Schwarzenbek. Erfahrungen aus Dänemark sollen bei der Schulentwicklung in der Europastadt helfen. Was kurzfristig schon gemacht wird.
Zahlreiche Anregungen hat eine 20-köpfige Delegation aus Schwarzenbek von ihrer Reise ins dänische Aarhus mitgebracht. Besucht wurde dort unter anderem die Frederiksbjerg Skole. Die dort gemachten Erfahrungen sollen in die Planung und Konzeption der beiden Grundschulen einfließen, die in Schwarzenbek in den kommenden Jahren gebaut werden sollen.
In der Frederiksbjerg Skole werden Kinder von der ersten bis zur neunten Klasse mit verschiedenen Schwerpunkten im mathematischen, künstlerischen und sportlichen Bereich unterrichtet. Das eigenverantwortliche Lernen steht dabei im Vordergrund. Dafür werden auch alternative Raumkonzepte mit Rückzugsbereichen oder Agoren (Marktplätzen) für gemeinsame Projekte genutzt.
Schwarzenbek plant Schule der Zukunft - Erfahrungen aus Dänemark
Die Lehrer begleiten die Schüler bis in den Nachmittag, sind auch bei bei der Hausaufgabenbetreuung und Kreativ- sowie Sportangeboten dabei. „Eine durchgehende Begleitung durch die Pädagogen wäre sehr gut auch für unser Konzept“, sagt Julia Dieckmann von der Offenen Ganztagsschule an der Breslauer Straße. „Wenn wir die Kinder nachmittags übernehmen, wissen wir derzeit nicht, was am Vormittag passiert ist und ob es eventuell Probleme gab.“
Ein Kernpunkt war bei der Planung der Schule in Aarhus die lange Vorlaufzeit. Bis 2016 wurden die knapp 1000 Kinder in einem Backsteingebäude unterrichtet, das im Jahr 1909 gebaut wurde. 2008 wurde Jette Björn Hansen Leiterin der Schule und hat das neue Konzept mitentwickelt und umgesetzt. „Wir hatten mehr als 25 Prototypen für neue Unterrichtskonzepte entwickelt und diese auch im kleinen Umfang ausprobiert. Einiges hat funktioniert, anderes nicht. Was geklappt hat, haben wir weiterentwickelt und hier umgesetzt“, berichtete sie bei dem Besuchstermin.
Wichtige Erkenntnis: Die Schulen brauchen eine Erprobungsphase
Das gehört zu den wichtigsten Erkenntnissen der Delegation aus Schwarzenbek: „Wir brauchen unter anderem diese Prototypenphase“, sagt Bürgervorsteher Rüdiger Jekubik, der zugleich Vorsitzender des Sozial- und Kulturausschusses ist. „Die Schulen sollten mit einem Budget ausgestattet werden, das ihnen entsprechende Probephasen ermöglicht“, ergänzt Bernhard Böttel von der Wählergemeinschaft FWS.
Vieles von dem, was an alternativen und innovativen Unterrichtskonzepten in Dänemark perfektioniert wurde, ist in Teilen an den beiden Grundschulen Nordost und an der Breslauer Straße bereits vorhanden oder zumindest angedacht.
„Ich habe nichts gesehen, was nicht im Rahmen unserer Schulgesetze umsetzbar wäre. Solang der Lehrplan eingehalten wird, obliegt es in weiten Teilen den Lehrern, wie sie das Ziel erreichen. Das ist bei dem dänischen Modell auch so“, sagt die neue Schulrätin des Kreises Herzogtum Lauenburg, Gesine Weinhold, die die Delegation begleitet hat. Sie möchte den Prozess gern weiter begleiten.
Schallschutz und Transparenz sind wichtige Voraussetzungen
Sehr viel Wert wurde bei der Einrichtung der Frederiksbjerg Skole auf den Schallschutz gelegt. Das geht in den offenen Bereich im Treppenhaus und auf den Galerien und Marktplätzen los, setzt sich aber auch in den Klassenzimmern fort, die sich gegen Lärm von Außen abschotten lassen. Glastüren und Glaselemente ermöglichen dennoch Einblick, sorgen für Sicherheit und schützen vor Vandalismus.
Die Hülle folgt der Funktion“, sagt Schwarzenbeks Bauamtsleiter Ralf Hinzmann und kann sich gut vorstellen, Ideen in Schwarzenbek zu übernehmen. Beeindruckt hat den Ingenieur auch, dass die vorgeschriebene „Kunst am Bau“ in das Gesamtkonzept integriert wurde. Etwa die täuschend echt wirkende Jeansjacke an einem Haken, die aus Kupfer geformt wurde, oder ein überdimensionaler Bleistift, der vor einem Schreibblock an der Wand über der Mensa zu schweben scheint.
„Ich bin auch erstaunt von der Architektur. Ich hätte niemals gedacht, dass man mit Beton, verzinktem Stahl, Glas und ein bisschen Farbe eine so wohnliche Wohlfühlatmosphäre schaffen kann. Das wären die letzten Materialien, die mir dazu eingefallen wären“, sagt Bettina Kossek, Leiterin der Grund- und Gemeinschaftsschule.
Ein spezielles Lichtkonzept wurde für die dänische Schule entwickelt
Die Schule in Aarhus hat auch ein spezielles Lichtkonzept. Wenn ruhig gearbeitet werden soll, ist die Deckenbeleuchtung aus und es werden Lichtinseln mit Pendelleuchten über den Tischen geschaffen. „Es wird sofort sehr viel stiller im Raum, und die Konzentration steigt, weil Ablenkungen durch das Umfeld fehlen“, erläutert die stellvertretende Leiterin der Frederiksbjerg Skole, Gitte Baggesen.
„Es gibt hier keine Zäune, und die Räume sind nachmittags für Initiativen aus dem gesamten Stadtteil nutzbar. Das ist toll. So etwas fehlt uns“, betont Liane Maier, Leiterin der Grundschule Nordost. „Die Räume werden multifunktional genutzt und sind sehr aufgeräumt. So sollte es künftig bei uns auch sein“, hat Nicole Zettl von der Offenen Ganztagsschule in Nordost mitgenommen.
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„Mir fällt aus, dass es nur die nötigsten Möbel in den Klassenzimmern gibt. Das ermöglicht flexible Unterrichtskonzepte. Auch die demokratische Treppe hat mir gut gefallen“, sagt Uwe Bhend, Leiter der Grundschule an der Breslauer Straße. Bei der demokratischen Treppe handelt es sich um eine Holztreppe, die in einem Nebenraum der Klassenzimmer installiert ist. Hier beginnt der Unterricht. Schüler und Lehrer treffen sich maximal 15 Minuten (in jeder Klasse gibt es eine Stoppuhr an der Wand) und besprechen, wie das Lernprogramm aussieht. Danach geht es in Kleingruppen weiter.
Grundschule Breslauer Straße will Möbel in Klassenräumen reduzieren
„Wir werden erst einmal die Möbel in einigen Klassen reduzieren“, sagt Uwe Bhend. Außerdem sollen Lernlabore erprobt werden. Dabei handelt es sich um kleine Abgrenzungen wie in einer Wahlkabine, in denen Schüler ungestört von neben ihnen sitzenden Klassenkameraden arbeiten können.
„Auch das Konzept mit den Agoren ist interessant. Das könnte in der Schule an der Breslauer Straße beispielsweise in der Aula erprobt werden“, sagt Rüdiger Jekubik. „Es ist wichtig, dass wir jetzt Erfahrungen mit Prototypen sammeln, bevor wir etwas bauen, was dann gar nicht genutzt wird“, so sein Fazit.