Wentorf. Gründerin Verena Neuse wurde gekündigt. Doch aufgeben will sie nicht und zieht mit ihren Tieren nun um. Die Hintergründe.

Der Hof der Lerntiere an der Lohe ist ein Idyll: Unter alten Obstbäumen tummeln sich Pferde, Ponys, Esel und Ziegen. Ab und zu trippelt ein Huhn über die Koppel, und die Hunde fordern natürlich auch ihr Recht. Sie wollen gekrault werden oder spielen – ein Paradies für Tierfans jeden Alters. Während des Gesprächs holen sich Esel Herby und der Tinker-Wallach Merlin ihre Streicheleinheiten ab. „Eigentlich ist jetzt endlich alles perfekt“, stellt Verena Neuse fest und seufzt.

Denn jetzt wurde dem Verein Lerntiere das Pachtgelände gekündigt, die Verpächter hätten andere Pläne mit dem Gelände. Welche, erzählten sie nicht und Verena Neuse war zu traurig, um nachzufragen. „Wir werden Wentorf in den Herbstferien verlassen“, sagt sie. Vor sechs Jahren war sie mit den zwei Eseln Ole und Karlchen auf die Koppel an der Lohe gezogen, dann zogen ihre vier Pferde hinterher. 2020 gründete sie mit einigen Mitstreitern den Verein.

Wentorf: Dem Verein Lerntiere an der Lohe wurde der Hof gekündigt

„Der Verein trägt sich inzwischen selbst: der Schmied, der Tierarzt, sogar anfallende Reparaturen können wir heute aus eigener Tasche finanzieren“, erzählt Verena Neuse nicht ohne Stolz. Zu den Stammbesuchern des Vereins, der „tiergestützte Begegnungen“, Erlebnistouren mit Tieren oder auch therapeutisches Reiten anbietet, zählen sowohl Kita-Gruppen als auch Gruppen für Menschen mit Handicap, aber auch Familien und einzelne Kinder.

Es gibt beispielsweise Kooperationen mit Tandem aus Allermöhe oder mit der Förderschule aus Lohbrügge. „Nach und nach hat es sich herumgesprochen und es wurde immer mehr“, erzählt die Vereinsgründerin. Heute kommen etwa 160 Menschen pro Woche auf den Hof. Vormittags seien es im Schnitt 80 etwa drei Viertel davon Kinder. Nachmittags kommen etwa 50 zur Einzelförderung, drei Viertel davon zur Reittherapie.

Entspanntes Knabbern an der Heuraufe: Ob Muli, Shetty, Pferd oder Esel – den Huftieren geht es gut bei den Lerntieren.
Entspanntes Knabbern an der Heuraufe: Ob Muli, Shetty, Pferd oder Esel – den Huftieren geht es gut bei den Lerntieren. © Susanne Tamm

Während der Pandemie brachen auch die Einnahmen aus Verena Neuses wirtschaftlichen Standbein, der „Pferdakademie“, ein. Diese bietet seit 17 Jahren pferdegestützte Seminare, Workshops und Coachings zur Entwicklung von Führungskräften, Teams und Persönlichkeit an. Die Tierfreundin konzentrierte sich mit ihren Mitstreitern auf den Verein und baute das Angebot weiter aus. Während des Lockdowns waren die Lerntiere für viele Familien eine Zuflucht. Heute hat der Verein 35 Tiere und 15 Mitarbeitende.

Verena Neuse hat einen Hof in Krukow gekauft

„Die vielen Schulen und Kita-Gruppen werden wir sicher verlieren, wenn wir nach Krukow ziehen“, bedauert Verena Neuse. „Für die Kleinen wird der Weg zu weit sein.“ Dort, in dem Ort nahe Geesthacht, hat sie einen Hof gekauft. Auch die Nachbarskinder aus der Waldkita sind traurig. Über den Zaun hätten sich viele Freundschaften entwickelt, erzählt Alena Kempf-Stein, Geschäftsführerin des Vereins Waldkindergarten.

Gerüchten, dass den Lerntieren wegen der Erweiterungswünsche der Kita gekündigt worden sei, erteilt sie eine Absage: „Wir erweitern uns zum 1. September um eine Gruppe – unabhängig vom Wegzug der Lerntiere, den wir sehr bedauern“, sagt Kempf-Stein. „Unsere Kinder haben eine enge Verbindung zur Natur, und da gehören Tiere unbedingt dazu. Erst als wir von der Kündigung erfahren haben, haben wir unsere Fühler ausgestreckt. Denn wir würden uns freuen, wenn wir uns dort auch baulich erweitern könnten.“

Nach Anlaufschwierigkeiten Finanzierungsmöglichkeiten für das Projekt gefunden

Verena Neuse begründet den Hofkauf: „Ich möchte nicht, dass meine zum Teil sehr alten Tiere noch einmal ihr Zuhause verlieren.“ Ihr Therapie-Shetty Fritzi sei 23 Jahre alt, ihr Hund Paula zähle 15 Lenze. Viele der Tiere stammten aus schlechten Haltungsbedingungen wie das Muli. Oder die drei Mini-Schweine, die wie Eber Kalle aus dem Tierheim stammen, die gar nicht so mini geblieben sind.

Zu Zeiten der Pandemie war der Hof an der Lohe für viele Familien und ihre Kinder eine Zuflucht. Dort konnten sie einzeln ein paar ungestörte Stunden bei den Lerntieren verbringen.
Zu Zeiten der Pandemie war der Hof an der Lohe für viele Familien und ihre Kinder eine Zuflucht. Dort konnten sie einzeln ein paar ungestörte Stunden bei den Lerntieren verbringen. © Susanne Tamm | Susanne Tamm

Nach einigen Anlaufschwierigkeiten hat sie Finanzierungsmöglichkeiten für das Projekt Krukow gefunden. Trotzdem ist sie dankbar für die Unterstützung durch Sponsoren: „Wentorfer Firmen wie Konstant-Immobilien oder auch der WSB, die uns die Erlöse ihrer Golfturniere spenden wollen, helfen sehr“, sagt die Tierfreundin. Denn ich werde wohl auf den Kosten von etwa 85.000 Euro für Steuern und Makler sitzenbleiben.“

Hilfe durch Benefizveranstaltungen wie zum Beispiel Golfturniere

Beim offenen „Konstant Immobilien Cup“ am 5. August auf dem Platz des Wentorf-Reinbeker Golf-Clubs kann jeder Golfspieler teilnehmen (Anmeldung über www.wrgc.de oder telefonisch unter 040/72978068).

Verena Neuse und eine Stallhilfe wollen ebenfalls auf den Hof in Krukow ziehen. „Das Schöne ist, dass dort alles komplett barrierefrei ist“, erzählt sie. Stallhelfer Florian Dombrowski wird künftig eine Stunde mit dem Bus fahren. Dort hält die Buslinie X81. „Die Tiere sind doch mein Leben“, sagt der 30-Jährige ein wenig traurig. Bis zum Umzug gibt es noch einiges zu tun. Denn der Verein muss die Fläche an der Lohe „besenrein“ hinterlassen. Doch bis zu den Herbstferien werden die Lerntiere weitermachen und kleinen und großen Menschen Freude bereiten.