Wentorf/Geesthacht. Ein Wolfspaar ist sesshaft geworden. Es soll bereits ein Wolfsjunges gesichtet worden sein. Das sagt der Experte.
15 Jahre ist Gunther Esther dem Wolf schon detektivisch auf der Spur. Doch bislang ist das Wildtier dem Wentorfer immer entwischt. Nur einmal hat der ehrenamtliche Wolfsbeauftragte des Landes Schleswig-Holstein bislang einen Wolf in freier Wildbahn gesehen – auf einem Feld in Neuengamme. „Zuerst dachte ich – wie wohl die meisten – ich sehe einen Schäferhund“, sagt Esther lachend. Das war 2013.
Seitdem gab es viele weitere Wolfssichtungen im Lauenburgischen und im angrenzenden Bergedorf. Der Kreis Herzogtum Lauenburg ist offiziell Wolfspräventionsgebiet. Hier ist ein besonderer Schutz von durch den Wolf gefährdeten Nutztieren erforderlich. So zahlt das Land beispielsweise Schäfern wolfssichere Zäune oder eine Entschädigung – wenn tatsächlich ein Wolf ein Schaf oder Ziege gerissen hat. „Das kommt aber nicht oft vor. Insgesamt ist die Zahl der gemeldeten Schäden an Wild- und Nutztieren rückläufig“, sagt Jens Maatzen. Maatzen ist Koordinator von 30 Wolfsbeauftragten im Land. „Die Zahl der Wolfssichtungen hingegen steigt“, sagt Maatzen. Täglich gehen bis zu drei Anrufe auf der Wolfshotline 0174/633 03 35 des Landes ein. Gestern gab es eine Sichtung im Norden des Landes.
Dem Wolf auf der Spur: Mehrere Nachweise in diesem Jahr
„Im Süden des Landes gibt es die schon länger“, weiß Esther. Hier ziehen die Wölfe auf dem Weg von Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen-Anhalt durch in den Norden Richtung Dänemark. In diesem Jahr konnte der gemeindeeigene Jäger von Wentorf schon mehrfach nachweisen, dass Wölfe da waren oder sind – anhand von Fährten in Börnsen und Krukow sowie anhand von DNA-Spuren bei gerissenem Dammwild bei Kuddewörde sowie auf dem Gut Schönau. Ein entsprechendes Röhrchen samt Wattestäbchen für den DNA-Test hat der Wolfsbeauftragte auf seinen Einsätzen immer dabei. Beweissicherung und Spurensuche sind dem pensionierten Kriminalbeamten nicht fremd. „Durch die Tests konnten wir nachweisen, dass ein- und derselbe Wolf das Dammwild gerissen hat und gleichzeitig ausschließen, dass es sich dabei um das Wolfspaar im Sachsenwald handelt“, sagt Esther.
Im September vermeldete das Umweltministerium, dass ein Wolfspaar im Sachsenwald sesshaft geworden ist – eines von zwei Paaren im Land. Das andere wird im Segeberger Forst verortet. Ein Wolfspaar gilt dann als angesiedelt, wenn es innerhalb von vier Wochen entweder zweimal auf Fotos oder zweimal über genetische Untersuchungen nachgewiesen werden kann. Laut dem Ministerium ist es wahrscheinlich, dass die Wolfspaare nun Nachkommen zeugen.
Sachsenwald eignet sich nicht für Wölfe
Wenig später, nachdem die Meldung verbreitet worden ist, erhielt Esther einen Anruf aus der Nähe von Friedrichsruh, ein Wolfsjunges sei gesichtet worden. „Bestätigt hat sich das nicht“, sagt er. Insgesamt bezweifelt der Wolfskenner, dass das hiesige Paar überhaupt bereit ist, eine Familie zu gründen. „Dafür eignet sich der Sachsenwald nicht. Es gibt zu viele Spaziergänger, ist der Wald zu stark bejagt. Es fehlt einfach die Ruhe zur Aufzucht.“
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2007 wurde der erste Wolf in Schleswig-Holtein in der Nähe von Eutin gemeldet. Das Jungtier wurde überfahren. Ein Problem, das Esther kennt: „Der Wolf hat sich zwar an den Menschen gewöhnt, an den Verkehr aber nicht. Die meisten Wölfe sterben auf der Straße.
Wahrscheinlichkeit steigt, dass ein Wolf vors Auto läuft
Aktuell steigt die Wahrscheinlichkeit wieder, dass Autofahrern in der Dunkelheit ein Wolfs vors Fahrzeug läuft. Denn jetzt ist die Zeit, in der sich die erwachsenen Jungtiere vom Rudel lossagen und ihr eigenes Revier suchen. „Sie folgen auf ihrer Suche alten Routen, ziehen Richtung Norden“, sagt Esther. Wieso weiß niemand so genau. Bis zu 60 Kilometer pro Tag legen sie dann zurück und durchschwimmen die Elbe. Esther ist sich sicher, dass sie auf diesem Weg auch den Landesforst am Geesthang zwischen Geesthacht und Lauenburg durchstreifen. Zwei Wildtierkameras hat er hier für das offizielle Wolfsmonitoring an Hauptwegen aufgehängt. „Wölfe lieben es, auf Wegen zu gehen“, weiß er. Wenn sich vor der Kamera etwas bewegt, löst sie aus. In zwei Wochen entstehen so 1000 Bilder. Marder, Fuchs, Reh und die Beine von Spaziergängern kamen Esther bislang vor die Linse. Aber noch kein Wolf. Die Bilder der vergangenen zwei Wochen wertet er jetzt aus – und konzentriert sich auf die, die in der Dunkelheit entstanden sind, wenn das nachtaktive Tier üblicherweise unterwegs ist.
Die Wahrscheinlichkeit, ihn tagsüber im Wald anzutreffen, hält Esther für gering. „Und selbst wenn, eine große Gefahr geht nicht vom ihn aus, ist kein Übergriff auf einen Menschen bekannt.“ Wer aber auf einen Wolf trifft, „sollte bestimmt mit ihm reden, auf sich aufmerksam machen, mit den Armen wedeln. Angst muss niemand haben“, ist der Wolfsfan überzeugt. Die will er auch anderen nehmen und geht regelmäßig in Schulen und Kita, zeigt Fell und Fährte und berichtet Kindern (und Erwachsenen), „was für ein beeindruckendes Tier der Wolf ist.“