Schwarzenbek. Bauarbeiten an der Ortsumgehung Schwarzenbek gehen in den Endspurt. Wann das 1,6 Kilometer lange Teilstück freigegeben wird.
Endspurt auf der Großbaustelle am nordwestlichen Rand der Stadt: Eigentlich ist es relativ ruhig auf dem seit Oktober 2022 asphaltierten, 1,6 Kilometer langen Teilstück der Ortsumgehung Schwarzenbek zwischen den Bundesstraßen 404 und 207. Aber doch tut sich einiges, damit dieser Streckenabschnitt in drei Wochen freigegeben werden kann. Anscheinend ist auch alles fertig. Deshalb spekulieren zahlreiche Schwarzenbeker in sozialen Netzwerken darüber, warum das Teilstück nicht endlich freigegeben wird. Radfahrer, Spaziergänger und leider auch Graffiti-Sprayer haben das Terrain längst für sich erobert.
Teilstück der Ortsumgehung ist ab Mai für Verkehr frei
„Es gibt noch einiges zu tun. Aktuell setzen wir die Leitplanken. Stahl war seit Beginn des Kriegs in der Ukraine schwer zu bekommen. Das Hauptproblem ist aber das fehlende Fledermausschutzsystem. Daran arbeiten wir gerade mit Hochdruck. Wenn alles glatt geht, sind wir am 6. Mai fertig“, sagt Eckhard Templin, zuständiger Abteilungsleiter beim Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr in Lübeck.
Ein Schutzzaun für Breitflügel- und Zwergfledermäuse
Die Breitflügel- und Zwergfledermäuse leben in einer Kolonie im Gebiet Im Strange und überqueren die Trasse in Richtung Grove, um zu ihren Jagdrevieren zu gelangen. Für den Bau der Ortsumgehung wurde bereits mehrere Populationen von Haselmäusen und Waldameisen umgesiedelt. Die Fledermäuse waren aber im Genehmigungsverfahren das größte und teuerste Problem. Solange eine sichere Querung der Trasse für die nachtaktiven Tiere nicht gewährleistet ist, konnte auch die Ortsumgehung nicht freigegeben werden.
125 Stahlrohre dienen als Fundament für den Fledermauszaun
Und daran arbeiten jetzt Facharbeiter der Firma Eiffage Infra-Lärmschutz aus Peine mit Hochdruck. „Wir rammen 125 Stahlrohre in den Boden, die später als Fundament für den Fledermausschutzzaun dienen“, sagt Bauleiter Andreas Bremer. „Wir nutzen die Rohre als Fundamente für die Stahlstützen, an denen der vier Meter hohe Maschendrahtzaun hängen wird. So lange die Bepflanzung auf dem Wall noch nicht hoch genug ist, brauchen die Tiere den Zaun als Orientierung. Entweder fliegen sie über den Zaun hinweg oder sie fliegen daran entlang bis zum Trichter an der Brücke, um dort die Fahrbahn sicher im Flug zu überqueren“, erläutert Eckhard Templin.
Für den Zaun wird ein extra engmaschiger Maschendrahtzaun verwendet, dessen Maschenweite nur 2,5 Zentimeter beträgt. Das ist eine Spezialanfertigung, die zum einen besonders schwer und zum anderen besonders windanfällig ist. „Der Zaun wirkt wie ein Segel und hat ein extrem hohes Gewicht, wenn er nass oder mit Eis bedeckt ist. Deshalb müssen die Pfähle so tief gegründet sein“, erläutert der Bauleiter.
Tiere sollen in vier Meter Höhe sicher die Fahrbahn überqueren
Sobald die Rohre installiert sind, wird die Pfahlkonstruktion einbetoniert. „Wir sind gut im Plan. Anfang Mai müsste alles fertig sein“, verspricht Bremer. Seine Firma hat bereits Erfahrungen mit Fledermausleitsystemen. „Der engmaschige Draht wird von den Fledermäusen erkannt, die sich mit Ultraschall orientieren. Die Tiere fliegen nicht gegen den Zaun, sondern weichen nach oben aus und fliegen so in einer sicheren Höhe von vier Metern über die Fahrbahn. Damit können sie auch nicht von hohen Lkw erfasst werden“, erläutert Templin das Konzept.
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Währenddessen sind an der anderen Seite der Baustelle Metallbauer Mathias Studt und sein Kollege damit beschäftigt, die Leitplanken anzubringen. „Wir werden auf beiden Seiten der Fahrbahn Leitplanken aus Stahl haben, deren Oberkante 75 Zentimeter vom Boden entfernt ist. Die Arbeiten laufen gut“, sagt Bauingenieur Andreas Ebel, der die Arbeiten koordiniert und den richtigen Sitz der Planken überwacht.
Der Asphalt für das 1,6 Kilometer lange Teilstück wurde bereits im Oktober 2022 gegossen. Auch die Brücke, die die Siedlung Im Strange in Schwarzenbek mit dem Wanderweg nach Grove verbindet, ist seit dem Spätherbst fertig. Sie soll sowohl von Radfahrern als auch von Fußgängern genutzt werden und auch Fledermäusen dank dem Leitsystem als Flugschneise dienen.
Dieses Teilstück der Ortsumgehung ist bereits über eine Einmündung an die Bundesstraße 404 und einen Kreisel an die Bundesstraße 207 angebunden. Ob es für die Freigabe einen Festakt geben wird, steht noch nicht fest. Möglicherweise werden auch einfach nur die Sperrbaken entfernt. Auf der Ortsumgehung gilt in den Einmündungsbereichen Tempo 70, die restliche Strecke ist eine Landstraße mit Tempo 100.
Stadt nutzt die vorgeschlagene Sprayfläche nicht für Graffiti
Während die Brücke bereits illegal von Sprayern beschmiert wurde, gibt es eine Stützwand aus Beton, die der Stadt als Fläche für Graffiti-Projekte zur Verfügung gestellt wurde. „Bislang hat sich die Stadt nicht gemeldet. Sobald die Fahrbahn freigegeben ist, sind dort keine legalen Sprühaktionen mehr möglich. Das wäre im laufenden Verkehr zu gefährlich“, so Templin. Die Schmierereien an der Brücke werden nicht wieder entfernt. „Wir haben viele Hunderttausend Quadratmeter Fläche von Brücken und Lärmschutzwänden, die alle beschmiert werden. Die Reinigung ist immens teuer und es wären sofort neue Graffiti da. Das kann niemand bezahlen. Wir erstatten sofort Anzeige, sobald wir Schmierereien entdecken, aber Täter werden selten gefasst“, erläutert Templin.
Nach der Baustelle ist übrigens vor der Baustelle. Sobald dieser Teilbereich freigegeben ist, beginnen bereits im Mai die Arbeiten am weiteren Kreisverkehr an der K 17 (Grabauer Straße). Dieser wird ebenfalls in diesem Jahr fertiggestellt. „Außerdem werden wir einen Knick entlang der Trasse verschieben. Das ist ebenfalls Neuland für uns“, sagt der Bauleiter. Währenddessen läuft die Umsiedlung der Haselmäuse auf dem Teilstück von der Bundesstraße 207 zur K 17. Die Trasse dort soll ab 2024 angelegt werden. Bis Ende 2025 könnte alles fertig sein. Insgesamt wird die Ortsumgehung dann 2,94 Kilometer lang sein und den Steuerzahler 18 Millionen Euro gekostet haben. Die Planungen für den letzten Teilabschnitt von der K 17 zur B 209 laufen bereits. Insgesamt haben die Planungen wegen der aufwendigen Umweltschutz- und Lärmschutzauflagen bereits mehr als 30 Jahre gedauert.