Bereits im Jahr 2014 soll es gemeinsame Abitur-Prüfungen in Hamburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern geben.
Hannover. Der niedersächsische Landesverband der Bildungsgewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat das von 2014 an geplante Zentralabitur in Norddeutschland kritisiert. Durch zentrale Prüfungen werde mehr Gewicht auf das einfache Reproduzieren des Lernstoffes gelegt, erklärte GEW-Schulexperte Henner Sauerland am Montag in Hannover. Um auf ein Studium vorbereitet zu werden, sollten Schüler vielmehr selbstständiges Arbeiten, Vergleichen und Bewerten trainieren, forderte die Gewerkschaft. Zentralisierte Prüfungen schränkten außerdem die eigenverantwortliche Gestaltungsfreiheit der Schule ein, sagte Sauerland.
Nach dem Willen des niedersächsischen Kultusministeriums soll es in Norddeutschland bereits vom Jahr 2014 an ein länderübergreifendes Abitur geben. Prüflinge aus Niedersachsen, Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern sollten dann erstmals die gleichen Aufgaben in Deutsch, Englisch und Mathematik bearbeiten, kündigte Niedersachsens Kultusminister Bernd Althusmann (CDU) am Sonntag in Hannover an. "Gemeinsam mit den anderen Ländern wollen wir die Voraussetzungen für höhere Mobilität, mehr Chancengerechtigkeit und eine bessere Vergleichbarkeit der Abschlüsse schaffen."
Den Angaben zufolge entwickeln derzeit Experten den vier Nordländern sowie Bayern und Sachsen gemeinsame Aufgaben für die schriftlichen Prüfungsfächer Deutsch, Englisch und Mathematik auf "erhöhtem Anforderungsniveau". Diese würden dann durch die Länder in die schriftlichen Prüfungen einbezogen, heißt es in der Mitteilung des Ministeriums weiter. Im Detail seien hierfür die Fachkommissionen zuständig, die die landesweit einheitlichen Aufgabenstellungen für die schriftliche Abiturprüfung entwickelten. Die Bundesländer würden in Kürze die Prüfungstermine ab dem Schuljahr 2013/14 abstimmen.
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Für den Herbst 2013 sei zunächst je eine Klausur in Deutsch, Englisch und Mathematik mit gemeinsamen Aufgaben im dritten Kurshalbjahr vorgesehen. Im Frühjahr 2014 solle das gemeinsame Abitur geschrieben werden, so das Ministerium. Die Einigung der sechs Bundesländer auf einen Zeitplan und die Inhalte sei das Ergebnis einer Arbeitsgruppe, die über Jahre die Details ausgehandelt habe, sagte ein Sprecher des Kultusministeriums in Hannover am Sonntag auf Abendblatt-Anfrage. Teilnehmen sollen in Niedersachsen alle Gymnasien und Gesamtschulen, aber nicht die berufsbildenden Schulen, an denen ebenfalls das Abitur abgelegt werden kann.
Die Oppositionsfraktionen im niedersächsischen Landtag kritisierten den Plan. „Zentralismus allein löst weder Gerechtigkeits- noch Qualitätsprobleme“, sagte Grünen-Bildungsexpertin Ina Korter. Statt den Schulen „schon wieder“ neue Prüfungsvorgaben zu machen, sollte Niedersachsen besser die bereits beschlossenen, länderübergreifenden Bildungsstandards umsetzen. Für SPD-Schulsprecherin Frauke Heiligenstadt macht Althusmann die Abiturienten „erneut zu Versuchskaninchen, weil der Minister im letzten Jahr seiner Amtszeit noch ein Vorzeigeprojekt braucht“. Die geplante Vergleichbarkeit sei nur vordergründig gegeben, da die Ausgangslagen vollkommen unterschiedlich seien. „Wer glaubt, dass diese Vergleichbarkeit der Qualitätssteigerung dient, der irrt, weil dafür die Grundlage fehlt.“
Aus der Sicht von Linken-Bildungsexpertin Christa Reichwaldt ist bereits das Zentralabitur ein Schritt in die falsche Richtung gewesen. Darüber hinaus könne der „unnötige Zentralismus“ auch den Tourismus nachhaltig schwächen. „Wenn sechs Bundesländer zeitgleich Ferien haben, werden die Hotels und Pensionen einen sechswöchigen Ansturm erleben und den Rest des Sommers ihre Zimmer schlechter vermieten können.“
In der Hamburger Schulbehörde hieß es dagegen, noch gebe es keine abschließende Einigung über dieses Thema. Allerdings kündigte die Schulbehörde am Montagvormittag für den Nachmittag eine Pressekonferenz mit Schulsenator Ties Rabe an.