Lauenburg. Poker um Flächenkauf: Politik gibt Baugenossenschaft grünes Licht. Nach der Abwicklung will die Neue Lübecker Bauanträge stellen.
Für einiges Stirnrunzeln hat die Nachricht gesorgt, dass seit Abschluss des notwendigen Bebauungsplanverfahrens fast drei Jahre vergangen sind, ohne dass die Neue Lübecker Wohnungsbaugenossenschaft (NL) ihre Pläne für ein großes Bauprojekt in Lauenburg zur Genehmigung vorgelegt oder gar mit dem Bau begonnen hätte. Im Westen Lauenburgs im Bereich Breslauer Straße, B5 und B209 wollte die Genossenschaft ein Vorhaben realisieren, auf das viele In Lauenburg bereits warten: altengerechte Wohnungen mit Anbindung an Service-Angebote (betreutes Wohnen).
Auf eine allgemeine Nachfrage hat die Baugenossenschaft vor einigen Tagen darauf verwiesen, dass explodierende Baupreise und Materialkosten sowie die „erheblich verschlechterten wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen“ die Neue Lübecker erheblich treffen. „Wir werden jedoch alle bereits begonnenen Neubauvorhaben fertigstellen. Das gilt auch für die Neubauten, bei denen wir noch Bauverträge, Finanzierungen beziehungsweise Förderverträge zu den vergangenen günstigeren Konditionen sichern konnten“, hatte Technikvorstand Uwe Heimbürge erläutert.
Bauprojekt für betreutes Wohnen „ist nicht gestoppt“
Andere Neubauvorhaben habe man zurückstellen müssen, da die aktuellen Marktbedingungen eine Gegenfinanzierung durch „verantwortbare Mieten“ nicht möglich erscheinen lassen. Nach Auskunft der NL ist das Bauvorhaben im B-Plangebiet Lauenburg 100 jedoch nicht gestoppt: „Seit Mai haben wir die notwendigen Beschlüsse des Kreistages für den Verkauf des Grundstücks an die NL und derzeit wird der Kaufvertrag vorbereitet. Das Vorhaben ist nicht gestoppt. Nach der Beurkundung des Kaufvertrages gehen wir in die Konkretisierung der Bauantragsplanung“, so Heimbürge.
Hat die NL die Planungen für ein Millionen-Euro-Projekt angeschoben, ohne im Besitz der benötigten Flächen zu sein? Und ohne Klärung, wie diese in ihren Besitz kommen? Hat die NL etwa agiert wie manche freien Projektplaner, die auf dem Weg testen, was für Projekte wirtschaftlich umsetzbar und politisch durchsetzbar erscheinen?
Erbpachtvertrag hat der Neuen Lübecker nicht gereicht
Nein, die Verzögerungen haben im konkreten Fall andere Gründe: Die Baugenossenschaft, mit mehr als 15.000 Wohnungen eine der großen im Land Schleswig-Holstein, will ihr Vorhaben nicht auf einer Erbpachtfläche realisieren. Auch der Umstand, dass der Flächeneigentümer und Verpächter der Kreis Herzogtum Lauenburg war und zudem bereits ein Erbpachtvertrag mit der NL bestand, reichte den Verantwortlichen nicht.
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Der Kreis trage keine Verantwortung an den Verzögerungen, betont Kreissprecher Tobias Frohnert. Erst 2022 sei die Genossenschaft mit ihrem Kaufwunsch an den Kreis herangetreten. Allein die Aussage, ohne Eigentümer der Fläche zu sein, rechne sich das NL-Vorhaben nicht, habe die Kreispolitiker nicht gleich überzeugt.
Politik will Kontrolle behalten, um Spekulationen vorzubeugen
„Es gibt eine grundsätzliche Haltung, dass Erbbaurecht den Vorzug genießt vor dem Verkauf von Flächen“, bestätigt Frohnert. Damit sind die Entscheider im Kreis keineswegs allein. Weil Spekulationen mit Bauland vielerorts immer skurrilere Züge angenommen haben, versuchen Kommunen über Erbbauverträge Einfluss auf die Entwicklung zu nehmen. Oder per städtebaulichen Verträgen etwa die zügige Bebauung von Flächen zu erzwingen und kostentreibende Bodenspekulationen soweit wie möglich auszuschließen.
„Die Politik wollte eine Klärung, das hat im konkreten Fall gedauert“, so Frohnert. Nach Beratungen in den zuständigen Fachausschüssen habe der Kreistag im Frühjahr 2023 dem Verkauf zugestimmt. Die Summe habe dabei keine entscheidende Rolle gespielt. Nach Informationen der Redaktion war sie sechsstellig.
Bürgermeister Brackmann setzt auf die Neue Lübecker
Thorben Brackmann, Lauenburgs neuer Bürgermeister, ist selbst tätig geworden. „Das Projekt ist noch zur Amtszeit meines Vorgängers angeschoben worden. Ich hatte inzwischen aber selbst Kontakt mit der Neuen Lübecker“, bestätigt Brackmann. Danach zeigt er sich optimistisch: „Es bleibt bei dem Vorhaben, dort betreutes Wohnen zu errichten. Und es soll auch dabei bleiben, dass die Awo den Service dort bietet.“
Der geänderte B-Plan sieht für das Vorhaben eine etwas größere Bebauungsdichte vor, lässt zudem eine größere Gebäudehöhe zu. Fragen nach den Beweggründen für das eigene Vorgehen, nach dem weiteren Zeitplan, einer denkbaren Fertigstellung sowie den Kosten hätten wir gern der NL gestellt. Doch auf Rückrufbitten wurde nicht reagiert.