Schwarzenbek. Wirtschaftliche Vereinigung (WVS) und Grüne möchten die Stände auf den alten Markt verlegen – doch die Markthändler wehren sich.

„Mehr Atmosphäre hat dieser Platz, ganz klar“, sind sich die Markthändler Thomas Piehl und Heiko Ramdohr nach einer Ortsbesichtigung einig. Auf dem alten Markt im Zentrum der Europastadt haben sie mit grünen Gemüsekisten die Größe von Ramdohrs 18 Meter langen Obst- und Gemüsestand markiert. Dennoch wollen sie nicht den Standort des Wochenmarktes wechseln.

Seit Jahren fordert die Wirtschaftliche Vereinigung Schwarzenbek (WVS) die Verlegung des Wochenmarktes: Statt auf dem Ritter-Wulf-Platz neben dem Rathaus sollen die Marktstände knapp 200 Meter entfernt zwischen Kirche und alter Marktschule auf dem alten Markt aufgebaut werden. Doch bereits 2018 hatte ein Gutachten ergeben: Es geht nicht. Die Marktbeschicker benötigen allein für ihre Stände und ohne Fahrzeuge eine Fläche von 1200 Quadratmeter, der alte Markt bietet jedoch nur 850 Quadratmeter. Der alte, als Blumenbeet genutzte Brunnen sowie Bänke sind zusätzliche Hindernisse.

Mehr Aufenthaltsqualität ohne Wochenmarkt?

Eine neue Dynamik hat die Verlegung jedoch durch das mit Bürgern erstellte Integrierte Stadtentwicklungskonzept (ISEK) erfahren: Dort wird der Wochenmarkt nicht explizit erwähnt, jedoch eine Umgestaltung des Ritter-Wulf-Platzes als besonders dringend angemahnt. Die Stadt hatte nur allgemein zu den ISEK-Workshops eingeladen, jedoch niemand direkt angeschrieben. Dies sei ein Fehler gewesen, hatte Bürgermeister Norbert Lütjens schon eingeräumt. Der alte Markt kam bei den Planer hingegen gut weg, dort sind es nur Kleinigkeiten, die geändert werden könnten. Die Forderung des ISEK: Die Aufenthaltsqualität müsse gesteigert werden etwa durch Sitzmöglichkeiten und zusätzliche Begrünung. Eine Forderung, die auch die Grünen in ihr Wahlprogramm zur Kommunalwahl aufgenommen haben: Sie fordern explizit die Verlegung des Wochenmarktes auf den alten Markt.

Auch auf dem Wochenmarkt auf dem Ritter-Wulf-Platz müssen Rettungswege freigehalten werden.
Auch auf dem Wochenmarkt auf dem Ritter-Wulf-Platz müssen Rettungswege freigehalten werden. © Marcus Jürgensen | Marcus Jürgensen

Wochenmarktkunden nutzen das Auto

„Wir waren nicht an der ISEK-Erstellung beteiligt“, bedauert Piehl. Der Kartoffel-Anbauer aus Dalldorf ist seit einem Jahr Vorsitzender des Vereins Schwarzenbeker Wochenmarkt. Zwölf feste Mitglieder hat der Verein, insgesamt kommen vor allem im Frühjahr bis zu 20 Händler in die Europastadt. Im Winter sind es weniger: „Für diese Zeit brauchen wir eine Lösung“, sagt Piehl. Eine Idee sei, die Stände enger am Rande des Ritter-Wulf-Platzes zusammenzuziehen. „Vielleicht können dann sogar auf dem vorderen Bereich Autos parken“, hofft Piehl. Denn viele der zumeist älteren Kunden kommen mit dem Auto zum Markt. „Die Sackkarre brauche ich nicht für mich, sondern um den Kunden meine Waren zum Auto zu bringen“, sagt Obst- und Gemüsehändler Ramdohr. Nur wenige Meter vom Markt entfernt stehen hinter dem Ritter-Wulf-Platz am Stadtpark zahlreiche Parkplätze zur Verfügung.

Auf dem alten Markt wäre das nicht so. Für Ramdohr ein gewichtiger Grund, auf den Umzug zu verzichten. Die bisherigen Stellflächen wären dann zu weit entfernt und entlang der Lauenburger Straße gebe es dafür keinen Ersatz, so der Markthändler. Was zudem fehlt: Anschlüsse für Wasser und Strom. Während auf dem Ritter-Wulf-Platz mehrere Verteilerkästen fest installiert sind, werden bei Wein- oder Stadtfest auf dem alten Markt mobile Bauverteilerkästen aufgestellt, Leitungen quer über den Markt verlegt und am Boden fixiert. „Für ein Fest, das nur ein Mal im Jahr ausgerichtet wird, ist das möglich, nicht aber für einen Wochenmarkt, den es zwei Mal in der Woche gibt“, sagt Piehl.

Kartoffel-Anbauer Thomas Piehl ist seit 2022 der Vorsitzende des Vereins Wochenmarkt Schwarzenbek, dem zwölf Marktbeschicker angehören.
Kartoffel-Anbauer Thomas Piehl ist seit 2022 der Vorsitzende des Vereins Wochenmarkt Schwarzenbek, dem zwölf Marktbeschicker angehören. © Marcus Jürgensen | Marcus Jürgensen

Nachschub per Sackkarre ist zu aufwendig und teuer

Doch es fehlen nicht nur Anschlüsse. Straßenlaternen, Bänke sowie der aus Feldsteinen gemauerte Brunnen stehen im Weg. Zudem müssen drei Meter breite Rettungswege, durch die im Notfall eine Rettungswagen fahren könnte, freigehalten werden. Dies gelte aber auch für den Ritter-Wulf-Platz, so Petra Scheerer, Fachbereichsleiterin für Öffentliche Sicherheit und Soziales im Rathaus. Anders als beim rechteckigen Rathausvorplatz sorge die eher eiförmige Form des alten Marktes für zusätzliche Einschränkungen. Ramdohrs mit dem Lastwagen verbundener Marktstand hat eine Fläche von 7,50 mal 18 Meter. Als er bei der Stellprobe die Gemüsekisten bis an den Straßenrand stellt – ein Rettungsweg ist auch vor dem Stand möglich – sieht er zufriedener aus: „Das könnte passen.“ Piehl jedoch bleibt skeptisch: „Alle passen wir nicht auf diesen Platz.“ Nur die Stände aufzubauen und die Fahrzeuge an anderer Stelle abzustellen, ist für die Marktbeschicker auch keine Option: Zum einen sind viele Stände direkt mit dem Lkw verbunden, zum anderen ist es eine Kostenfrage: „Wenn wir von weither Nachschub für den Stand per Sackkarre holen müssen, brauchen wir mehr Personal. Alleine lässt sich ein Stand dann nicht mehr betreiben“, so Piehl.

Den Druck, kurzfristig den Platz wechseln zu müssen, gibt es jedoch nicht mehr: Die WVS hat auf die ursprünglich geplante Verlegung ihres Weinfests auf den Ritter-Wulf-Platz verzichtet. Vom 22. bis 24. Juni sollten Stände aus den Partnerstädten das Weinfest zu einem Europafest machen, für das der Platz auf dem alten Markt nicht ausgereicht hätte. Nachdem Händler abgesagt haben, bleibt es am alten Standort, allerdings dennoch mit vier statt bisher drei Weinständen. Für die Markthändler bedeutet dies eine Verschnaufpause. Scheerer, die sich mit Bürgermeister Lütjens bereits zu einem ersten Informationsgespräch mit den Markthändlern getroffen hatte, verspricht zudem: „Wenn wir in die Diskussion über einen neuen Standort für den Wochenmarkt gehen, dann nur gemeinsam mit allen Beteiligten.“