Lauenburg. 224 Mal rückten die Retter vergangenes Jahr aus. Ihr Fuhrpark ist modern und soll wachsen. An anderer Stelle hapert es indes gewaltig.
Wenn die Lauenburger Feuerwehr zur Jahresversammlung einlädt, rücken nicht nur die Kameradinnen und Kameraden an. Vertreter aus Politik und Verwaltung, aus befreundeten Wehren sowie aus Vereinen und Verbänden der Stadt machten am Sonnabendabend gut die Hälfte der Besucher im Katastrophenschutzzentrum aus. Die Wertschätzung, die die ehrenamtlichen Retter in Lauenburg erfahren, wurde in den zahlreichen Grußworten deutlich.
Doch bei warmen Worten sollte es nicht bleiben. Wehrführer Lars Heuer hatte im Vorfeld die Fraktionsvorsitzenden der Stadtvertretung gebeten, sich konkret zu den Sanierungsplänen für das Katastrophenschutzzentrum (K-Zentrum) zu äußern. Die Politiker sollten Farbe bekennen, wie ernst es ihnen mit der Umsetzung des Masterplanes aus dem Jahre 2018 ist.
Katastrophenschutzzentrum entspricht nicht den Sicherheitsanforderungen
Als das K-Zentrum Anfang der 1980er-Jahre an der Reeperbahn eingeweiht wurde, entsprach es dem damals geltenden Standard. Nach heutigen Anforderungen ist es nicht nur zu klein, sondern auch gesundheitsgefährdend für die Retter. So war der Umkleideraum ursprünglich für 60 Aktive ausgelegt, heute sind es 87. Auch sogenannte schwarze und weiße Bereiche und damit eine Trennung von sauberen, privaten und rauchverdreckten Kleidungsstücken gibt es nicht. Es ist erwiesen, dass Schadstoffe im Brandrauch und Ruß den bei Rettern gefürchteten Feuerkrebs verursachen können. Die Unfallkasse der Retter kritisiert die gefährliche Situation im Lauenburger K-Zentrum schon lange.
Um den Fuhrpark werden die Lauenburger Retter dagegen von befreundeten Wehren der Region beneidet. „Seit 2011 hat die Stadt 2,5 Millionen Euro in neue Fahrzeuge investiert“, stellte Bürgermeister Andreas Thiede in seinem Grußwort fest. Zum Fuhrpark der Feuerwehr gehören vier Löschfahrzeuge, eine Drehleiter ein Kommandowagen und ein Einsatzfahrzeug. Dazu kommt ein Erkundungswagen für Gefahrguteinsätze, den die Lauenburger Wehr für Einsätze innerhalb des gesamten Kreises vorhält.
Haushalt sieht weitere Fahrzeuge für Lauenburgs Feuerwehr vor
Im Haushalt der Stadt Lauenburg für 2023 sind noch Mittel für einen Hygienewagen und ein Logistikfahrzeug eingeplant. Die Kehrseite der Medaille: Die Fahrzeughalle im K-Zentrum ist für die modernen Feuerwehrfahrzeuge nicht geeignet. Massive Betonstürze an den Decken hängen so tief, dass sie das Öffnen der Türen der Fahrzeuge verhindern.
Den Zeitpunkt, die Politik um eine Stellungnahme zu den Zuständen im K-Zentrum zu bitten, hatte Heuer geschickt gewählt. Schließlich stehen im Mai dieses Jahres Kommunalwahlen an. Vor der Wahl 2018 hatte besonders die Lauenburger CDU dieses Thema für den Wahlkampf gewählt. Die „Umsetzung des Masterplanes zur Beseitigung des Renovierungs- und Investitionsstaus im Katastrophenschutzzentrum“ stand damals im Programm der Christdemokraten. Der Masterplan für das K-Zentrum wurde von der Politik im selben Jahr auf Antrag der CDU beschlossen.
Sanierung des K-Zentrums verschoben – Kosten deutlich gestiegen
Im Doppelhaushalt 2020/2021 waren Mittel für die Sanierung des K-Zentrums vorgesehen. Dann kamen die Corona-Krise und die damit verbundenen wirtschaftlichen Auswirkungen. „Die Baumaßnahme Katastrophenschutzzentrum wird in die mittelfristige Finanzplanung ab 2022 verschoben“, schlug die Verwaltung vor, und die Politik folgte der Beschlussvorlage.
Während der Jahresversammlung der Feuerwehr bedauerte CDU-Fraktionsvorsitzender Christian Stockfisch die Verzögerung, betonte aber, dass seine Partei nach wie vor hinter dem Masterplan stehe. SPD-Stadtvertreter Martin Scharnweber versicherte für seine Fraktion, dass die Schulen und das K-Zentrum höchste Priorität hätten. „Ich kann aber nicht versprechen, dass alles umgesetzt wird“, schränkte er ein.
Wehrführer Lars Heuer muss Kameraden seit sechs Jahren vertrösten
Niclas Fischer, Fraktionschef der Lauenburger Wählergemeinschaft und Vorsitzender des Hauptausschusses, verwies auf die veränderten Bedingungen in der Bauwirtschaft seit Beschluss des Masterplanes. „Wir sind zunächst von Kosten von maximal fünf Millionen Euro ausgegangen. Mittlerweile sprechen wir von bis zu neun Millionen Euro“, gab er zu bedenken. Aber auch aus seiner Sicht hätten Investitionen in die Schulen und in das K-Zentrum höchste Priorität.
- Acht neue Retter bestehen die Anwärterprüfung
- Wird es brenzlig, sind Retter aus Ost und West zur Stelle
- Der Förderverein der Feuerwehr will neue Förderer gewinnen
Immerhin: Ende vergangenen Jahres wurde die Machbarkeitsstudie zur Sanierung des K-Zentrums abgeschlossen. Die Feuerwehr hatte dazu ein Anforderungsprotokoll abgegeben. „Wir waren auch sonst in die Erarbeitung eng eingebunden“, sagt Heuer. Der Wehrführer hofft, dass die Maßnahmen trotz der prekären Haushaltslage schnellstmöglich umgesetzt werden. „Ich vertröste die Kameraden schon sechs Jahre lang“, erinnert er.
Heuer: Es wird immer schwerer Menschen für Ehrenamt zu motivieren
Allerdings habe er auch Verständnis für die Situation der Stadt. „Das Projekt ist schon ein riesengroßer Elefant. Vielleicht ist es möglich, die Maßnahmen in Scheiben umzusetzen. Die Umkleidesituation muss dringend gelöst und die Fahrzeughalle in Angriff genommen werden“, appellierte er an die Politiker.
Aus Sicht des Wehrführers wäre die Verbesserung der Situation im K-Zentrum auch ein Zeichen an die Retter. „Es wird immer schwerer, Menschen zu motivieren, sich ehrenamtlich zu betätigen. Viele Städte lassen sich etwas einfallen, um der Freiwilligen Feuerwehr ihre Wertschätzung entgegenzubringen“, sagte Heuer und hatte auch ein Beispiel parat: „Zwei Kameraden verlassen Lauenburg und die Wehr, weil sie woanders zu günstigen Sonderkonditionen für Feuerwehrleute ein Grundstück erworben haben.“
Günter Möller für 60 Jahre Mitgliedschaft in der Feuerwehr geehrt
Es gibt sie aber trotzdem noch: Menschen, die der Lauenburger Feuerwehr viele Jahre lang die Treue halten. Einer von ihnen ist Günter Möller. Lars Heuer und sein Stellvertreter Dennis Lühr überreichten ihm während der Jahresversammlung für 60 Jahre Mitgliedschaft einen Präsentkorb.
Was die Lauenburger Feuerwehr im vergangenen Jahr geleistet hat, hatte der Wehrführer zuvor in nüchternen Zahlen zusammengefasst: So rückten die Retter zu 224 Einsätzen aus. Das entspricht einem Anstieg um 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Dabei konnten sie 47 Menschenleben retten. Meist waren das Einsätze bei schweren Verkehrsunfällen, etwa wenn Personen in ihren Fahrzeugen eingeklemmt waren.
Weitere Informationen gibt es auf der Seite www.feuerwehr-lauenburg.de.