Ratzeburg. Fortsetzung der Koalition im Ratzeburger Kreistag? Grüne: Der Ball liegt im Feld der CDU, sie hat die Wahl gewonnen.

Im Gegensatz zu FDP, Freien Wählern und AfD haben die großen Parteien in den Wahlen zum Lauenburgischen Kreistag Stimmen eingebüßt. Während die CDU sich mit 35,5 Prozent knapp behauptete (minus 0,4%), und die Grünen nur leicht verloren (17,1, minus 1 %), straften die Wähler die SPD ab.

Mit einem Minus von 4,3 Prozent landeten die Sozialdemokraten bei 20,6 Prozent. Trotz dieser Einbußen ziehen die drei Fraktionen mit mehr Abgeordneter als 2018 in den neuen Kreistag.

Erdrutsch: CDU gewinnt alle Wahlkreise

Grund: Weil die CDU alle 23 Wahlkreise gewann, damit mehr Politiker entsendet, als der Union nach dem Stimmenergebnis zustünden, erhalten die anderen Fraktionen Ausgleichsmandate. Die SPD entsendet 13 Politiker nach Ratzeburg, die Grünen 11, die AfD 6, die FDP 4 und die Freien Wähler 3. Linke, Basis und Aktive Bürger Büchen sind mit jeweils einem Politiker vertreten. Das Gremium selbst erreicht eine nie gekannte Größe. Statt 45 zogen 2018 zuletzt 49 Abgeordnete ein, dieses Jahr steigt die Zahl auf 63.

Der Gedanke, mit SPD-Spitzenkandidatin Gitta Neemann-Güntner das Amt der Kreispräsidentin anzustreben, ist mit dem Ergebnis Makulatur. Doch auch Gerüchte, CDU-Spitzenkandidat Norbert Brackmann könnte die Nachfolge von Meinhard Füllner anstreben, haben keinen Bestand.

Eine Frau soll Kreispräsidentin werden

Der langjährige CDU-Fraktionschef will weiter Politik gestalten, im Gespräch ist eine namhafte Christdemokratin mit langjähriger Erfahrung. „Dass wir alle Wahlkreise gewonnen haben, zeigt, wie dicht wir mit unserer Politik bei den Bürgern sind“, sagt Brackmann. Klimaschutz, Bildung und innere Sicherheit, die Zukunftsfragen stünden für die CDU auch die kommenden fünf Jahre im Zentrum ihrer Politik.

Die SPD-Spitzenkandidaten Gitta Neemann-Güntner und Jens Meyer haben eine deutliche Niederlage erlitten.
Die SPD-Spitzenkandidaten Gitta Neemann-Güntner und Jens Meyer haben eine deutliche Niederlage erlitten. © BGZ | Kai Treffan

SPD von Wucht des bundespolitischen Trends überrascht

Naturgemäß sehen SPD wie auch Grüne die Gründe für ihre Einbußen eher in Bundes- und Landespolitik als auf der kommunalen Ebene. „Wir haben die schwierigen Rahmenbedingungen gesehen, aber mit seiner solchen Wucht haben wir nicht gerechnet“, sagt der langjährige Vorsitzende der SPD-Kreistagsfraktion Jens Meyer.

Die schwache Kommunikation der an sich richtigen Bundespolitik habe der SPD in der Kommunalwahl geschadet. Nicht die Außenwirkung von Bundeskanzler Olaf Scholz und auch nicht das eigene Wahlprogramm.

Grüne: Haben keine Fehler gemacht, die Einbußen erklären

„Ich sehe nicht, wo wir im Kreis solche Fehler gemacht haben sollen, die unsere Einbußen erklären“, sagt die Grüne Spitzenkandidatin Anna Dorothea Granz. Oben auf der grünen Agenda für die kommenden Jahre sieht Mitstreiter Marcus Worm neben den Bau eines Hallenbades im Südkreis den Grundwasserschutz.

Dazu kommt, die Kreisforsten widerstandsfähiger gegen den Klimawandel zu machen, durch Ausweitung nicht bewirtschafteter Flächen. Im Gegensatz zu SPD und Linken gehen die Grünen davon aus, dass ein aktiver, großflächiger Umbau nicht sinnvoll ist: „Der Wald verjüngt sich von selbst.“

Waldumbau? Grüne: Der Wald verjüngt sich selbst

Eher abwartend und dichter bei der CDU sind die Grünen im Falle der von der SPD geforderten Kommunalisierung der beiden Krankenhäuser im Kreis. Während die Sozialdemokraten auf diesem Wege ihr Überleben und die Klinikversorgung dauerhaft sichern wollen, hält Norbert Brackmann dagegen. „Wenn dies sinnvoll wäre, wären doch die beiden früheren Kreiskrankenhäuser nicht in andere Trägerschaft übergegangen.“

„Eine Kommunalisierung ist nicht unsere erste Option“, sagt Worm. „Sollte es trotz unser aller Engagement zu einer Schließung kommen, müssen wir zumindest dafür Sorge tragen, dass die Notfallversorgung erhalten bleibt.“

Wenn Krankenhäuser schließen, wollen Grüne Notfallversorgung retten

Die kommunale Eben könne nicht überall eingreifen, wo andere sich aus der Verantwortung ziehen, meint Brackmann. Aufgabe der Kommunen seien etwa Katastrophenschutz und Ausbau des ÖPNV. Die Kommunen seien extrem belastet mit der Bewältigung der Zuwanderung und Sanierung ihrer Schulen.

„Wir können nicht alles retten, neben den Klinikstandorten auch die hausärztliche Versorgung.“ Aus Brackmanns Sicht ist Kiel gefordert, bessere Absprachen zur Krankenhausversorgung mit den Nachbarländern Hamburg und Niedersachsen zu treffen.

Ball für weitere Zusammenarbeit liegt im Feld der CDU

Was eine Fortsetzung der bisherigen schwarz-grünen Zusammenarbeit anbelangt, sieht Marcus Worm „den Ball im Feld der CDU, sie hat die Wahl gewonnen“. Eine Mehrheit gegen die CDU zu organisieren, sei nur möglich, wenn SPD, Grüne, FDP und etwa ABB kooperierten, „für uns war die Zusammenarbeit mit der CDU fruchtbar“.

Der Wahlverlierer SPD will jetzt zunächst Gespräche mit den kleineren Fraktionen über die Möglichkeiten einer Zusammenarbeit führen, kündigt Jens Meyer an. „Auch wenn 4,1 Prozent ein herber Verlust sind und das Erstarken der AfD schmerzt – als Demokraten müssen wir das Ergebnis akzeptieren und damit umgehen.“