Schwarzenbek. Seit drei Jahren gibt es an der Schwarzenbeker Verbandsschule Nordost einen Schulacker – in Kooperation mit der Buhck-Stiftung.

„Gemüse mag ich nicht“ – Eltern kennen diesen Spruch. Doch für die Schüler der Klasse 3c der Verbandsschule Nordost gilt er nicht: Sie lieben Gemüse, das sie auf ihrem eigenen Schulacker anbauen.

Vor drei Jahren begann die Grundschule, die von der Stadt Schwarzenbek sowie den Gemeinden Elmenhorst, Fuhlenhagen, Grabau, Grove, Havekost, Kankelau und Möhnsen getragen wird, mit Hilfe des Vereins Ackerdemia einen Schulacker anzulegen. Etwa 80 Quadratmeter groß ist der eingezäunte Gartenbereich auf der Rückseite des Schulgebäudes. Nahezu täglich haben Grundschülerinnen und -schüler den Garten betreut: Pflanzen ausgesät oder angepflanzt, zuvor den Boden bearbeitet. Dann wurde gejätet und gegossen, schließlich geerntet.

Schüler der Verbandsschule Nordost werden zu „Profis“ im Gartenbau

Fast schon „Profis“ in Sachen Gartenbau sind die Kinder der Klasse 3c. Unter Leitung ihrer Klassenlehrerin Sabine Rast haben die Neun- bis Zehnjährigen schon in der zweiten Klasse begonnen, im Garten zu arbeiten. Und nicht nur dort, denn nach der Ernte wird das Gemüse in der Schulküche auch gewaschen, geschält und zubereitet. „Guck mal, die habe ich geschält“, sagt Alishba und zeigt auf eine Rote Bete. Obwohl die Neunjährige keine Handschuhe trägt, hat sie wenige rote Flecken an den Fingern. Mitschülerin Laura (10) hat derweil den Kürbis zerlegt und in kleine Stücke zerteilt.

„Die Kinder sind motiviert und hochkonzentriert bei der Arbeit, ich wollte eigentlich mithelfen, hatte aber keine Chance“, sagt Bianca Buhck. Seit zwei Jahren unterstützt die Buhck-Stiftung das Projekt. „Wir kannten Ackerdemia schon vorher, finden deren Arbeit gut und unterstützenswert und hatten den Verein deshalb gebeten, uns mitzuteilen, wenn sich Schulen aus unserer Region anmelden“, so die Vorstandsvorsitzende.

Auch die Verbandsschule Nordost kannte Buhck bereits, sodass der Förderung nichts im Wege stand: Gemeinsam mit der Kreissparkasse Herzogtum Lauenburg trägt die Stiftung die Kosten des auf vier Jahre angesetzten Schulacker-Projekts in Höhe von 1500 Euro.

Gemüse schmeckt am besten, wenn es selber geerntet wurde

Dass es dabei nicht allein um die Vermittlung von Wissen über Lebensmittel geht, hat Buhck bei ihrem Besuch im Garten und der Schulküche festgestellt: „Die Kinder haben das Gemüse voller Hingabe geputzt und zerteilt. Da gab es keine Unruhe.“ Der Bewegungsdrang setzte erst ein, als das Gemüse auf den Backblechen verteilt und mit Öl und Gewürzen in die Backöfen kam.

Neben dem Putzen der Küche mussten sich jetzt die Kinder auch kurz auf dem Schulhof austoben, aber zum Essen waren alle wieder da – und kosteten begeistert vom eigenen Gemüse. „Wir haben schon vegetarisch gekocht, aber diesmal vegan“, sagt Rast, die auch den Eltern der Schüler für deren Engagement dankt: „Ohne sie wäre das so nicht möglich.“

Sabine Rast, Klassenlehrerin der 3c, verteilt das Gemüse: Im Backofen gegrillt schmeckt das selbstgezogene Gemüse ihren Schülern. 
Sabine Rast, Klassenlehrerin der 3c, verteilt das Gemüse: Im Backofen gegrillt schmeckt das selbstgezogene Gemüse ihren Schülern.  © Marcus Jürgensen | Marcus Jürgensen

In diesem Jahr konnten die Schüler erstmals das ganze Spektrum erleben – von der Aussaat bis zur Ernte und der Zubereitung des Gemüses. „Wegen der Corona-Pandemie war das in den Vorjahren nicht möglich“, so Nicole Zettl, Koordinatorin der Offenen Ganztagsschule (OGS). Weil saisonal unterschiedliche Pflanzen wie rote und gelbe Rüben, Salat, Kartoffeln, Zucchini, Erbsen und sogar der seltene Palmkohl, der einer Palme ähnelt, aber wie Grünkohl schmeckt, angebaut wurden, konnten die Kinder drei Mal im Jahr ernten. Problematisch war hingegen die Wasserversorgung vor allem in den heißen Wochen während der Sommerferien, da der Garten nicht mit Leitungs-, sondern mit Regenwasser gegossen werden sollte. Aber auch das klappte schließlich. Jetzt ist die Ackerfläche abgeerntet. In den Wochen nach den Herbstferien haben die Schülerinnen und Schüler noch die Fläche gemulcht und so auf den Winter vorbereitet.

Ackerdemia betreut 1350 Kitas und Schulen

Lebensmittel wachsen nicht in Plastikschalen im Discounter, sondern im Garten und auf dem Acker. Um Kindern zu zeigen, woher das Gemüse kommt und wie viel Arbeit mit Aussaat, Pflege und Ernte verbunden ist, hat Christoph Schmitz das Sozialunternehmen „Ackerdemia“ gegründet, das zugleich ein gemeinnütziger Verein ist. Für Kindergärten und Schulen hat das Unternehmen unter dem Titel „Gemüseackerdemie“ ein Bildungsprogramm entwickelt, bei dem Kinder und Jugendliche als Teil des Unterrichts selbst in der Erde wühlen und lernen, Möhren, Kartoffeln und Kohlgemüse vom Samen bis zur Ernte heranzuziehen. Der studierte Landwirt möchte so nicht nur Gartenbauwissen vermitteln, sondern „mehr Wertschätzung für Natur und Lebensmittel in der Gesellschaft“.

Auf dem Schulacker der Verbandsschule Nordost wachsen auch viele seltene Gemüsesorten wie der Palmkohl, der feiner und milder als der  mit ihm verwandte Grünkohl schmeckt.
Auf dem Schulacker der Verbandsschule Nordost wachsen auch viele seltene Gemüsesorten wie der Palmkohl, der feiner und milder als der mit ihm verwandte Grünkohl schmeckt. © Marcus Jürgensen | Marcus Jürgensen

Die Idee zur Gemüseackerdemie hatte Schmitz, als er am Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung seine Doktorarbeit zum Thema „Die Entfremdung der Gesellschaft von Lebensmitteln“ schrieb. Vom elterlichen Hof im Rheinland kannte Schmitz Besuche von Schulkassen, doch an nur einem Tag ließe sich nicht viel vermitteln, wenn doch Salatpflanzen vier bis sechs Wochen von der Aussaat bis zur Ernte brauchen, Kartoffeln drei Monate und Grünkohl sogar bis zu zehn Monate.

Dem setzt die Gemüseackerdemie eine langfristige Strategie entgegen: Die mittlerweile 120 Mitarbeiter liefern den Schuläckern nicht nur Pflanzen und Saatgut, sondern beraten auch Schüler und Lehrkräfte, erläutern wie nachhaltiges Gärtnern funktioniert. Mehr als 37.000 Kinder und Jugendliche haben Schmitz und seine Mitstreiter in den zehn Jahren seit Gründung erreicht, knapp 900 Einrichtungen von der Idee überzeugen können. Inklusive der Standorte in Österreich und der Schweiz sind es sogar 1350 Kitas und Schulen. In den norddeutschen Bundesländern werden 180 Kitas und Schulen vom Standort Hannover aus betreut.