Schwarzenbek. Auf 900 Quadratmetern erstreckt sich die Modelleisenbahn der Schwarzenbeker. Am Wochenende locken jedoch nicht nur die kleinen Züge.
Totgesagte leben länger, sagt der Volksmund. Bei Traditionsherstellern von Spielzeug, das vor Jahrzehnten die Kinderzimmer dominierte und nach der Jahrtausendwende ein Schattendasein führte, ist das der Fall: Sowohl Modelleisenbahnen als auch die Carrerabahn erleben eine Renaissance. Große Firmen wie auch Märklin und Fleischmann waren bereits in der Insolvenz, leben aber zumindest als Marke weiter und erfreuen sich jetzt wieder wachsender Beliebtheit. Allerdings sind die Produkte dank der Digitalisierung mit denen aus der Kindheit der heutigen „Silverager“ nicht mehr zu vergleichen.
Mit Sicherheit tragen auch Attraktionen wie das „Miniaturwunderland“ in Hamburg zu der Rückbesinnung auf das Hobby bei. Davon profitieren auch die Eisenbahnfreunde in Schwarzenbek. Die aktuell 247 Mitglieder haben auf 900 Quadratmetern in den Hallen an der Röntgenstraße eigene kleine Welten geschaffen, die sie am kommenden Wochenende, 1. und 2. Juli, den Eisenbahnfans aus Schwarzenbek und Umgebung beim traditionellen Sommerfahrtag zeigen wollen. Hinzu kommt seit 2017 die Feldbahn, die auf eine Fahrstrecke von mittlerweile 500 Metern angewachsen ist und auch über einen eigenen Lokschuppen verfügt. Bis zum Sommerfest am Wochenende soll der Bereich um die Feldbahn asphaltiert sein.
Eisenbahnfreunde Schwarzenbek zeigen beim Sommerfahrtag neues Modell
„In den vergangenen Jahren ging es immer nur nach oben. Wir wurden immer mehr, die Anlagen immer größer. Jetzt sind die Kapazitäten ausgereizt“, sagt Michael Hagel, seit der Gründung der Eisenbahnfreunde im Jahr 2011 Vorsitzender des Vereins. Weiteres Wachstum ist nur innerhalb der Hallen möglich. So werden beispielsweise nach und nach alte Module ausgetauscht und durch neue ersetzt.
Teilweise wird aber auch seitlich angebaut. So gibt es beispielsweise Mitglieder, die sich mit selbstfahrenden Lkw und Feuerwehrfahrzeugen beschäftigen, die auf liebevoll gestalteten Straßen unterwegs sind wie im großen Vorbild im Miniaturwunderland. „Wir haben gerade auch ein Modell von einem Fußballstadion im Maßstab 1:87 bekommen, das wir in die Anlage integriert haben“, erzählt Hagel.
Als der Verein vor zwölf Jahren mit acht Mitgliedern an den Start ging, hat der gelernte Flugzeugbauer nicht im Traum gedacht, was sich daraus entwickeln würde. Hagel ist heute 43 Jahre alt und hat schon als Kind in dem ehemaligen Haus seines Großvaters an der Seestern-Pauly-Straße mit an dessen Modellbahnanlage gebastelt. „Ich war so klein, dass ich wunderbar unter der Anlage herumlaufen und bei der Verkabelung helfen konnte“, erzählt der Vorsitzende, der in Schwarzenbek aufgewachsen ist und viele Jahre in der Europastadt gelebt hat, bis er vor einiger Zeit der Liebe wegen nach Pinneberg gezogen ist.
„Der Verein bleibt mein Baby. Trotz des Umzugs bleibe ich dem Verein treu und will ihn weiter voranbringen, auch wenn ich nicht mehr ganz so viel Zeit habe wie früher“, sagt Hagel. Deshalb ist auch der Vorstand breiter aufgestellt und die Aufgaben sind auf mehrere Schultern verteilt. Die drei geschäftsführenden Vorstandsmitglieder mit Hagel an der Spitze teilen sich den Job, unterstützt werden sie von vier Beisitzern.
Vorsitzender bleibt dem Verein auch nach dem Umzug nach Pinneberg treu
Was aber nicht spurlos an dem Verein vorbei gegangen ist, ist die allgemeine Kostensteigerung. Die Miete wurde teurer, Heizung und Strom auch. Deshalb hat der Verein jetzt die Beiträge von 25 Euro im Monat auf 30 Euro erhöht.
Das Hobby Modelleisenbahn ließ Hagel nicht los und er schaffte es, viele andere Begeisterte zusammenzubringen sowie Begeisterung zu wecken. Eine eigene Eisenbahnanlage hatte der 43-Jährige, der seit seiner Kindheit der Spur N (Maßstab 1:160) treu geblieben ist, kurioserweise nie. Am Anfang nutzte er die Anlage seines Opas, später trat er einem Verein in Marmstorf im Bezirk Harburg bei und ließ seine Züge dort fahren.
„Irgendwann hatten meine damalige Frau und ich die Idee, einen eigenen Verein zu gründen“, berichtet Hagel. Da kam das leer stehende Haus an der Seestern-Pauly-Straße gleich neben dem Gebäude seines Opas, das er mittlerweile selbst bewohnte, genau richtig. Wenig später war der Verein gegründet, 120 Quadratmeter Platz waren vorhanden.
Halle an der Röntgenstraße bleibt Heimat der Modelleisenbahner
Schon nach relativ kurzer Zeit reichte der Platz in dem Siedlerhaus an der Seestern-Pauly-Straße nicht mehr aus, es folgte der Umzug in den ehemaligen Einkaufsmarkt am Verbrüderungsring und dann im Jahr 2014 ging es an den jetzigen Standort an der Röntgenstraße. Nach und nach bekamen die Eisenbahnfreunde weitere Flächen in den Hallen und im Außenbereich hinzu, bauten auch an. Doch nun ist Schluss. „Das hier ist unsere Heimat geworden und der Vermieter ist top. Auch wenn wir jetzt woanders größere Hallen bekommen könnten, würden wir nicht mehr umziehen“, betont Hagel.
Was damals wie heute gleich ist, ist die Größe der Module. Modellbauer basteln ihre eigene kleine Welt und diese wird in die Anlage integriert – sofern sie die Qualitätsansprüche des Vereins erfüllen. Die Module sind alle 1,2 mal 0,6 Meter groß und müssen auf einer festen Platte gebaut werden. „Oben hui, unten pfui geht nicht. An der Platte darf nicht gespart werden, auch wenn die Landschaft oben noch so toll aussieht“, erläutert der Vereinsvorsitzende. Denn sonst hängt die Platte irgendwann durch. Außerdem sind die Anschlüsse und die Stellen, an denen die Gleise an den Enden der Platte positioniert werden müssen, genormt. Sonst wäre eine Integration der Module in die Anlage nicht möglich.
Kleine Welten entstehen auf Spur N und H0
Während die Modellbauer zunächst mit der Spur N (1:160) anfingen, kam später schnell der beliebte Maßstab H0 (1:87) hinzu. Und gerade in diesem weit verbreiteten Maßstab trennen sich für die Modellbauer Welten: Denn es gibt die Loks mit Gleichstrom und mit Wechselstrombetrieb. Die Bahnen können nicht auf den gleichen Anlagen fahren, deshalb befinden sich diese auch in unterschiedlichen Hallen. Wechselstromzüge lassen sich individueller steuern. Deshalb sind die Wechselstromfans eher technikaffin, die Gleichstromanhänger gestalten ihre Anlagen hingegen oft liebevoller.
Das wird auch bei den Eisenbahnfreunden deutlich, weil die Gleichstromanlage schon Anleihen vom Vorbild des Miniaturwunderlandes in Hamburg hat. „Das ist der Reiz des Hobbys. Jeder kann machen, was er möchte. Die einigen basteln lieber an der Technik, andere legen mehr Wert auf die Gestaltung der Landschaften. Jeder kann seine Fähigkeiten optimal einbringen und seiner Kreativität freien Lauf lassen“, erzählt der Vorsitzende. Das betrifft auch die Züge. Auf den Anlagen fährt alles: Vom Adler (die erste deutsche Dampfeisenbahn) bis hin zum ICE.
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An zwei Tagen Sommerfest bei den Eisenbahnern in Schwarzenbek
Die Fahrtage zu Ostern, im Sommer und in der Weihnachtszeit sind wahre Volksfeste mit bis zu 2000 Besuchern. Viele kommen nur zum Gucken und Staunen, einige werden aber auch von dem Hobby infiziert und treten dem Verein bei. „Es gab im Laufe der Zeit einige Neumitglieder, die das Hobby lange Zeit ruhen ließen und noch größere Mengen an Schienen und Zügen im Keller oder auf dem Dachboden hatten und hier wieder alles aufgebaut und in unsere Anlagen integriert haben“, sagt der 43-Jährige.
Das Sommerfest der Eisenbahnfreunde ist am Sonnabend, 1. Juli, von 11 bis 17 Uhr und am Sonntag, 2. Juli, von 11 bis 16 Uhr. Der Eintritt ist frei. An den beiden Tagen kommen aber nicht nur Eisenbahnfans auf ihre Kosten. Es gibt auch ferngelenkte Lkw, Baufahrzeuge und Schiffe, die in einem Wasserbecken vorgeführt werden. Natürlich gibt es auch Fahrten mit der Feldbahn, Leckeres vom Grill, Kuchen und Live-Musik.