Der neue Hygienewagen der Geesthachter Feuerwehr setzt bundesweit Maßstäbe. Warum das Fahrzeug so wichtig ist.
Geesthacht. Der „Neue“ ist zwar bereits gut zwei Monate einsatzbereit am Standort der Geesthachter Feuerwehr am Kehrwieder, aber offiziell übergeben war er noch nicht. Diese Zeremonie erfolgte am Montagabend. Die Geesthachter Feuerwehr ist nun um ein spektakuläres Fahrzeug reicher: Der maßgeschneiderte Hygienewagen ermöglicht es Feuerwehrleuten, sich nach einem Löscheinsatz ihrer mit gesundheitsgefährdeten Schadstoffen belasteten Einsatzkleidung sicher und komfortabel zu entledigen.
Geesthachter Hygienewagen ist einzigartig in Schleswig-Holstein
Der Hygienewagen ist nach Aussagen der Feuerwehrleute eine Rarität, einzigartig in Schleswig-Holstein. Etwas Vergleichbares sei bundesweit höchstens bei großen Berufsfeuerwehren zu finden. Und er setzt Maßstäbe. Die Stadt Lauenburg plant nun nach Vorbild der Geesthachter Wehr eine ähnliche Anschaffung. Mittlerweile hat sich die Existenz eines solchen Fahrzeuges in Geesthacht – auch dank des Artikels unserer Zeitung, wie zu hören war – bei Wehren bis nach Süddeutschland herumgesprochen.
Ausgedacht hat sich das Konzept Thomas Marbes, in Doppelfunktion Feuerwehrmann und Mitarbeiter der Stadtverwaltung im Fachdienst Öffentliche Sicherheit. Er hätte das Fahrzeug gern auf der Feuerwehr-Messe im Juni in Hannover ausgestellt gesehen, aber das ergab sich dann doch nicht. Auch so kommen immer wieder Anfragen für eine Besichtigung.
Die Feuerwehrmänner und -frauen waren am Montag um 19 Uhr auf dem Hof am Kehrwieder vor der Wache angetreten, als Bürgermeister Olaf Schulze die Sache formell machte. „Das ist etwas Besonderes, es zeigt auch, dass uns die Geesthachter Wehr schon ein bisschen was wert ist“, sagte er. Ihn begleitete die neue Stadträtin Melanie Grimm-Meyer bei ihrem ersten offiziellen Auftritt. Am 15. Juli war ihr Dienstantritt. Auch die Feuerwehrleute aus Grünhof-Tesperhude werden Nutznießer des Spezialfahrzeugs sein.
Aus den Anfängen mit ersten Strichzeichnungen von Thomas Marbes im März 2020 wurde eine Skizze, daraus eine Konstruktionszeichnung. Das Konzept sieht einen Kreislauf vor. Vor dem Eingang hinter der Beifahrertür gibt es eine Vorwäsche. Im klimatisierten Fahrzeug wird die Einsatzkleidung abgelegt, in luftdichte Haushaltssäcke verpackt und in eine Kiste gelegt. Die Säcke werden später zum Waschen durch eine Klappe auf der Fahrerseite von außen entnommen. Für Gesichts- und Handwäsche ist im Innenraum ein Waschbecken. Die Person im Fahrzeug wechselt dann in den durch eine Tür abgetrennten sauberen Bereich, entnimmt aus einem Spint frische Kleidung und steigt am Heck gesäubert aus.
Die Politik zog mit, sah in dem zu bauenden Wagen eine deutliche Verbesserung der Situation in der Phase nach der Brandbekämpfung. Denn die Ausdünstungen aus der vergifteten Einsatzkleidung können zu Krebs führen, und das Anlegen von sauberer Kleidung musste bisher vor Blicken und Wetter ungeschützt im Freien erfolgen. Die auf 160.000 Euro taxierten Kosten für den Bau wurden zügig freigegeben.
Dementsprechend galt der Dank von Ortswehrführer Sascha Tönnies auch den zuständigen Ausschüssen. Die Mitglieder werden die Chance bekommen, das Fahrzeug zu besichtigen, versprach er in seiner Ansprache.
Der erste Einsatz steht noch aus – ein Stoppelbrand langt nicht
Ausgeliefert wurde der Wagen von der Firma GSF Sonderfahrzeugbau, das Fahrgestell stammt von Mercedes. Wegen Lieferengpässen bei der Elektronik verzögerte sich die Fertigstellung von Dezember auf Mai.
Der Hygienewagen wartet nun auf den ersten Einsatz. Die Flächenbrände auf Feldern vor Kurzem reichten nicht: Verbranntes Stroh ist als Giftstoff eher unauffällig. Die Stunde des Hygienewagens schlägt nach Wohnungsbränden, wenn viele verbrannte Kunststoffe im Qualm gewesen sind.