Ratzeburg. Im Kreistag Herzogtum Lauenburg sind sie gescheitert, jetzt sollen es Richter regeln: Populisten fordern Vorsitz im Forstausschuss.
Die AfD-Fraktion im Kreistag Herzogtum Lauenburg klagt vor dem Verwaltungsgericht Schleswig-Holstein. Der Vorwurf: Die Fraktionen von CDU, SPD, Grünen und FDP missachteten den Wählerwillen, indem sie der AfD-Fraktion den ihr zustehenden Vorsitz im Forstausschuss sowie den stellvertretenden Vorsitz im Jugendhilfeausschuss verweigern.
Kreistag Herzogtum Lauenburg: AfD-Fraktion zieht vor das Verwaltungsgericht
Die AfD-Fraktionsvorsitzende fährt schweres Geschütz auf. Mit den Entscheidungen, den AfD-Kandidaten die jeweiligen Positionen zu verweigern, „treten die Fraktionen der Altparteien die Demokratie mit Füßen“, so Andrea Schroeder. Nach dem Ergebnis der Kommunalwahl vom 14. Mai stünden der AfD-Fraktion der Ausschuss-Vorsitz und ein Vize-Vorsitz zu.
Tatsächlich werden die Ausschüsse des Lauenburgischen Kreistags wie auch aller anderen Kreistage, Stadtverordnetenversammlung und Gemeindevertretungen im Land entsprechend der jeweiligen Kräfteverhältnisse besetzt. Für die üblichen 11er-Ausschüsse bedeutet dies, dass die CDU-Fraktion in Ratzeburg jeweils vier Politiker entsendet, SPD und Grüne je zwei. FDP, Freie Wähler und AfD sind mit je einem Ausschussmitglied vertreten.
Ausschussvorsitzende benötigen Bestätigung durch Kreistag
Die jeweiligen Ausschussvorsitzenden und Stellvertreter werden auf Vorschlag der verschiedenen Fraktionen vom Kreistag gewählt. Als stärkste Fraktion durfte die CDU als Erstes einen Ausschuss auswählen, dann folgten die weiteren. Nachdem die beiden Vorschläge der AfD in geheimer Wahl jeweils nicht die erforderliche Mehrheit erhalten haben, unternimmt die Fraktion zur nächsten Kreistagssitzung am 28. September einen neuen Anlauf, jeweils wieder mit den gescheiterten Kandidaten, Holger Stienen und Erika Damerow.
Und strengt zugleich vor dem Verwaltungsgericht Schleswig ein sogenanntes „Kommunalorganstreitverfahren“ an. „Wir sehen uns in unseren Rechten beschnitten und erhoffen uns, dass das Verwaltungsgericht Recht spricht“, begründet Schroeder diesen Schritt.
Drei AfD-Kreistagsfraktionen klagen in Schleswig
In Schleswig haben bereits AfD-Fraktionen aus anderen Kreistagen entsprechende Klagen eingereicht, aus den Kreisen Stormarn und Pinneberg. Dass die AfD ein Vorschlagsrecht für die entsprechenden Positionen hat, sei nicht zu bestreiten, bestätigt Karsten Steffen, stellvertretender Sprecher der Kreisverwaltung und Leiter des Fachdienstes Kommunales.
Ausschusssitze werden nach Kräfteverhältnis vergeben
Was bleibt, ist die Frage, wie genau die AfD argumentieren will. Anders als die Vergabe der Ausschusssitze, die allein auf Basis des Kräfteverhältnisses im Kreistag erfolgt, benötigen Ausschussvorsitzende und Stellvertreter die Bestätigung durch den Kreistag, um ins Amt zu kommen.
Aus gutem Grund: Vorsitzende haben über die Tagesordnung Einfluss darauf, was und wie in Sitzungen beraten wird, müssen zudem die Beratungen leiten, ohne die eigene Position zum Maßstab zu machen.
Ausschussvorsitzende haben mehr Einfluss
„Die Klage richtet sich gegen den Kreistag, die Kreispräsidentin, nicht gegen die Kreisverwaltung“, betont Karsten Steffen. Bleibt die zentrale Frage: Wollen Richter entscheiden, wie gewählte Kreistagsabgeordnete in einer geheimen Wahl abstimmen sollen, ja aus Sicht der AfD-Fraktion abstimmen müssen?
Jens Meyer, Vorsitzender der SPD-Kreistagsfraktion und Jurist, blickt der Klage der AfD gelassen entgegen. „Kein Gericht der Welt kann den Abgeordneten vorschreiben, wie sie zu wählen haben. Das gilt auch für das Verwaltungsgericht in Schleswig.“
Ein neuer Wahlgang werde nichts an der Haltung der SPD-Fraktion ändern. Jeder Abgeordnete könne nach seinem Gewissen entscheiden. „Die Mitglieder meiner Fraktion lehnen aber alle eine Zusammenarbeit mit der AfD ab“, so Meyer.
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Ähnlich sieht es die Vorsitzende der FDP-Fraktion, Judith Gauck. Sie gehe davon aus, dass bei der vorherigen Wahl alle Regeln eingehalten worden sind. „Es ist eine geheime Wahl, bei der jeder für sich entscheiden kann. Meine Haltung ist aber ganz klar, dass Partei und Personen nicht tragbar sind.“ Sie glaube nicht, dass die beantragte erneute Wahl Veränderung mitbringt: „Es hat sich gezeigt, dass die Ausschüsse auch so arbeitsfähig sind.“
Judith Gauck findet es legitim, dass Mandatsträger zu juristischen Mitteln greifen, wenn sie sich benachteiligt fühlen. „Die AfD beruft sich dabei allerdings immer wieder auf demokratische Instrumentarien, die sie eigentlich ablehnt.“