Schwarzenbek. Ungewöhnlicher Antrag der Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung. Ihre Idee und was die Nationalhymne damit zu tun hat.

Es ist ein staatstragender Antrag, für den die SPD am Donnerstag, 13. Juli, in der Stadtverordnetenversammlung um Stimmen wirbt: Zum 75-jährigen Bestehen der Bundesrepublik Deutschland sollen im kommenden Jahr in der Europastadt an 75 Stellen Blumen erblühen – ganz im Sinne der Nationalhymne, in deren Text es heißt: „Blüh im Glanze dieses Glückes“. Doch die Blumenflächen sollen nicht die einzige Aktion sein: Die Sozialdemokraten wünschen sich, dass die entsprechenden Ausschüsse weitere Projekte zum Deutschland-Jubiläum entwickeln.

Die Blühflächen könnten auch Teil des Integrierten Stadtentwicklungskonzepts (ISEK) werden, das die Stadtverordneten nach monatelangen Diskussionen und Planungen mit den Bürgern am Donnerstag, 13. Juli, als Leitfaden für die künftige Stadtentwicklung verabschieden wollen.

Stadtverordnetenversammlung Schwarzenbek: SPD beantragt 75 Blühflächen

Es ist ein sperriges Wort: SWOT-Analyse ist eine Stärken- (englisch: strengths) und Schwächenabschätzung (weakness), bei der auch Chancen (opportunities) und Risiken (threats) einfließen. Als Stärken haben die Planer vom Berliner Büro Yellow Z nicht nur die gute Verkehrsanbindung der Stadt durch Bahn- und Buslinien ausgemacht, sondern auch zahlreiche kleine Verbindungswege, die in der Sprache der Stadtplaner als „Shortcuts“ bezeichnet werden.

Die SPD möchte im kommenden Jahr an 75 Stellen der Stadt Blumen blühen lassen.
Die SPD möchte im kommenden Jahr an 75 Stellen der Stadt Blumen blühen lassen. © BGZ/Diekmann | Lena Diekmann

Ein solches Netz mache Schwarzenbek zu einer „Stadt der kurzen Wege“: Kein Stadtteil sei weiter als zwei Kilometer vom Zentrum entfernt. Hinzu kommen historische Gebäude und schöne Straßen vor allem im Villenviertel rund um die Pröschstraße, dazu viele Grünanlagen: Neben dem Stadtpark listen die Planer auch den Justizgarten des Amtsrichterhauses sowie den alten Friedhof an der Uhlenhorst auf.

Bahnstrecke teilt die Stadt in zwei Hälften

Dem gegenüber stehen zahlreiche Schwächen, die Planer, Bürger und Politiker herausgearbeitet haben. Dazu gehört auch die eigentlich positiv bewertete Verkehrsanbindung, denn die Bahnlinie trennt die Stadt in zwei Teile. Weil neue Tunnel oder Brücken nicht möglich sind, sollen die vor allem für Fußgänger und Radfahrer geeigneten Querungen umgestaltet werden.

Die Fahrstühle im Bahnhof Schwarzenbek sind nicht nur häufig verschmutzt, sondern auch kaputt. Zudem passen Fahrräder nicht hinein.
Die Fahrstühle im Bahnhof Schwarzenbek sind nicht nur häufig verschmutzt, sondern auch kaputt. Zudem passen Fahrräder nicht hinein. © BGZ | Frauke Maaß (FMG)

Dies betrifft den Fußgängertunnel an der Compestraße, wo es immer wieder zu gefährlichen Begegnungen zwischen Fußgängern und Radlern kommt, sowie den Bahnhof. Dort sind die Fahrstühle häufig defekt und nicht für Fahrräder geeignet. Für die Innenstadt warnen die Planer vor einem „Trading Down Prozess“: Leerstand, hohe Fluktuation auch auf Grund zu hoher Mieten und zahlreiche Billiganbieter machen Innenstädte wenig attraktiv für zahlungskräftige Kunden, so die Planer. Zudem fehlen Angebote für Kinder und Jugendliche, die einen Besuch in der Innenstadt für Familien unattraktiv machen.

Grünen-Fraktionschef Christian Wruck und Imke Lüdecke unternehmen einen zweiten Versuch: Mit der Teilnahme an der Initiative Lebenswerte Stadt soll Tempo 30 auch auf Hauptverkehrsstraßen möglich werden.
Grünen-Fraktionschef Christian Wruck und Imke Lüdecke unternehmen einen zweiten Versuch: Mit der Teilnahme an der Initiative Lebenswerte Stadt soll Tempo 30 auch auf Hauptverkehrsstraßen möglich werden. © Marcus Jürgensen | Marcus Jürgensen

Flächendeckend Tempo 30 auch auf Hauptstraßen?

Da sich die Fraktionen vor der Kommunalwahl einig waren und das Projekt gemeinsam tragen, steht dessen Verabschiedung nichts im Wege. Strittig könnte ein Antrag der Grünen werden, der sich wie das ISEK auch mit der Mobilitätsentwicklung beschäftigt.

Schwarzenbek möge der Initiative „Lebenswerte Städte und Gemeinden“ beitreten, so der Vorschlag der Grünen. Dabei geht es um mehr Handlungsspielräume für Kommunen was ihre innerstädtischen Straßen angeht. Denn dort setzt die Straßenverkehrsverordnung den Ideen von Politikern und Verwaltung oft enge Grenzen.

So sind etwa Zebrastreifen in „entbehrlich“ eingeordnet, werden mit entsprechender Begründung nur in der Nähe von Kitas oder Schulen erlaubt. Den Antrag hatten die Grünen bereits in der Sitzung im Februar gestellt, damals war er in den Bauausschuss verwiesen worden. Zielrichtung der Grünen sind aber nicht mehr Zebrastreifen, sondern Tempo 30 auch auf Hauptstraßen einführen zu können – laut Straßenverkehrsordnung derzeit ebenfalls nicht erlaubt.

Die zweite Stadtverordnetenversammlung nach der Kommunalwahl vom 14. Mai dieses Jahres beginnt am Donnerstag, 13. Juli, um 19 Uhr im Festsaal des Rathauses (Ritter-Wulf-Platz 1).
Die zweite Stadtverordnetenversammlung nach der Kommunalwahl vom 14. Mai dieses Jahres beginnt am Donnerstag, 13. Juli, um 19 Uhr im Festsaal des Rathauses (Ritter-Wulf-Platz 1). © Marcus Jürgensen | Marcus Jürgensen

Mit dem Fahrrad bis nach Lauenburg radeln

Für mehr Radwege setzen sich CDU und FDP ein – allerdings nicht in der Stadt: Die beiden Fraktionen fordern die Verwaltung auf, Gespräche mit Lütau und Lauenburg zu führen, um den Bedarf für einen Radweg zwischen Schwarzenbek und der Schifferstadt entlang der Bundesstraße 209 auszuloten. Bisher endet der Radweg an der Abzweigung nach Müssen wenige Hundert Meter hinter dem Ortsschild.

Ein zweiter gemeinsamer Antrag beschäftigt sich noch einmal mit dem ISEK: Im Rahmen eines Workshops hatten auch Kinder und Jugendliche ihre Wünsche für die künftige Stadtentwicklung formuliert. Die Ergebnisse sind zwar in Konzept enthalten, wurden jedoch noch nicht öffentlich vorgestellt. Dies soll nun nachgeholt werden.

Die Stadtverordnetenversammlung beginnt um 19 Uhr im Festsaal des Rathauses (Ritter-Wulf-Platz 1) und ist öffentlich. Zu Beginn der Sitzung können Einwohner der Stadt sich zudem mit Fragen zu Wort melden.