Schwarzenbek. Schon mehr als 1000 Tiere wurden in Schwarzenbek zur Hundesteuer angemeldet. Verwirrung um angebliche Kampfhunderasse.
Besorgte Nachfragen einer Hundehalterin während einer Einwohnerversammlung in Schwarzenbek haben ein Schlaglicht auf die Stimmung in der Stadt geworfen. Sie vermutete, dass in Schwarzenbek mehr Hunde und auch Kampfhunde leben, als offiziell bekannt. Sie selbst meide mit ihren Tieren bestimmt Regionen der Stadt, um nicht Gefahr zu laufen, in Auseinandersetzungen mit „Kampfhunden“ zu geraten.
Tatsächlich läuft in Schwarzenbek noch die Suche nach nicht angemeldeten Hunden. Sie zeigt Wirkung. In den vergangenen Wochen ist die Zahl angemeldeter Tiere weiter gestiegen, auf inzwischen 1009 Vierbeiner Ende vergangener Woche, ist aus dem Rathaus zu hören.
Wo Hundezähler klingeln, wächst die Steuerehrlichkeit
Aufgrund immer wiederkehrender Klagen über angeblich nicht angemeldete Hunde hat Schwarzenbeks Politik beschlossen, ein Privatunternehmen mit der Kontrolle zu beauftragen. „Besonders aus den Stadtteilen, in denen die Hundezähler unterwegs sind, erhalten wir sehr viele Neuanmeldungen zur Hundesteuer“, bestätigt Schwarzenbeks Kämmerer Jens-Ole Johannsen, offiziell Leiter des Fachbereichs Finanzmanagement.
Anders als etwa in Niedersachsen geht es in Schleswig-Holsteins Kommunen dabei allein um die Hundesteuer. In Schwarzenbek beträgt sie 120 Euro für den ersten Hund, 172 für den zweiten, 220 für jeden weiteren. (Als gefährlich eingestufte Tiere sind teurer: 320 Euro für das erste Tier, 600 für jedes weitere).
Wie in Hamburg müssen Hundehalter im südlichen Nachbarland ihre Tiere zusätzlich für ein zentrales Register anmelden. Ziel: Die Niedersachsen, die erstmals einen Hund halten, sollen einen Sachkundenachweis erbringen, gern auch als „Hundeführerschein“ bezeichnet.
Kiel folgt Gerichten: Rasse allein kein Kriterium für Gefährlichkeit
Im Norden spielen die früheren Verbotslisten für bestimmte Rassen keine Rolle mehr. Diverse Gerichte hatten deutschlandweit der Einschätzung widersprochen, die Gefährlichkeit einzelner Hunde lasse sich allein an deren Rassezugehörigkeit festmachen. Auseinandersetzungen darum gipfelten unter anderem im Vorwurf, die Verfasser der Verbotslisten könnten gar nicht beurteilen, was eine Rasse ausmache.
Tatsache: Die für schlimme Beißvorfälle verantwortlich gemachten Pitbulls genügen keinem Rassestandard. Sie sind Kreuzungen verschiedener Hunderassen, wie Bullterrier, Staffordshire-Terrier und American Staffordshire. Überhaupt führen die vielen Mischlinge regelmäßig die Beißstatistiken an.
Mischlinge sind Spitzenreiter in den Beißstatistiken der Bundesländer
Weitere Kritikpunkte an Rasselisten: Manche in Deutschland geächtete Rassen gelten in anderen Ländern aufgrund ihrer Ausgeglichenheit als optimale Familienhunde. Staffordshire-Terrier etwa werden in den USA aufgrund ihrer enorm hohen Reizschwelle geschätzt.
Experten warnen: Zu Kampfhunden werden die Tiere mit ihrer enorm hohen Beißkraft, wenn sie von Menschen darauf abgerichtet werden. Eine jährlich veröffentliche Liste der Beißvorfälle in der Hansestadt Hamburg gibt einen Überblick.
Herdenschutzhunde – neue Gefahr in falschen Händen?
Wurden bestimmte Rassen als Kampfhunde „geächtet“ und mit Verboten oder Haftungsbeschränkungen belegt, war die Entwicklung vorgezeichnet. Statt angeblicher Kampfhunde schafften sich manche Besitzer Tiere an, die Experten als deutlich kritischer in privater Hand einstufen.
Dazu zählen vor allem Herdenschutzhunde wie anatolische Kangals, Pyrenäenhunde oder ungarische Kuvasz. Rüden erreichen locker ein Gewicht von 60 Kilogramm oder überschreiten es.
Kangal und Co. sind nicht auf auf Menschen geprägt
Es sind massige Tiere, die darauf gezüchtet wurden und teils noch werden, ohne jedes menschliche Dazutun ihre Herden gegen Angreifer wie Wölfe oder auch Bären zu verteidigen. Das unseren Haushunden seit Jahrtausenden vermittelte Zusammenleben und die Interaktion mit Menschen, spielen für die Züchtung dieser Rassen keine Rolle.
Im Gegenteil: Sie kooperieren mit ihresgleichen, um tatsächliche oder auch nur vermeintliche Angriffe auf ihre Herden abzuwehren. Für Menschen und ihre Hunde kann es hochgefährlich werden, sollten Herdenschutzhunde Unbekannte oder ihre vierbeinigen Begleiter als potenzielle Gefahr ausmachen.
Schleswig-Holstein verzichtet auf kritisierte Rasselisten
„Aus gutem Grund gibt es in Schleswig-Holstein keine Rasselisten mehr“, bestätigt Mareen Ohle vom Ordnungsamt Schwarzenbek. Das Gesetz regelt stattdessen den Umgang mit gefährlichen Hunden, erläutert die stellvertretende Fachbereichsleiterin.
Die wenigen Vorfälle mit Hunden in Schwarzenbek hielten sich im langjährigen Rahmen, so Ohle. „Wir verzeichnen weder einen Zuwachs an Zwischenfällen noch haben wir Kenntnis von einer angeblich neu in Schwarzenbek auftretenden Kampfhundezüchtung.“
Neue Kampfhundezüchtung in Schwarzenbek?
Gerüchte um eine solche neue „Rasse“ hatten nach der Einwohnerversammlung für Diskussion besorgter Bürger gesorgt. Ohle beruhigt: „Die jeweiligen Ordnungsämter in der Region stehen miteinander in Kontakt.“ Wechsle ein als schwierig eingestufter Halter den Wohnort, bleibe dies selten unentdeckt.
Bürgervorsteher fordert bundesweit einheitliche Regeln
Bundesweit einheitliche Regeln für das Halten gefährlicher Tiere fordert Roman Larisch, Schwarzenbeks neuer Bürgervorsteher. „Das geht über Hunde weit hinaus“, so der Christdemokrat.
Es dürfe nicht sein, dass „das Halten von Raubkatzen bis zur Größe von Leoparden und Löwen in Privathaushalten“ in manchen Bundesländern nicht mal kontrolliert werde, kritisiert Larisch. In anderen werde es streng überwacht oder nicht genehmigt.
Leoparden und Löwen in Privathaushalten
Dringenden Regelungsbedarf besteht aus Sicht von Larisch auch, um zu verhindern, dass sich die Stimmung hochschaukelt. „Andererseits müssen Hundehalter grundsätzlich im Blick haben, dass ihre Tiere von vielen Menschen, die keine Halter sind, anders wahrgenommen werden, als von ihnen selbst.“
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Hundezählung in Schwarzenbek ist bis Mitte August verlängert
Die Hundekontrolleure sind derzeit noch in Schwarzenbek unterwegs. „Die Zahl wurde um zwei Personen auf vier aufgestockt, die Zählung, die eigentlich im Juli enden sollte, wird voraussichtlich bis Mitte August fortgesetzt“, sagt Jens-Ole Johannsen.
„Bei mir hat vor wenigen Tagen eine Dame geklingelt, die sich auch entsprechend ausweisen konnte“, berichtet Larisch. Er ist optimistisch, dass die Kontrollen die gewünschte Wirkung zeigen, nur wenige nicht gemeldete Hunde unentdeckt bleiben. Larisch: „Eine Bekannter ist inzwischen schon mehrfach kontrolliert worden.“