Lauenburg. Jede Straße wurde per Kamerafahrzeug erfasst. Daraus entstand ein virtueller Zwilling. Was Datenschützer dazu sagen.
Auffällig lackierte Fahrzeuge waren in den vergangenen Wochen in Lauenburg unterwegs. So manch einer fühlte sich bei ihrem Anblick vielleicht an einen Agentenfilm erinnert, denn dass die Kamera auf dem Dach die Umgebung genau scannte, sah man zumindest auf den zweiten Blick. Doch der Grund dieser Fahrten war harmlos. Die Autos der Firma Cyclomedia Deutschland fuhren im Auftrag der Versorgungsbetriebe Elbe durch die Stadt. Seit 2017 sind diese Fahrzeuge regelmäßig in der Stadt unterwegs und erstellen hochauflösende 360-Grad-Panoramabilder der einzelnen Straßenzüge.
Baumaßnahmen koordinieren oder Hausanschlüsse am Schreibtisch planen – die Mitarbeiter der Versorgungsbetriebe Elbe nutzen dafür eine spezielle Software. Mittels Street Smart können sie jeden Bereich in der Stadt am Bildschirm wie bei einem Vor-Ort-Termin genau unter die Lupe nehmen.
Versorgungsbetriebe Elbe: Virtueller Blick auf Lauenburg
Selbst Überflutungen lassen sich simulieren, wenn die Bilder der Straßen und Plätze mit den Plänen des unterirdischen Leitungsnetzes verknüpft werden. Doch das Stadtbild verändert sich, und damit sind die einmal erstellten Bilder nicht mehr uneingeschränkt verwendbar. Deshalb müssen die Daten von Zeit zu Zeit erneuert werden.
Jede Aufnahme enthält Angaben über den Ort, die Himmelsrichtung und die Uhrzeit. „Wir nutzen die Bilder intern, um Prozesse zu verbessern. Sicherheitshalber hatten wir die aktuellen Fahrten bis 15. September geplant, aber alles lief diesmal perfekt. Wir rechnen damit, Mitte Oktober die Daten zu haben“, sagt Christian Meyer, Technischer Leiter der Versorgungsbetriebe. Das Unternehmen verspricht sich von der neuen Vermessung genauere Daten als 2017 und damit ein exaktes digitales Abbild der Stadt.
Präzise Aufnahmen sogar bei 120 Stundenkilometern
Äußerlich haben sich die Fahrzeuge kaum verändert: Die Dächer sind wie schon 2017 mit Kameras und Laserscanner ausgestattet. Doch die Technik hat sich in den vergangenen vier Jahren deutlich weiterentwickelt. Waren die Fahrzeuge bei ihren ersten Einsätzen in Lauenburg oftmals ein Verkehrshindernis, dürfte dieser Kritikpunkt inzwischen vom Tisch sein.
„In den letzten Jahren wurde ein Panorama-Aufzeichnungssystem entwickelt, das einzigartig ist in Bezug auf Geschwindigkeit, Auflösung und Präzision der Lage“, heißt es auf der Webseite der Firma Cyclomedia. Mit anderen Worten: Würde das Messfahrzeug mit 120 Stundenkilometern unterwegs sein, so könnte es immer noch Standortinformationen mit einer maximalen Abweichung von zehn Zentimetern liefern. Verkehrszeichen, Straßenmarkierungen, Straßenlaternen, Gebäude und Dächer wären dann immer noch deutlich erkennbar.
Panoramabilder werden von Versorgungsbetrieben nur für deren Arbeit genutzt
Genau das ist das Problem, das Datenschützer schon vor drei Jahren auf den Plan gerufen hatte. Damals begannen die Stadtbetriebe von Schwarzenbek den Service zu nutzen. „Uns haben in den letzten Monaten mehrere Nachfragen und Beschwerden zu solchen Kamerafahrten in verschiedenen Landesteilen erreicht“, sagte die Landesdatenschutzbeauftragte Marit Hansen damals gegenüber unserer Zeitung.
Denn obwohl die Panoramabilder anders als bei Google Streetview nicht im Internet veröffentlicht, sondern ausschließlich von den Versorgungsbetrieben für deren Arbeit genutzt werden, waren die obersten Datenschützer des Landes alarmiert. Damals fehlte nämlich in den Ankündigungen der Kamerafahrten der Hinweis auf eine Widerspruchsmöglichkeit für die Bürger.
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Cyclomedia versichert: Gesichter und Kennzeichen werden gepixelt
Doch diese Möglichkeit ist ohnehin eingeschränkt. Cyclomedia versichert, dass Gesichter und Autokennzeichen gepixelt werden. Damit sei man auch aus Sicht der Datenschützer keine „betroffene Person“ und hätte kein Widerspruchsrecht. Anders sieht es dagegen aus, wenn die Kameras in Häuser oder Gärten hineinfilmen würden. Allerdings werden die 360-Grad-Bilder aus einer Höhe von 2,10 Meter aus aufgenommen und bilden damit meist ab, was durch Unbeteiligte ohnehin eingesehen werden kann.
Dennoch ist die Firma verpflichtet, auf das Widerspruchsrecht hinzuweisen. „Wenn eines unserer Bilder personenbezogene Daten von Ihnen zeigt, können Sie den Zugriff, die Berichtigung, die Löschung und die Einschränkung der Verarbeitung verlangen. Sie können außerdem Widerspruch gegen die Verarbeitung Ihrer personenbezogenen Daten einlegen. Bei der Ausübung eines solchen Widerspruchs sind die Gründe darzulegen, weshalb wir Ihre Daten nicht, wie von uns üblicherweise durchgeführt, verarbeiten sollen“, heißt es auf der Webseite www.cyclomedia.com. Hier ist auch ein Formular für die Erklärung des Widerspruchs abrufbar.