Kritiker befürchten, dass die Pläne aufgrund EU-Rechts letztlich zur Privatisierung der Institute und zu Stellenabbau führen werden.
Kiel. Der Konflikt um die Sparkassenpläne der schwarz-gelben Koalition in Schleswig-Holstein verschärft sich: Rund 1200 Mitarbeiter aus dem ganzen Land pfiffen den für die Aufsicht über die Sparkassen zuständigen Innenminister Klaus Schlie (CDU) am Montag in Kiel aus. Mit Losungen auf Transparenten wie „Hände weg von den Sparkassen!“ protestierten sie am Rande einer Veranstaltung von Landkreistag und Städteverband gegen den Entwurf der CDU/FDP-Koalition für ein neues Sparkassengesetz. Sie befürchten, dass daraus aufgrund des EU-Rechts letztlich Privatisierungen der öffentlich-rechtlichen Institute und Stellenabbau folgen werden. Der Minister verteidigte die offenkundig mit Rechtsrisiken verbundenen Pläne.
Ebenso wie die Opposition lehnt Sparkassenverbandspräsident Jörg-Dietrich Kamischke den Gesetzentwurf aus grundsätzlichen, praktischen und rechtlichen Erwägungen ab. Die Koalition will dennoch an ihrem Kurs festhalten. „Wir gehen den richtigen Weg“, sagte Schlie, der sich den Demonstranten nicht stellte. Er sei über die Kundgebung nicht vorab offiziell informiert worden. Die CDU-Fraktion und die ganze Koalition stünden eindeutig zu ihrem Gesetzentwurf. Er sei zum Austausch von Argumenten bereit - „aber doch nicht in dieser Form“.
Die Koalition will öffentlich-rechtlichen Instituten aus anderen Bundesländern den Einstieg bei Sparkassen mit bis zu 25,1 Prozent ermöglichen, um deren Kapitalbasis zu stärken. Hauptkandidat für Beteiligungen ist die Hamburger Haspa. Sparkassen, Gewerkschaften und Opposition befürchten, dass dieser Kurs als Konsequenz aus EU-Recht privaten Großbanken den Einstieg ermöglichen wird, weil Brüssel die Haspa-Finanzholding als privat einstufen könnte. Damit rechnet der Sparkassenpräsident. Einer schleichenden Privatisierung würden Tür und Tor geöffnet, sagte Kamischke. Am öffentlich-rechtlichen Status der Sparkassen werde sich nichts ändern, versicherte Minister Schlie. „Es geht darum, die Sparkassen für die Zukunft aufzustellen.“
Anteilsverkauf zur Haushaltssanierun
Weiterer zentraler Kritikpunkt ist die Absicht, bei den Sparkassen Stammkapital einzuführen und den Trägern zu erlauben, Anteile zu veräußern. Dies könnte starken Druck auf Kommunen mit leeren Kassen ausüben, sich durch den Verkauf von Sparkassenanteilen zu entlasten.
Der Minister warf dem Sparkassenverband falsche Argumente vor. Er betonte vor Vertretern von Kommunen und Sparkassen, diese müssten durch Beteiligungen Dritter ihre Eigenkapitalbasis verbessern können. Kommunen sollten die Möglichkeit bekommen, Stammkapital zu bilden. „Niemand wird verpflichtet, aber jeder hat die Chance“, sagte Schlie. Die beiden größten Sparkassen (Südholstein und Nospa) hätten große Probleme.
Prof. Florian Becker von der Uni Kiel sieht die Gefahr, dass der Gesetzentwurf die Kapitalverkehrsfreiheit in der EU unzulässig einschränken und so nicht gewollte Nebenwirkungen entfalten wird. Gründe seien die Obergrenze für Beteiligungen von 25,1 Prozent und die Beschränkung auf öffentlich-rechtliche oder vergleichbare Träger. Niemand könne voraussehen, wie der Europäische Gerichtshof entscheiden wird. Auch auf einen möglichen politischen Kompromiss mit der EU-Kommission sollte man sich nicht verlassen, weil Gerichte anders entscheiden könnten.
Warnung vor Wortbruch
Nach Ansicht von Grünen-Finanzexpertin Monika Heinold würde die Umwandlung von Rücklagen der Sparkassen in veräußerbares Stammkapital einer Enteignung gleichen. Heinold warnte Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) vor Wortbruch. Er habe zugesagt, es gebe keine Beteiligung der Haspa, wenn die EU sie nicht eindeutig als öffentlich-rechtlich einstuft. Daran erinnerte auch Landkreistags-Geschäftsführer Jan-Christian Erps. Im Übrigen seien die Kreise nicht grundsätzlich gegen Haspa-Beteiligungen, die öffentlich-rechtliche Struktur müsse aber bleiben. Lars Harms vom SSW appellierte an die CDU-Abgeordneten: „Wacht auf vom Sparkassen-Privatisierungsrausch, den Euch Euer Koalitionspartner FDP ins Glas geschmuggelt hat“.