Schwarzenbek. Feuerwehrleute aus Schwarzenbek können in einem Hänger verrußte Kleidung ablegen und sich waschen. Warum das wichtig ist.
Rauchgase und Ruß können Krebs auslösen. Deshalb ist es für Feuerwehrleute so wichtig, nach einem Einsatz die verschmutzte Kleidung wechseln zu können und zu duschen. Mit einem Hygieneanhänger soll dies für Schwarzenbeks Feuerwehrleute künftig direkt am Einsatzort möglich sein. Der Bauausschuss genehmigte jetzt 90.000 Euro für den Kauf eines Hygieneanhängers. Geesthachts Feuerwehrleute können sich bereits seit Mai dieses Jahres in einem Hygienewagen reinigen, die Berliner Feuerwehr hat so ein Hygienemobil bereits seit 2020 im Einsatz.
Feuerwehr Schwarzenbek: Giftstoffe haften nach dem Einsatz auf der Kleidung
Jeweils zwei Feuerwehrleute bilden einen Atemschutz-Trupp: Mit Maske und Sauerstoffflaschen bekämpfen sie die Flammen in Gebäuden oder erkunden im dichten Qualm den Einsatzort. Geht der Sauerstoffvorrat zur Neige, werden sie von Kameraden abgelöst. Doch Kleidung, Handschuhe, Helm, Maske und Sauerstoffflaschen sind nun durch Rußpartikel sowie Giftstoffe der brennenden Materialien verunreinigt. Chlor, Blausäure, Salzsäure, Phosgen, Benzol, Toluol, Ammoniak und Schwefelwasserstoff listet eine Broschüre der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) als Stoffe auf, die sich nach einer Analyse in den Anzügen angereichert hatten – und das sind noch längst nicht alle. Dafür muss nicht einmal eine Chemiefabrik brennen – ein normaler Wohnungsbrand mit brennenden Möbeln und Elektrogeräten reicht aus.
Legen die ehrenamtlichen Retter nun nur Maske und Flaschen ab, behalten aber ihre Einsatzkleidung an, können sie die gefährlichen Rußpartikel und die weiteren Giftstoffe einatmen, die zudem über die Haut in den Körper gelangen können. Seit 2016 thematisiert die von Feuerwehrleuten gegründete Organisation „Feuerkrebs“ die Gesundheitsgefahren für Einsatzkräfte. Eine kanadische Studie aus dem Jahr 2018 stellte fest, dass Krebs mit 86 Prozent die häufigste Todesursache bei Feuerwehrleuten ist.
Feuerwehrleute ziehen sich bisher im Freien um
Deshalb ziehen sich Feuerwehrleute direkt nach ihrem Einsatz um: Das geschieht derzeit auf offener Straße, manchmal bieten Zelte oder Fahrzeuge zumindest einen Sichtschutz. „Verschmutzte Kleidung sowie Masken und Helme werden dann in Beuteln luftdicht verpackt und gehen so zur Reinigung“, erläutert Wehrführer Jan Piossek, der mit seinem Stellvertreter Timo Lehmann zur Sitzung gekommen war, das aktuelle Verfahren. Die bis auf die Unterwäsche entkleideten Feuerwehrleute erhalten dann Trainingsanzüge und werden zur Reinigung in die Feuerwache an der Lauenburger Straße 46 gefahren. Piossek: „In unserem Gerätehaus haben wir noch keine Schwarz-Weiß-Trennung: Die Kameraden können also mit Resten von Giftstoffen auch das Fahrzeug und die Wache kontaminieren.“ Zudem stehen sie für den Einsatz nicht mehr zur Verfügung.
Mit einem Hygieneanhänger erfolgt die Reinigung direkt am Einsatzort: Hinter einer Klappe sind Hochdruckreiniger und Dusche für eine Vorreinigung verborgen. Im Innenteil gibt es eine Schwarz-Weiß-Trennung: Gleich im Eingangsbereich können die Einsatzkräfte geschützt vor neugierigen Blicken ihre Kleidung ablegen, die wie bisher in Beutel verpackt wird. Hinter einer weiteren Tür gibt es dann Duschen. Zudem ist eine Toilette für die Einsatzkräfte vorhanden. Im Anschluss an die Reinigung können die Feuerwehrleute neue Einsatzkleidung anziehen und stehen wieder als Ablösung für die Kameraden zur Verfügung. Piossek: „Das ist ein weiterer großer Vorteil eines solchen Hygieneanhängers.“
Anhänger mit Schwarz-Weiß- und Geschlechtertrennung
Der Anhänger wird über zwei Türen auf der Rückseite betreten. Im Inneren bleibt es bei dieser Trennung, die nicht nur dem Frauenanteil in den Feuerwehren geschuldet ist: Die Einsatzkräfte sollen sich beim Entkleiden nicht gegenseitig kontaminieren. Nach einer ersten Handwäsche geht es dann im zweiten Raum unter die Dusche, bevor sich die Feuerwehrleute im dritten Raum neu einkleiden können. Im vierten Raum geht es dann durch eine Seitentür gemeinsam wieder nach draußen. Zur Ausstattung gehören deshalb auch Warmwasserbereiter, Abflüsse, Lagermöglichkeiten für benutzte und frische Kleidung. Die Anhänger, die bereits von mehreren Herstellern angeboten werden, sind auf einem zweiachsigen Fahrgestell montiert, das sieben bis acht Meter lang ist.
Grüner kritisiert Anschaffung und erntet Kritik
Kritik an der Anschaffung gab es nur vom grünen Ausschussmitglied Christian Wruck: Piosseks Erläuterungen seien für ihn plausibel, da es aber keine gesetzlichen Vorgaben für derartige Hygienemobile gebe, sei auch die Anschaffung für ihn nicht zwingend. Auch andere Berufsgruppen unterliegen einem Risiko. Dem widersprach vehement Bürgervorsteher Rüdiger Jekubik (SPD): „Allein dass es im Anhänger Toiletten gibt, ist für mich ein unschlagbares Argument.“
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Es sei schon für männliche Einsatzkräfte unwürdig, sich hinter einen Baum oder eine Hausecke zu stellen, doch mittlerweile seien unter den Feuerwehrleuten auch viele Frauen. Auch Maja Bienwald (CDU) und Jennifer Fröhlich (SPD) wiesen Wrucks Kritik scharf zurück. „Ich weiß nicht, wie wir neue Menschen für das Ehrenamt gewinnen wollen, wenn ihnen sagen, dass ihre Gesundheit uns egal ist“, so die CDU-Politikerin.
Letztlich stimmten die Ausschussmitglieder einstimmig für den Haushalts- und Investitionsplan für 2023, in dem auch die Anschaffung des 90.000 Euro teuren Hygieneanhängers enthalten ist. Mit dem Gesamthaushalt beschäftigt sich am Donnerstag, 1. Dezember, um 19 Uhr im Festsaal des Rathauses (Ritter-Wulf-Platz 1) der Finanzausschuss. Am 15. Dezember werden dann die Stadtverordneten auf ihrer letzten Sitzung des Jahres den Etat für 2023 beraten.