Schleswig-Holsteins Regierung will das Sparkassengesetz ändern, um die Haspa ins Land zu lassen. Die Opposition fürchtet eine Privatisierung.
Kiel. Schleswig-Holstein wird absehbar als erstes Bundesland seine Sparkassen für auswärtige Kreditinstitute wie die Haspa öffnen. Nach einer Anhörung zur Reform des Sparkassengesetzes im Landeshaus kündigten CDU und FDP an, den umstrittenen Gesetzentwurf mit einigen Änderungen im Juni im Landtag zu beschließen. "Wir halten Kurs", sagte CDU-Vize-Fraktionschef Hans-Jörn Arp dem Abendblatt. "Die Risiken der Reform sind überschaubar und lassen sich weiter begrenzen." Die Opposition bezweifelte das. Sie fürchtet eine Privatisierung der Sparkassen.
In der Anhörung, die mehr als sechs Stunden dauerte, konnten zunächst die Gegner der Reform punkten. Es bestehe die "durchaus realistische Gefahr", dass die EU die Haspa als private Sparkasse einstufe, sagte der Kieler Jura-Professor Florian Becker. In diesem Fall könnten auch Privatbanken versuchen, sich mit bis zu 25,1 Prozent an den Sparkassen zu beteiligen. Kontra bekam Becker von drei anderen Finanzjuristen. Sie halten die Reform für EU-fest, konnten aber nicht mit letzter Sicherheit ausschließen, dass Brüssel im Uralt-Streit um den Status der Haspa anders entscheidet.
In der Kernfrage bekamen CDU und FDP allerdings Schützenhilfe von den Juristen. Eine renommierte Wirtschaftskanzlei, Freshfields Bruckhaus Deringer, stellte klar, dass ein EU-Veto kein Freibrief für Privatbanken wäre. "Es gibt keine Automatik", sagte Kanzleianwalt Benedikt Wolters. Sollte Brüssel das Gesetz beanstanden, könne der Landtag die brisanten Regelungen rückgängig machen.
CDU und FDP wollen das beherzigen und in das Gesetz eine Art Revisionsklausel einfügen. In ihr soll geregelt werden, wie die Beteiligung der Haspa an einer Sparkasse rückabgewickelt wird.
Wolters, der die Landesregierung im Sparkassenstreit berät, gab den Abgeordneten weitere Ratschläge. Nach seiner Einschätzung wäre die Reform juristisch weniger riskant, wenn Schleswig-Holstein nicht Sparkassen aus allen Bundesländern die Tür öffnet, sondern nur Kreditinstituten aus Hamburg. Die schwarz-gelbe Koalition will das prüfen, war aber nicht begeistert. In Hamburg gibt es nur eine Sparkasse, und die Reform wäre damit offensichtlich eine Lex Haspa.
Auf die juristische Fachdebatte folgte ein bunter Schlagabtausch. Störfeuer gegen die Reform schossen insbesondere der Sparkassenverband des Landes und der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV). Er sieht in der Reform einen Dammbruch. "Die privaten Banken werden versuchen, über die EU den öffentlich-rechtlichen Sparkassensektor aufzubrechen", warnte DSGV-Vorstand Karl-Peter Schackmann-Fallis. Das träfe alle Sparkassen in Deutschland. Rückendeckung bekam er vom DGB Nord. Der Gewerkschaftsbund warnte vor einer möglichen Privatisierung der gemeinnützigen Sparkassen. "Sie müssen für Arbeitnehmer und regionale Wirtschaft ein sicherer Hafen bleiben."
Die Träger der Sparkassen, die Kreise, Städte und Gemeinden, lehnten den Einstieg auswärtiger Kreditinstitute ab, auch den der Haspa. "Die kommunalen Sparkassen wären dann in wesentlichen Punkten nicht mehr selbst-, sondern fremdbestimmt", sagte der Geschäftsführer des Landkreistages, Jan-Christian Erps. Hinter ihm steht der Verwaltungsratsvorsitzende der starken Sparkasse Holstein, Ostholsteins Landrat Reinhard Sager (CDU). Er zieht im Norden die Strippen gegen die Haspa und könnte Ende des Jahres den blassen Präsidenten des Kieler Sparkassenverbandes, Jörg-Dietrich Kamischke (CDU), ablösen.
Sager und Kamischke nutzen den Termin in Kiel zu einem Geheimtreffen mit Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU), um den Landesvater von den Reformplänen abzubringen. Carstensen soll standhaft geblieben sein, zumal einige Sparkassen in Schleswig-Holstein dringend einen finanzstarken Partner wie die Haspa brauchen und Deutschlands größte Sparkasse längst kräftig im Norden mitmischt. Die Haspa ist an den vier privaten Sparkassen (Lübeck, Bordesholm, Mittelholstein, Bredstedt) beteiligt und hat seit Jahren auch die elf öffentlich-rechtlichen Kassen im Visier.
Haspa-Chef Harald Vogelsang berichtete in der Anhörung nicht ohne Stolz, dass die Hamburger bereits die Sparkasse Südholstein stützen und mit der Kreissparkasse Herzogtum Lauenburg über einen Einstieg verhandeln. Die Reform des Sparkassengesetzes hält Vogelsang für überfällig wie ungefährlich. "Wir sind aus unserem Verständnis heraus keine private Bank." So oder so gebe es aber bei der Gesetzesnovelle kein Szenario, das zu einer Privatisierung der Sparkassen führen könne.
Abgeordnete von SPD, Grünen, SSW und Linkspartei schüttelten den Kopf, die von CDU und FDP atmeten durch und nickten.