Die schwarz-gelbe Koalition lässt Gorleben wieder auf Eignung als Endlager für hoch radioaktiven Müll erkunden - ohne alternative Standorte.
Berlin/Gorleben. Im Jahr 2000 stoppte die rot-grüne Bundesregierung die Erkundung des Salzstocks Gorleben auf Eignung als Endlager für hoch radioaktiven Müll. In den vier Jahren der Großen Koalition ab 2005 versuchte dann Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) erfolglos, den Partner CDU für eine ganz neue, ergebnisoffene Endlagersuche mit mehreren Standorten zu gewinnen. Jetzt setzt Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) durch, was das neue schwarz-gelbe Bündnis auf Bundesebene in seine Koalitionsvereinbarung geschrieben hat: Gorleben wird weiter auf Eignung erkundet - ohne alternative Standorte.
Rebecca Harms gehörte zu den ersten Aktivisten der Bürgerinitiative im Landkreis Lüchow-Dannenberg, als Ende der 70er-Jahre die politische Entscheidung fiel, allein diesen Salzstock im Zonenrandgebiet auf Eignung zu untersuchen. Harms engagierte sich bei den Grünen, ist inzwischen Fraktionschefin der Grünen-Fraktion im Europaparlament. Sie warf gestern im Gespräch mit dem Abendblatt Umweltminister Röttgen Feigheit vor: "Die Politik in Deutschland hat mehr Angst davor, die Suche nach einem geeigneten atomaren Endlager an verschiedenen Standorten durchzuführen, als davor, dass am Ende hoch radioaktiver Müll in Gorleben in einem ungeeigneten Salzstock gelagert wird."
Die Kritiker des Vorhabens verweisen darauf, dass es an einer Deckschicht über dem Salzstock fehlt, also langfristig Wasser in die Einlagerbereiche eindringen könnte. Und sie erinnern in diesem Zusammenhang auch immer an die Asse. In diesem ehemaligen Salzbergwerk bei Wolfenbüttel sind zwischen 1967 und 1978 rund 126 000 Fässer mit schwach und mittel aktiven Atomabfällen eingelagert worden. Inzwischen gibt es hier bereits Laugenzutritte, und das Bundesamt für Strahlenschutz als Betreiber hat Maßnahmen vorbereitet, falls das Endlager absäuft. Den Atommüll will das Bundesamt zurückholen. Die Grünen-Politikerin Harms meint dazu: "Umweltminister Röttgen hat aus dem GAU der Asse offenbar nichts gelernt." Und sie erinnert daran, dass eben jene Geologen, die in der 60er-Jahren die Asse für sicher erklärt haben, später die Entscheidung trafen, "in Gorleben und nur im Salzstock Gorleben ein Endlager zu suchen".
In das Bergwerk Gorleben sind bereits 1,5 Milliarden Euro investiert worden, davon etwa die Hälfte nicht zur Erforschung, sondern für konkrete Ausbaumaßnahmen für die geplante spätere Nutzung als Endlager.