Lauenburg. Wegen Arbeiten fahren monatelang weder Busse noch Taxis. Anwohner erreichen Grundstücke nur zu Fuß. Lösung bislang nicht in Sicht.
Die Anwohner der Hafenstraße in Lauenburg sind Kummer gewöhnt. Normalerweise schieben sich besonders im Berufsverkehr die Fahrzeuge Stoßstange an Stoßstange über die Ortsdurchfahrt der B209. An einen gemütlichen Grillnachmittag im Garten ist dann kaum zu denken. Doch jetzt ist weit und breit kein Fahrzeug auf der Straße zu sehen – kein schwerer Laster, kein Wohnmobil und auch kein Auto.
Ruhig ist es trotzdem nicht. Bauarbeiten stehen an. Seit drei Tagen fräsen schwere Baumaschinen den Asphalt von der Straße. Zwischen Schleuse und Dan Tobacco ist die Hafenstraße voll gesperrt. Die Stadt nutzt die dreimonatige Sperrung der Elbbrücke, um das Kanalsystem in diesem Straßenabschnitt zu sanieren. Dafür gibt es einen guten Grund: Die vielen Pendler von und nach Niedersachsen sind in dieser Zeit auf dieser Bundesstraße nicht unterwegs.
Die Schäden, die jetzt beseitigt werden müssen, sind mittlerweile zehn Jahre alt. Die schweren Einsatzfahrzeuge während des verheerenden Hochwassers im Juni 2013 haben im Untergrund der Straße schwere Schäden hinterlassen. Für die Stadt entstehen aus dieser Maßnahme daher keine Kosten. Aus dem Topf Wiederaufbauhilfe Hochwasser werden die Kanalarbeiten zu 100 Prozent finanziert.
Hafenstraße drei Monate wegen Bauarbeiten gesperrt – Grundstücke nicht erreichbar
Wer in diesem Bereich wohnt, hat Pech. Die Grundstücke sind mit dem Auto nicht erreichbar. Aber auch wer außerhalb der Sperrzone wohnt und auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen ist, hat ein Problem. Der Stadtbus (Linie 138), der normalerweise über die Hafenstraße zum Bahnhof fährt, verkehrt während der Bauarbeiten nur zwischen Palmschleuse und ZOB.
„Wir sind hier eingesperrt. Zum Glück bin ich noch einigermaßen gut zu Fuß“, sagt Günther Aviszus. Der Rentner fährt seit Jahren kein Auto mehr. Zum Einkaufen und für andere Besorgungen müssen er und seine Frau jetzt fast zwei Kilometer bis zur Bushaltestelle laufen oder einen beschwerlichen Auf- und Abstieg über den Sägemühlenweg in Kauf nehmen. Andere Anwohner treffe es noch wesentlich schlimmer. „Hier wohnen viele ältere Leute. Für sie ist die dreimonatige Sperrung eine Katastrophe“, weiß er.
Anwohner schlagen alternative Busroute vor
Dass die Straße saniert werden muss, dafür haben Aviszus und seine Nachbarn Verständnis – trotz der monatelangen Lärm- und Staubbelastung. „Wir hätten aber erwartet, dass man darüber nachdenkt, wie die Leute zum Arzt kommen oder zum Einkauf. Schließlich handelt es sich ja nicht nur um ein paar Tage“, kritisiert Jürgen Mähl. Die Anwohner ärgern sich über die lapidare Aussage auf der Lauenburger Webseite: „Zusätzliche Transportangebote wird die Stadt nicht anbieten.“
Dabei würde es durchaus Alternativen geben, meint Aviszus. Vor ein paar Tagen hatten er und ein paar Nachbarn die Köpfe zusammengesteckt. Es wäre möglich, so haben sie ausgetüftelt, dass der Bus bis zur Schleuse fährt und dort die Leute aussteigen lässt. Dann könne er ohne Fahrgäste auf dem Parkplatz am unteren Maxgrund wenden, um die Fahrgäste an der Schleuse in Gegenrichtung einsteigen zu lassen. „Damit wäre vielen Bewohnern ein ganzes Stück geholfen“, weiß Jürgen Mähl.
- Mit neuer Elbbrücke kriegt Lauenburg auch die Ortsumfahrung
- Großraum Hamburg: Im Osten droht ein Verkehrskollaps
- Was die Sperrung der Elbbrücke für Unternehmen bedeutet
Stadt sichert Prüfung der Vorschläge zu
Bei der Stadt läuft die Koordination der Baustelle bei Benjamin Plate aus dem Tiefbauamt zusammen. Er hatte sich am Freitagvormittag viel Zeit genommen, um mit den Anwohnern deren Sorgen zu besprechen. „Wir haben mit der VHH im Vorfeld der Baumaßnahme alle möglichen Varianten durchgespielt. Allerdings war diese Überlegung noch nicht dabei“, räumte er ein. Jedoch dämpfte er die Hoffnung, dass damit die Lösung des Problems schon gefunden sei: „Große Busse können da nicht wenden. Dass kurzfristig ein Kleinbus für die Strecke zur Verfügung steht, ist nicht sehr wahrscheinlich.“
Jürgen Mähl wollte wissen, ob die Stadt für die Zeit der Baumaßnahme nicht einen Kleinbus anmieten könne. „Auch darüber haben wir bereits nachgedacht, aber es fehlt schlichtweg an Busfahrern, die diese Fahrten übernehmen könnten“, bedauerte Plate. Allerdings, so sicherte er zu, würde in der Stadt mit Hochdruck an einer Lösung gearbeitet. Behindertenbeauftragter Siegfried Betge hätte sich ebenfalls schon eingeschaltet. „Ich gehe davon aus, dass wir Ihnen in der nächsten Woche Näheres sagen können“, stellte er in Aussicht.
Es gab zwar keine Lösung, aber am Ende doch zufriedene Gesichter. „Den Vorwurf, dass die Stadt über unsere Situation nicht nachdenke, müssen wir zurücknehmen“, sagte Aviszus. Er und seine Mitstreiter wollen Benjamin Plate nun beim Wort nehmen. Der hatte sich ausdrücklich für die Hinweise bedankt. „Ich gehe davon aus, dass die Verantwortlichen eine Lösung für uns finden werden“, glaubt auch Jürgen Mähl.