Hamwarde. Eklat bei Sitzung zu PV-Anlage am Jetmoorweg. Kommunalpolitiker fühlen sich durch Sprecherin der Bürgerinitiative verunglimpft

Der Ton in der Debatte um die geplante Photovoltaik-Anlage am Ortsrand von Hamwarde wird rauer. In der Sitzung der Gemeindevertretung (GV) am Donnerstag, 21. September, kam es bei der Einwohnerfragestunde zu einem Eklat. Sabine Bibow, Sprecherin der Bürgerinitiative (BI) gegen die 15 Hektar große Freiflächenanlage am Jetmoorweg, hat den gewählten Kommunalpolitikern indirekt Nähe zur Ideologie der Nationalsozialisten vorgeworfen. Die derart Gescholtenen reagierten empört und prüfen, ob sie rechtliche Schritte einleiten.

Was ist geschehen? In ihrem Redebeitrag wies Bibow darauf hin, dass der Vertreter der Investorenfirma für die PV-Anlage, die Green Fox Energy GmbH aus Hamburg, den Bau der Anlage damit rechtfertigte, dass Gemeinwohl höher zu stellen sei als Eigennutz. Dies steht so in den schriftlichen Antworten zu den kritischen Fragen der Bürgerinitiative, die der Vertreter am 31. August im Rahmen einer gut besuchten Einwohnerversammlung auch persönlich beantwortet hatte.

Hamwarde: Kommunalpolitiker fühlen sich verunglimpft

„Ich möchte wissen, ob Sie diesen Satz mal hinterfragt haben?“, fragte Bibow die Gemeindevertreter. Sie sieht darin eine Abwandlung des Ausdrucks „Gemeinnutz vor Eigennutz“ aus dem 25-Punkte-Programm der NSDAP. Bibow zitierte dabei aus einem Beitrag des wirtschaftsliberalen Onlinemagazins „Tichys Einblick“.

Der Vertreter von Green Fox habe entweder aus Dummheit und Unwissenheit gehandelt, weshalb die Richtigkeit seiner anderen Ausführungen infrage zu stellen sei. Oder er habe absichtlich gehandelt, um das Solarkraftwerk durchzusetzen. Und so Bibow weiter: „Ich bitte Sie als Gemeindevertreter [...], sich sofort [...] von Greenfox zu distanzieren. Ich könnte Sie auch auffordern, mit sofortiger Wirkung von Ihren Ämtern zurückzutreten, denn die Nähe zur Nazi-Ideologie ist verfassungsfeindlich.“

In Hamwarde gibt es zahlreiche Plakate der Bürgerinitiative gegen die PV-Anlage.
In Hamwarde gibt es zahlreiche Plakate der Bürgerinitiative gegen die PV-Anlage. © Dirk Schulz | Dirk Schulz

Danach war die Stimmung aufgeheizt und tumultartig. „Ich lasse mich nicht als Nazi beschimpfen“, sagte Bürgermeister Rüdiger Knoop (CDU) und kündigte an, dass sowohl das Amt Hohe Elbgeest als auch die Gemeinde prüfen würden, zivilrechtliche Schritte gegen Bibow einzulegen. „Es wurde eine rote Linie überschritten. Man kann inhaltlich anderer Meinung sein, aber uns deshalb in die Nähe der NS-Ideologie zu rücken, geht gar nicht“, so der stellvertretende Bürgermeister Alexander Timm (SPD). Auch viele der etwa 50 Zuschauer hätten kein Verständnis für Bibow aufgebracht.

Sprecherin der BI: „Jetzt stehe ich am Pranger“

Auf diesem Acker am Jetmoorweg am Ortsrand von Hamwarde soll auf 15 Hektar Fläche (entspricht 21 Fußballfeldern) eine PV-Anlage entstehen.
Auf diesem Acker am Jetmoorweg am Ortsrand von Hamwarde soll auf 15 Hektar Fläche (entspricht 21 Fußballfeldern) eine PV-Anlage entstehen. © Dirk Schulz | Dirk Schulz

Sabine Bibow selbst versteht die Aufregung nicht. „Es war ein bisschen provokant. Das gebe ich zu. Aber ich habe im Konjunktiv gesprochen. Das zeigt mir, dass sie nicht richtig zugehört haben. Außerdem ist es immer das Gleiche. Es wird der verteufelt, der den Finger in die Wunde legt. Und jetzt stehe ich am Pranger.“ Die Stimmung im 850-Einwohner-Ort bleibt aufgeheizt.

Mehr zum Thema

Doch beschlossen wurde auch etwas: Die Gemeindevertreter formulierten einen Antrag der BI dahingehend um, dass sich Hamwarde beim Abstand von PV-Anlagen zur Wohnbebauung am neuen Regionalplan III orientieren will. Die konkrete Meterangabe (250), wie gewünscht, strichen die Politiker. Damit hatte sich auch die Erstellung eines Flächennutzungs- und eines Bebauungsplans am Jetmoorweg erledigt. Diese Punkte wurden vertagt. Zudem hat Hamwarde Kontakt zu den Stadtwerken Geesthacht aufgenommen, also einem möglichen lokalen Investor aus der Region.