Lauenburg. Kontaminierung Im Brandeinsatz getragene Schutzkleidung birgt ein hohes Gesundheitsrisiko
Als vergangene Woche der Großbrand das Fachwerkhaus an der Hamburger Straße zerstörte, mussten hinterher die Feuerwehrleute ihre Schutzkleidung wechseln. Diese war massiv mit Schadstoffen aus dem Brandrauch kontaminiert. Schon direkt an der Einsatzstelle nutzten die Feuerwehrleute die so genannten Hygienebords der Löschfahrzeuge mit Frischwasser, Seife, Druckluft und Papiertüchern, um sich Hände und Gesichter grob zu waschen. Hintergrund: Die Sorge vor „Feuerkrebs“, wie Krebserkrankungen, die durch Schadstoffe im Brandrauch und Ruß ausgelöst werden können, in der Szene heißen.
Feuerwehrleute, die 15 Jahre im Einsatz sind, haben ein um 30 Prozent höheres Risiko an Krebs zu erkranken als die durchschnittliche Bevölkerung. Das ergaben internationaler Studien – die allerdings in Deutschland bisher nicht anerkannt sind. „In Deutschland braucht man natürlich eigene Untersuchungen“, ärgert sich Marcus Bätge. Er hat mit Mitstreitern 2016 die Initiative „FeuerKrebs“ gegründet und war jetzt mit einem Vortrag bei der Feuerwehr Lauenburg zu Gast. Ziel: Die Retter für das Thema sensibilisieren.
Gefahr lauert im Brandrauch
„Heute brennt nicht mehr Omas Vollholz-Eichenschrank, sondern ein stylisches Sideboard aus Kunststoffverbindungen. Die Gefahr für Retter lauert im Brandrauch“, weiß der Experte. Das Problem: Die Poren der Haut öffnen sich unter körperlicher Belastung, dann können die im Rauch enthaltenen Schadstoffe leicht in den Körper eindringen. Bätge rät den Rettern, Beteiligungen an Einsätzen zu dokumentieren, um mögliche Erkrankungen belegen zu können. Die Initiative „FeuerKrebs“ will erreichen, dass bestimmte Krebserkrankungen als Berufskrankheit bei Feuerwehrleuten anerkannt werden.
Stadt hat Handlungsbedarf
Den Vortrag hörten sich auch Bürgermeister Andreas Thiede und mehrere Kommunalpolitiker an. „Das hat dem einen oder anderen sicher ein Stück die Augen geöffnet“, hofft Thiede. Die Stadt hat dringenden Handlungsbedarf: „Wir haben im Katastrophenschutzzentrum keine Schwarz-Weiß-Trennung für saubere und verschmutzte Kleidung und die Schläuche der Abgasabsaugung funktionieren nicht“, räumt Thiede ein.
Bätge rät außerdem, dass für Feuerwehrleute auch Wechselkleidung vorgehalten werden sollte, um bei Einsätzen wie an der Hamburger Straße schon vor Ort kontaminierte Kleidung gegen frische Kleidung wechseln zu können. „Wir haben keine Reservekleidung, können im Ernstfall nur bereits ausgemusterte Sachen einsetzen. Wir brauchen Möglichkeiten, vor Ort Kleidung tauschen zu können, um nicht lange in den verschmutzten Sachen herumlaufen zu müssen“, berichtete Lauenburgs Wehrführer Lars Heuer. Trainingsanzüge wären eine Notlösung, allerdings wären die so gekleideten Retter damit nicht mehr einsetzbar, etwa bei Nachlöscharbeiten.
„Vielleicht geht sowas auch über eine Logistik, bei der sich mehrere Wehren untereinander helfen“, sagt Bätge. Schlimm sei es, wenn mit verschmutzten Klamotten ins Löschfahrzeug gestiegen und zur Wache zurück gefahren wird. Bätge: „Dann verschleppt man die Kontamination erst ins Fahrzeug und dann in die Wache und womöglich nach Hause.“
Heuer hofft, dass jetzt ein Umdenken einsetzt. „Wir müssen selbst auf uns achten, aber die Stadt ist auch in der Pflicht. Viele angesprochene Punkte müssen in den Masterplan zur Erweiterung der Wache“, forderte er. Bätge brachte es auf den Punkt: „Wir laufen rein, wo andere raus rennen. Wir riskieren unser Leben, da dürfen wir auch Unterstützung erwarten.“