Schwarzenbek. Weniger Verkehr in der Innenstadt ist eine zentrale Forderung für die Zukunft. Welche Orte den Bürgern in ihrer Stadt noch wichtig sind.

Wo liegt das Zentrum der Stadt? Und wie soll es in Zukunft aussehen? Diese Fragen standen im Mittelpunkt der ersten Bürgerbeteiligung beim Integrierten Stadtentwicklungskonzept (ISEK), zu dem Bürgermeister Norbert Lütjens in das Forum des Gymnasiums eingeladen hat. Was etwas sperrig klingt, ist nichts anderes als die Chance für die Bürger, die Entwicklung ihrer Stadt aktiv mitzugestalten und eigene Ideen einzubringen.

Im Gegensatz zu anderen städtischen Veranstaltungen wie beispielsweise den Einwohnerversammlungen oder politischen Sitzungen, die über die Einwohnerfragestunden ebenfalls politische Einflussnahme ermöglichen, war das ISEK sehr gut besucht. Mehr als 100 Interessierte kamen, eine Zahl, die sowohl den Bürgermeister als auch die Planer von Yellow Z und Partnerschaft für Deutschland überrascht hat. Es mussten mehrfach Stühle nachgestellt werden, um die vielen Besucher unterzubringen, die am Freitagabend mehr als drei Stunden lang Ideen für Schwarzenbeks Zukunft sammelten.

Stadtentwicklung Schwarzenbek: Verkehr soll raus aus dem Zentrum

„Wir suchen die besten Ideen zur Innenstadtplanung für Politik und Verwaltung. Wir werden nicht alle Vorschläge umsetzen können, aber die Ideen sind wichtig für den weiteren Prozess. Wir setzen auf das Know-how der Bürger und Gewerbetreibenden. Deshalb bitte ich sie: Hauen sie ihre Vorstellungen einfach raus“, sagte Bürgermeister Norbert Lütjens.

„Wir brauchen einen Kompass, eine Strategie für die Stadtplanung. Wir müssen analysieren, was von den Ideen schnell und einfach umzusetzen ist und wo die dicken Bretter sind, an denen wir lange bohren müssen wegen aufwendiger Genehmigungsverfahren und hoher Kosten“, ergänzte Oliver Bormann vom Berliner Stadtplanungsbüro Yellow Z. „Für gute Ideen gibt es Förderungsmöglichkeiten, beispielsweise aus dem Programm lebendige Zentren. Damit wird vieles möglich, was die Stadt sich alleine nicht leisten könnte“, betonte Eric Schindler von der Partnerschaft für Deutschland.

Attraktives Zentrum mit Plätzen zum Verweilen steht im Fokus

Für die Ideensammlung hatten die Planer auf dem Boden der Aula ein etwa fünf mal fünf Meter großes Luftbild der Stadt aufgeklebt und zentrale Orte wie Rathaus und Bahnhof mit Aufstellern markiert. 20 Minuten hatten die Bürger Zeit, mit herzförmigen Post-it-Zetteln ihre Lieblingsorte zu markieren und die Auswahl zu begründen. Besonders viele Aufkleber gab es rund um den alten Markt, den Ritter-Wulf-Platz, das direkte Stadtzentrum bis zur Realschule und das Amtsrichterhaus. Viele auch im Lupuspark. „Das Ergebnis überrascht uns. Mit dem Amtsrichterhaus hatten wir nicht gerechnet, dafür hätten wir mehr Interesse am Stadtpark erwartet“, sagte Bormann.

Auf der Wunschliste der Bürger ganz oben steht ein attraktiveres Zentrum, wobei die Frage, wo die Grenzen des Zentrums als Planungsbereich gesteckt werden sollen, auseinander gehen. Während einige Teilnehmer nur das direkte Umfeld von altem Markt, Ritter-Wulf-Platz und der Lauenburger Straße als Innenstadt sehen, wollen andere den Gesamtbereich über Schmiedestraße, Post, Realschule bis zum Bahnhof und der Feuerwache neu geplant sehen.

Fußgängerzone könnte Schwarzenbeks City deutlich voranbringen

„Das Zentrum muss man großflächig betrachten. Es geht aber nicht nur um Einzelhandel. Auch die Aufenthaltsqualität ist ein Problem“, sagte Doris Lehmann, Vorsitzende der Wirtschaftlichen Vereinigung. „Wir müssen auch überlegen, ob Innenstadt, so wie wir sie kennen, noch zeitgemäß ist“, ergänzte Bürgervorsteher Rüdiger Jekubik. Dem pflichtete Bormann bei: „Schwarzenbek ist 1953 vom Dorf zur Stadt geworden und erst in der Nachkriegszeit deutlich gewachsen. Das ist im kommunalen Vergleich relativ spät. Damals stand alles im Zeichen des wachsenden Autoverkehrs, und das merkt man auch in der Stadtplanung.“

Das muss sich ändern. Darin sind sich viele der Besucher einig. Ein klares Votum gab es für eine Verkehrsberuhigung im Zentrum und im Idealfall eine Fußgängerzone nach Geesthachter Vorbild. Aber auch der Fahrradverkehr soll gestärkt werden. „Angesichts der kurzen Wege ist Schwarzenbek für Radfahrer ideal. Es fehlen entsprechende Wege und Vorfahrt für Radfahrer nach holländischem Vorbild“, sagte Kay Johannsen.

Wirtschaftliche Vereinigung: Lösung für die alte Post muss her

„Wir sind mit den Fahrradboxen am Bahnhof, der ein Mobilitäts-Hub werden soll, auf gutem Weg. Wir bekommen auch den Stadtbus und arbeiten an einem Car-Sharing. Damit werden viele Fahrten mit dem Auto überflüssig“, betonte Klimaschutzmanagerin Nina Reimers.

Was fehlt sind aber auch Treffpunkte. „Für Jugendliche gibt es nur den Jugendtreff. Ansonsten gibt es keinen Platz, an dem sie sich treffen können, ohne andere zu stören“, sagte Jana Kreß vom Jugendzentrum. Hier könnte der Stadtpark eine Alternative sein. Aber auch die alte Realschule soll zu einem Treffpunkt und Ort der Bildung und Kommunikation und somit ein wichtiger Anker im Zentrum werden. Schandfleck bleibt die alte Post, die eine große Fläche einnimmt und weitgehend ungenutzt ist. „Hier müsste ein Lösung her. Das ist kein schöner Anblick“, so Doris Lehmann.

Verbesserungsbedarf sehen die Bürger aber auch im Lupuspark, der zwar viele Geschäfte und Parkflächen bietet, als zweites Stadtzentrum aber keine Aufenthaltsqualität hat, weil Orte zum Verweilen und Gastronomie fehlen.

Mit einem „Projektmarkt“ geht es im nächsten Jahr weiter

Die Aktion war aber nur eine erste Bestandsaufnahme, die weiter vertieft werden soll. Es gibt auch die Möglichkeit, online noch Marker zu setzen. Der Link befindet sich auf der Internetseite der Stadt (www.schwarzenbek.de). Die Planer werden die Ergebnisse bis dahin auswerten und analysieren. Als nächsten Schritt soll es dann einen so genannten öffentlichen „Projektmarkt“ Ende Februar 2023 geben, bei dem die Bürger über das weitere Vorgehen diskutieren können. Die Abschlusspräsentation ist im April geplant. Dann sind Politik und Verwaltung am Zug, um die Projekte umzusetzen und auszuloten, wofür es Fördermittel gibt.