Die Sozialdemokraten wollen die Einhaltung einer Schuldenbremse davon abhängig machen, dass der Bund das Land nicht weiter belastet.
Kiel. Für die Verankerung einer Schuldenbremse in der schleswig-holsteinischen Landesverfassung zeichnet sich noch nicht die erforderliche Zweidrittel-Mehrheit ab. Zwischen den Konzepten von CDU/FDP und Grünen sowie SPD liegt weiter eine wesentliche Differenz: Die Sozialdemokraten wollen die Einhaltung einer Schuldenbremse davon abhängig machen, dass der Bund das Land nicht weiter belastet. In der Landtagsdebatte warfen Schwarz-Gelb und Grüne der SPD deshalb vor, sie wolle in Wirklichkeit keine Schuldenbremse.
Hintergrund ist das ab 2020 geltende grundsätzliche Verbot neuer Schulden. Schleswig-Holstein hat einen Schuldenberg von 24 Milliarden Euro angehäuft. Das strukturelle Defizit von 1,25 Milliarden soll bis 2020 auf Null gedrückt werden. Wenn es nicht gelinge, aus dieser Lage herauszukommen, sei das Land nicht überlebensfähig, sagte Finanzminister Rainer Wiegard (CDU) und nahm eine Generalabrechnung mit dem „Erbe“ seines Amtsvorgängers Ralf Stegner vor.
Der heutige SPD-Fraktionschef konterte, nach dem Abtritt der Barschel-Regierung sei das Land in fast allen Bereichen Schlusslicht gewesen. „Wir haben das Land modernisiert und investiert.“ Die Grünen-Abgeordnete Monika Heinold forderte nach dem heftigen Disput eine nach vorne gerichtete Debatte anstelle von Vergangenheitsdiskussionen.
CDU-Fraktionschef Christian von Boetticher warf der SPD vor, sie habe in ihrer Regierungszeit „fette Jahre“ nicht genutzt, um die Verschuldung zu stoppen und statt Zukunftsinvestitionen zu tätigen das Personal hochgefahren. Seit 1996 seien die Haushalte verfassungswidrig gewesen. Die mit dem Bund vereinbarten Konsolidierungshilfen von 80 Millionen Euro jährlich bekomme das Land nur, wenn es von 2011 an sein Defizit herunterfahre.
Stegner versicherte, er wolle mit der Einschränkung bei der Schuldenbremse keine Ausstiegsklausel für „Kleckerbeträge“, sondern für wesentliche Mehrbelastungen durch den Bund. Allein durch Sparen und Kürzen sei das Problem der öffentlichen Haushalte nicht zu lösen. Im Übrigen habe Rot-Grün in der Vergangenheit nicht das Geld zum Fenster herausgeworfen, sondern schmerzliche Einschnitte vorgenommen. Das Land müsse sparen, aber in Kinder und Klimaschutz investieren.
„Die SPD lehnt eine Schuldenbegrenzung definitiv ab“, resümierte FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki. „Sobald der Bund irgendeinen Beschluss fasst, der finanzielle Auswirkungen auf die Landeshaushalte hat, soll das Land Schulden in unbegrenzter Höhe machen können.“ Dies absurd und fatal. „Eine jedwede Veränderung in Berlin hebelt die Schuldenbremse hier aus“, meinte auch Grünen-Kollege Robert Habeck.
Er warf CDU/FDP vor, sie wollten unsystematisch nach Gutsherrenart zulasten derjenigen mit der schwächsten Lobby sparen – in sozialen und kulturellen Bereichen. „Wo ein klarer Kopf gebraucht würde - liberales Delirium“, sagte Habeck. Überzogenes Sparen kann nach seiner Ansicht auch den sozialen Frieden gefährden. Es müsse auch über höhere Einnahmen für das Land diskutiert werden.
Bei der Schuldenbremse wollen CDU/FDP nur in schweren Krisen vorübergehend Ausnahmen zulassen und zugleich eine Rückzahlung neuer Schulden festschreiben. Die Grünen wollen ergänzend vorgeben, dass eine Null-Neuverschuldung nicht zulasten der Kommunen geht. Linke- Fraktionschef Heinz-Werner Jezewski sprach gegen eine Schuldenbremse: Das Land könnte sorgenfrei wirtschaften, wenn jeder solidarisch zur Finanzierung der öffentlichen Aufgaben herangezogen würde.
SSW-Fraktionschefin Anke Spoorendonk forderte von der Regierung realistische Konzepte für einen Ausweg aus der Schuldenkrise. „Gibt es solche Konzepte nicht und ist das Land nicht in der Lage, sich selbst aus der Krise zu befreien, dann muss mit dem Bund neu verhandelt werden.“ Spoorendonk bekundete Sympathie für die „Nachhaltigkeitsklausel“ der SPD und das Konzept der Grünen zugunsten der Kommunen.
Über die Entwürfe zur Schuldenbremse werden die Fraktionen in den nächsten Monaten weiter diskutieren. Nur bei einer Verständigung über Koalitions- und Oppositionsgrenzen hinweg kann eine Zweidrittel-Mehrheit erreicht werden.