Qualitätssteigerung dient, der irrt, weil dafür die Grundlage fehlt.“

Aus der Sicht von Linken-Bildungsexpertin Christa Reichwaldt ist bereits das Zentralabitur ein Schritt in die falsche Richtung gewesen. Darüber hinaus könne der „unnötige Zentralismus“ auch den Tourismus nachhaltig schwächen. „Wenn sechs Bundesländer zeitgleich Ferien haben, werden die Hotels und Pensionen einen sechswöchigen Ansturm erleben und den Rest des Sommers ihre Zimmer schlechter vermieten können.“