Wentorf. Jörn Gollisch leistet Überzeugungsarbeit für den Naturschutz. Warum er immer wieder mit Hundehaltern diskutieren muss.
Ein Schwarzspecht, das Nest einer Haselmaus und in ein, zwei Monaten, wenn die Amphibienwanderung beginnt, vielleicht sogar eine Kreuzkröte? Bei einem Rundgang durch sein Revier kann Jörn Gollisch, Ranger der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein, viel entdecken, hinzulernen und auch erleben. Alle ein bis zwei Wochen ist er seit September 22 in der Wentorfer Lohe unterwegs. Seine Aufgaben: Präsenz zeigen, in der Lohe nach dem Rechten sehen, informieren, künftig auch Führungen und vor allem Überzeugungsarbeit für den Naturschutz leisten. Denn da die Besucher des Naherholungsgebietes und ehemaligen Truppenübungsplatzes mindestens ebenso vielfältig sind wie die Landschaft, birgt die Lohe auch viel Konfliktpotenzial.
Dennoch sagt der 45-Jährige: „Meine Stelle als Ranger bei der Stiftung Naturschutz ist beruflich bisher das Beste, was mir in meinem Leben passiert ist.“ Denn er könne sich draußen in der Natur aufhalten, habe Kontakt zu Menschen und lerne in Sachen Naturschutz noch dazu. Der Familienvater hat Ökologie studiert und in Wales seinen Master of Science gemacht, bevor er freiberuflich in die Umweltbildung ging. „Das war gerade in den Wintermonaten oft hart“, verrät er.
Ranger muss sich in der Wentorfer Lohe oft mit Hundehaltern auseinandersetzen
Streitpunkt Nummer eins in der Lohe sind die Hunde, weil sie von ihren Herrchen und Frauchen häufig nicht angeleint werden. So hat Jörn Gollisch auf seinem Rundgang mit seinen Kollegen Maria Jung, Tim Kruse und Björn Schulz schon wieder mit fünf Hundehaltern gesprochen und sie darum gebeten, ihre Vierbeiner doch anzuleinen.
Das habe bisher immer geklappt, denn Sonderrechte oder andere Möglichkeiten hat er auch nicht: „Wir dürfen nur informieren und darum bitten, die Hunde anzuleinen“, erzählt der Naturschützer. „Das erfordert manchmal etwas Fingerspitzengefühl. Im Zweifel können wir noch die Polizei rufen.“ In Schleswig-Holstein gilt – bis auf Freilaufflächen für Hunde – Leinenzwang.
Auch brave Hunde können das Ökosystem empfindlich stören
Frei laufende Hunde könnten einerseits Wild hetzen, aber andererseits auch unauffälligere, kleine Tiere stören. Eine Haselmaus beispielsweise, die im Winterschlaf geweckt wird, fährt ihre Körpertemperatur von vier Grad auf 38,7 Grad rauf. Das kann ihr kleiner Organismus nur zweimal überstehen, dann sind all ihre Energiereserven aufgebraucht. Hunde, die in Amphibiengewässern planschen oder trinken tragen dort Stickstoffe ein, die beispielsweise die Kreuzkröte nicht verträgt. Sie brauchen reine, fischfreie Pioniergewässer. Pferde seien in der Lohe kein Naturschutzproblem, da Reiter und Pferdehalterinnen meist auf den ausgewiesenen Wegen blieben.
Die Stiftung habe aber durchaus etwas für Hunde übrig: So hat die Stiftung für sie extra eine Freilauffläche auf der Lohe eingerichtet. Dort gibt es auch eine Wasserpumpe, um den Vierbeinern etwas zu trinken zu bieten. Und im Winter bringt Jörn Gollisch Wasser im Kanister an die Pumpe. Außerdem hat die Stiftung mit Schildern vor ausliegenden Hundegiftködern gewarnt. „Uns sind aber keine weiteren Fälle, bis auf den einen im Herbst gemeldet worden“, sagt der 45-Jährige. Verursacher von Problemen seien meist die Menschen, nicht die Tiere.
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Konflikte gibt es meist mit den Menschen
Die Nutzer haben oft andere Interessen als die Naturschützer: Nicht nur Hundehalter und Reiter seien in der Lohe unterwegs, sondern auch Spaziergänger, Sportler, Fahrradfahrer und viele andere. Weitere Reibungspunkte könnte es mit feiernden Menschen geben, die ihren Müll in der Lohe zurücklassen oder auch mit Pilzsammlern, die so viel Beute machten, dass für die Tiere keine Pilze mehr als Nahrung zurückbleibe. Erlaubt ist eine Familienportion, die in eine Pfanne passt. Auch die Aufräumarbeiten nach den Stürmen des vergangenen Jahres sorgten für Unmut, weil sie als Kahlschlag interpretiert wurden.
Um Picknicks in der Lohe nicht eskalieren zu lassen, hat die Stiftung bereits die Holzbänke des Freiluftklassenzimmers von einem versteckten Winkel in den Eingangsbereich am Rundwall verlagert. Denn die wurden oft vom Partyvolk genutzt. Jörn Gollisch ahnt bereits, dass im Sommer in der Richtung noch mehr Arbeit auf ihn zukommt.
Der Ranger möchte enger mit der Bevölkerung zusammenarbeiten
Doch das sieht er gelassen: „Das gehört genauso zum Job wie ab und zu ein Sonntagsdienst“, sagt er. Er freut sich vor allem auf die Ideen aus der Bevölkerung. „Da gibt es noch so viel Potenzial“, stellt er fest. Er denke etwa an die Initiative des Vereins „Wentorf gestalten!“ den Baumschnitt auf der Obstwiese ehrenamtlich zu übernehmen. Tatsächlich hatte die Stiftung gerade jemanden für diese Aufgabe – auch für andere Stiftungsflächen – eingestellt. Aber auch mit dem Team aus der Umweltscheune von der Stiftung Natur im Norden will er enger zusammenarbeiten.
Routinearbeiten, wie dafür zu sorgen, dass beschmierte Schilder oder beschädige Mülleimer gesäubert oder ersetzt werden oder Berichte zu schreiben, gehören auch zum Ranger-Job. Da er für die Stiftung in ganz Schleswig-Holstein unterwegs ist, kann Jörn Gollisch nie genau sagen, wann er in Wentorf auf Streife gehen wird. Privat ist Jörn Gollisch, Vater zweier kleiner Jungen, ebenfalls gern draußen in der Natur unterwegs, außerdem spielt er gern Gitarre – am liebsten Rockmusik.
Wer den Ranger kontaktieren möchte, erreicht ihn am besten unter der E-Mail joern.gollisch@stiftungsland.de. Auch der ehrenamtliche Lohe-Beauftragte Armin Pleick ist weiterhin Ansprechpartner für die Lohe.