Norderstedt. Wie die Stadtverwaltung im Kampf für die Steuergerechtigkeit ausgerechnet auf die vierbeinigen Hinterzieher kam.
Die Steuerhinterziehung ist eine leise, diskrete Straftat und bleibt allzu oft im Verborgenen, wenn nicht jemand genau hinschaut. Jedoch gibt es eine Form der Steuerhinterziehung, die jedermann auffällt, die hinter Türen sitzt und jault oder bellt, die Stöckchen holt und sich gern streicheln lässt – und wenn das nicht der Fall ist, auch mal zupackt. Der Hund, der beste Freund des Menschen.
Denn es gibt Herrchen und Frauchen, die zahlen für diese vierbeinigen Gefährten nicht gerne auch noch Steuern. Sie lassen ihn quasi illegal mitlaufen, ohne Steuermarke am Halsband. Die ist eigentlich Pflicht, sobald das Tier das Grundstück verlässt. Doch – wer kontrolliert das schon.
Hundesteuer: Bad Segeberg schickt Hunde-Detektive zu 8000 Haushalten
Die Stadt Bad Segeberg zum Beispiel. „Aus Gründen der Steuergerechtigkeit“, wie Bürgermeister Toni Köppen in einer Mitteilung verbreiten lässt. In der notorisch klammen Hauptstadt des Kreises Segeberg tut jeder Bürgermeister gut daran, auf diese zu pochen. Kontrolle ist aber besser als nur zu pochen: Entsprechend will Köppen nun in jedem der etwa 8000 Haushalte der Karl-May-Stadt nachschauen lassen, ob dort vielleicht ein nicht angemeldeter Hund sitzt.
„Leider musste in zurückliegender Zeit festgestellt werden, dass nicht alle Hundehalterinnen und Hundehalter der Pflicht zur Anmeldung ihrer Hunde nachgekommen sind“, teilt Köppen mit. So beauftragte die Stadt nun eine externe Firma, deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Haustüren der Stadt abklappern sollen.
Detektive sind auch am Sonnabend unterwegs und lauschen
Die Hunde-Detektive werden „in den nächsten Wochen“ unterwegs sein, immer wochentags in der Zeit zwischen 9 und 20 Uhr – und sogar sonnabends, zwischen 10 und 17 Uhr. Die Herrschaften haben allerdings keine Befugnis, die Wohnungen oder Häuser der Menschen zu betreten. Sie dürfen lediglich klingeln, höflich nachfragen und – lauschen. Denn am besten wäre es ja, wenn die potenzielle Steuerhinterziehung auf vier Beinen Laut gibt.
- Streit um drastische Erhöhung der Hundesteuer in Tornesch
- Hundesteuer - die große Ungleichbehandlung im Kreis Segeberg
- Im Sommer kommen Hundezähler nach Schwarzenbek
Falls jetzt gedungene Trickdiebe die Situation ausnutzen wollen: Die Hunde-Detektive können sich mit einer Legitimation der Stadtverwaltung ausweisen. Und selbst wenn sie theoretisch einen Fall entdecken, dann erheben sie keine keine Steuern oder Gebühren vor Ort. Und: Die Hygieneschutzverordnungen aufgrund der Covid 19 Pandemie werden selbstverständlich eingehalten.
Kontrolle soll keine Maßregelung oder Drohung sein
„Es gibt einfach Leute, die vergessen schlicht, den Zweithund anzumelden. Da ist kein böser Wille dahinter“, sagt Christiane Ostwald. Sie ist die Kämmerin der Stadt Segeberg, die Herrin über die Stadtfinanzen. Die Kontrolle sieht sie gelassen und will sie nicht als Maßregelung der Bürgerinnen und Bürger verstanden wissen – oder gar als Drohung.
„Wir wollen die Menschen höflich an die Steuerpflicht erinnern – und wenn jemand tatsächlich einen unangemeldeten Hund besitzt, fordern wir ihn zunächst auf, ihn eben jetzt anzumelden.“ Für den mutmaßlich häufigen Fall, dass keiner öffnet oder niemand zu Hause ist, hat die Stadt Schreiben vorbereitet, die von den Hunde-Detektiven in den Briefkasten geworfen werden.
Bußgeld: Ohne Steuermarke am Hund kann es teuer werden
Wer ohne Steuermarke am Hund beim Gassigehen erwischt wird, dem drohen eigentlich Bußgelder von bis zu 500 Euro. Und wenn die Stadt nachweisen kann, dass ein Hund offenbar schon länger unangemeldet im Haushalt lebt, dann droht neben dem Bußgeld auch die rückwirkende Besteuerung.
Bad Segeberg ist für Hunde ein teures Pflaster im Kreisvergleich: Die Hundesteuer beträgt laut aktueller Satzung jährlich 144 Euro für den ersten Hund, 165 Euro für den zweiten und für jeden weiteren 180 Euro. In Norderstedt (85/120/150 Euro), Kaltenkirchen (60/72/84 Euro) und Henstedt-Ulzburg (60/84/108 Euro) lebt es sich als Vierbeiner steuerlich angenehmer.
Hundesteuer: Bad Segeberg ist ein teures Pflaster für Hunde
2013 lebten in Bad Segeberg dann auch vergleichsweise wenige Hund: 884. Den aktuellen Hundesteuer-Einnahmen nach, dürften es derzeit um die 1000 Tiere sein. 153.000 Euro jährlich fließen in den Haushalt. Bei diesen Summen mag die Frage erlaubt sein, ob bei der großangelegten Kontrolle sämtlicher Haushalte Aufwand und Ertragin einem wirtschaftlichen Verhältnis stehen.
„Die Mitarbeiter der externen Firma bekommen von uns 1,03 Euro pro Haushalt, den sie nachweislich aufgesucht haben“, sagt Christina Ostwald. Bei 8000 Haushalten kämen also maximal 8240 Euro auf die Stadt zu. „Und als wir die letzte Kontrolle dieser Art gemacht haben – das war 2015 – da schnellten die Hundesteuereinnahmen von 125.000 Euro auf 148.000 Euro nach oben“, sagt die Kämmerin.
Bad Segeberg: Die Stadt setzt auf Abschreckungseffekt
Letztlich setzt die Stadt aber auf den Abschreckungseffekt und hofft, dass reuige Hundehalter ihre Lieblingstiere nach der Kontrollankündigung nun noch schnell anmelden, um sich „Unannehmlichkeiten zu ersparen“. Das kann man zu den Dienstzeiten bei der Stadtverwaltung, Zimmer 1.05 (04551/96 41 22) durch das Ausfüllen eines Antragsformulars tun. Hunde müssen draußen bleiben!