Schwarzenbek. Stadtvertretung: Warum die Grünen keine Blumen zum Deutschland-Jubiläum wollen und der Bürgervorsteher einen Rüffel kassierte.

Am 23. Mai 1949 wurde das Grundgesetz verkündet und unterzeichnet und damit die Bundesrepublik Deutschland gegründet. Den 75-jährigen Jahrestag wollten die Schwarzenbeker Sozialdemokraten im kommenden Jahr groß feiern, unter anderem mit 75 Blühflächen im gesamten Stadtgebiet. Doch ausgerechnet die Grünen sagten Nein – zu den Blühflächen, nicht aber zur Jubiläumsfeier.

„Wir haben diesen Antrag sehr freudig aufgenommen“, stimmte Grünen-Fraktionschef Christian Wruck dem Antrag der SPD grundsätzlich zu, machte jedoch eine Ausnahme: Die 75 Blühflächen, die von den Sozialdemokraten als eine erste Idee genannt wurden, sollten nicht Teil des Beschlusses werden. „Man kann die Idee gut finden oder nicht: Ich finde es blöd“, so Wruck.

Findet die Idee der Blühwiesen „blöd“: Grünen-Fraktionschef Christian Wruck und seine Stellvertreterin Imke Lüdecke.
Findet die Idee der Blühwiesen „blöd“: Grünen-Fraktionschef Christian Wruck und seine Stellvertreterin Imke Lüdecke. © Marcus Jürgensen | Marcus Jürgensen

Stadtvertretung Schwarzenbek: 75 Jahre Demokratie sind eine Feier wert

Richtig sei es hingegen, das Jubiläum der freiheitlich demokratischen Grundordnung zu feiern. „Vor 20 Jahren hätten wir vielleicht noch anders darüber gedacht“, so der grüne Fraktionschef: „Aber in einer Zeit, wo sich dubiose Meinungen immer mehr in diesem Land ausbreiten, unterstützen wir diese Feier unserer Demokratie.“ Zuvor hatte SPD-Fraktionschef Rüdiger Jekubik mit dem Argument geworben, dass es Schwarzenbek als Europastadt gut anstünde, dieses Jubiläum zu feiern.

Hintergrund: Für ihre Verdienste um die Aussöhnung mit den ehemaligen Kriegsgegnern und ihre europäische Friedensarbeit war die Stadt 1961 als zweite deutsche Stadt nach Offenbach (1956) mit dem Europapreis ausgezeichnet worden. 1955 hatte das englische Coventry, das 1940 durch einen deutschen Luftangriff weitgehend zerstört wurde, diesen Preis erhalten. In diesem Jahr hat den Preis die polnische Stadt Boleslawiec erhalten.

Jahrestag soll nur im Hauptausschuss beraten werden

Doch nicht nur die Blühwiesen wurden kassiert, sondern auch Jekubiks Wunsch, das Jubiläum in allen Ausschüssen der Stadt vorzubereiten. Ausgerechnet der CDU, die immerhin fünf von bisher neun Bundeskanzlern stellte, war das zu viel: „Wir erachten es nicht als sinnvoll, wenn wir uns anschauen, welche Aufgaben wir haben“, erklärte Fraktionschef Paul Dahlke.

Auf der Prioritätenliste der Stadt stünde dieser Jahrestag nicht ganz weit oben, deshalb solle das Thema nur im Hauptausschuss beraten werden. Mit diesen Änderungen wurde dann bei einer Gegenstimme beschlossen: 2024 wird das 75-jährige Bestehen der Bundesrepublik Deutschland mit verschiedenen Aktionen in der Europastadt gefeiert.

Tempo 70 auf Umgehungsstraße soll Unfälle verhindern

Die zweite Stadtverordnetenversammlung nach der Kommunalwahl von 14. Mai hatte mit einer Gedenkminute für die verstorbene Ministerpräsidentin Heide Simonis begonnen. Danach folgte eine ungewöhnliche Aktion: Heinz Werner Rose (SPD), 2. stellvertretender Bürgermeister und Bauausschussvorsitzender, nutzte die eigentlich Bürgern vorbehaltene Einwohnerfragestunde, um seine Kritik an der Umgehungsstraße zu erneuern.

Anlass war der erneute Unfall an der Einmündung der B404 auf die Umgehung: Am Donnerstagmorgen, 13. Juli, waren dort ein Auto und ein Transporter zusammengestoßen. Rose bat Bürgermeister Norbert Lütjens deshalb, sich für eine Reduzierung des Tempos von 100 auf 70 und den Umbau der Einmündung zu einem Kreisverkehr, wie an den anderen Einmündungen, einzusetzen.

Schwerer Verkehrsunfall auf der Schwarzenbeker Ortsumgehung am 13. Juli: Mit Tempo 70 wäre es nicht passiert oder wären die Folgen zumindest nicht so gravierend, findet SPD-Stadtvertreter Heinz Werner Rose.
Schwerer Verkehrsunfall auf der Schwarzenbeker Ortsumgehung am 13. Juli: Mit Tempo 70 wäre es nicht passiert oder wären die Folgen zumindest nicht so gravierend, findet SPD-Stadtvertreter Heinz Werner Rose. © Christoph Leimig | Christoph Leimig,

Rüffel von Böttel: FWS-Fraktionschef kritisiert Bürgervorsteher

Bürgervorsteher Roman Larisch (CDU) war in seiner zweiten Sitzung mit den Gepflogenheiten noch nicht gänzlich vertraut und kassierte dafür einen Rüffel von Bernhard Böttel, Fraktionschef der Freien Wähler (FWS). Larisch hatte zuerst den Beschluss vorgelesen, erst dann zur Diskussion gebeten. „Mit dem Vorlesen des Beschlusses sind wir doch schon im Abstimmungsverfahren, dann können wir nicht mehr diskutieren“, hielt Böttel dem Bürgervorsteher vor, der der Anmerkung nicht nur folgte, sondern sich dafür auch bedankte.

Mit großer Mehrheit verabschiedeten die Stadtverordneten dann das Integrierte Stadtentwicklungskonzept (ISEK) als Grundlage der künftigen Planung. Das Konzept listet Stärken und Schwächen der Europastadt auf und gibt Handlungsempfehlungen, wie etwa den Radverkehr zu stärken, mehr Grünflächen in der Innenstadt zu schaffen und dort generell die Aufenthaltsqualität zu erhöhen. Das Konzept ist aber auch wichtig, um Fördermittel für Projekte wie den Umbau der alten Realschule zum Dienstleistungszentrum oder den Neubau der Feuerwache einwerben zu können.

FWS-Fraktionschef Bernhard Böttel „rüffelte“ nicht nur Bürgervorsteher Roman Larisch, sondern öffnete die Realschule mit seinen Antrag auch für Sitzungen städtischer Gremien.
FWS-Fraktionschef Bernhard Böttel „rüffelte“ nicht nur Bürgervorsteher Roman Larisch, sondern öffnete die Realschule mit seinen Antrag auch für Sitzungen städtischer Gremien. © Marcus Jürgensen | Marcus Jürgensen

In der alten Realschule sollen künftig städtische Gremien tagen

Das ehemaligen Schulgebäude an der Berliner Straße steht seit 2009 leer, wurde zuletzt als Flüchtlingsunterkunft und Impfzentrum genutzt. Jetzt soll es übergangsweise zunächst für die Sitzungen städtischer Gremien geöffnet werden, denn der Umbau kann frühestens im Jahr 2025 beginnen. So lange hat die Landesregierung die dafür benötigten Fördertöpfe gesperrt.

„Wir wissen alle, wie schwer es ist, in Schwarzenbek Räume für Veranstaltungen zu bekommen“, begründete Böttel den FWS-Antrag. Weil selbst die Fraktionen Probleme haben, für ihre Sitzungen freie Räume im Rathaus zu bekommen, sollen sie, aber auch andere städtische Gremien wie der Seniorenbeirat oder der Behindertenbeauftragte, in die Realschule ausweichen können.

Katja Estel (FWS) warb dafür, es wie im dänischen Aarhus zu machen: Das dortige Bürgerzentrum Dokk1 stünde allen Bürgern rund um die Uhr offen – auch ohne kommunale Mitarbeiter als Aufsicht. So weit sei man in Schwarzenbek noch nicht, bat Bürgermeister Norbert Lütjens um Verständnis für haftungsrechtliche Fragen: „Dieser Antrag macht für uns Sinn, aber geben Sie uns etwas Zeit.“

Letztlich beschlossen die Politiker einstimmig, in einem ersten Schritt das Schulgebäude nur für städtische Gremien zu öffnen. „So macht Politik Spaß: Wir machen einen Vorschlag, diskutieren darüber und finden Lösungen“, so Böttel.

FDP-Fraktionschef Hartmut Hintze, Gerhard Moldenhauer, Thomas Lamm, Robert Struck (alle CDU) und CDU-Fraktionschef Paul Dahlke (v.l.) beraten während einer Sitzungspause und ziehen ihren Antrag schließlich zurück.
FDP-Fraktionschef Hartmut Hintze, Gerhard Moldenhauer, Thomas Lamm, Robert Struck (alle CDU) und CDU-Fraktionschef Paul Dahlke (v.l.) beraten während einer Sitzungspause und ziehen ihren Antrag schließlich zurück. © Marcus Jürgensen | Marcus Jürgensen

10.000 Euro für Mobilitätskonzept der Aktivregion

Nicht behandelt wurden hingegen ein Dringlichkeitsantrag der SPD zu den Hallenbad-Plänen sowie eine CDU-/FDP-Antrag für einen Radweg von Schwarzenbek nach Lauenburg. Die CDU hatte im Wahlkampf die eigentlich auf Grund der Kosten verworfenen Hallenbadpläne wieder aufgegriffen. Die SPD wollte nun vor Beginn der Haushaltsberatungen Fragen zu Standort und Machbarkeit prüfen lassen. Die anderen Fraktionen sahen aber keine Dringlichkeit, da viele Fragen zum Projekt vorher noch geklärt werden müssen.

Der Antrag für eine Radwege-Verbindung nach Lauenburg fand bei allen Fraktionen Zustimmung – allerdings sei er nicht notwendig. Das Mobilitätskonzept der Aktivregion Sachsenwald-Elbe und der Klimaschutzmanager, das auch dieses Thema behandele, wurde gerade erst bei der Energieolympiade der Gesellschaft für Energie & Klimaschutz in Schleswig-Holstein (EKSH) mit dem Mobilitätspreis und einem Preisgeld in Höhe von 10.000 Euro ausgezeichnet.

CDU und FPD zogen ihren Antrag daraufhin zurück. Klimaschutzmanagerin Nina Reimers wird dann im nächsten Mobilitätsausschuss einen Überblick über laufende Planungen geben. Allerdings erst nach der Sommerpause, die mit der nächsten Sitzung des Hauptausschusses am Dienstag, 29. August, endet.