Lauenburg. Jahrelang gab es Streit um die Kostenübernahme für die neue Rettungswache. Ein neues Gutachten schafft Klarheit.
Vor vier Jahren war die Empörung in Lauenburg und Büchen groß: Ein Gutachten empfahl, die Rettungsnebenwachen in beiden Kommunen nicht weiter zu betreiben. Der Standort in Basedow reiche aus, um beide Orte und die Region in Notfällen zu versorgen. Es gab damals herbe Kritik an dem Gutachten der Firma Forplan. So soll der Experte von falschen Zahlen ausgegangen sein. Doch die Krankenkassen folgten dem Gutachten
Der Kreis Herzogtum Lauenburg – der für die Notfallversorgung verantwortlich ist – sah das von Anfang an anders: Er will die Standorte Lauenburg und Büchen erhalten – und streitet seitdem mit den Krankenkassen über die Finanzierung. Im Oktober 2019 zog der Kreis vor dem Schiedsgericht in dieser Frage den Kürzeren.
Neues Gutachten stützt die Position des Kreises Herzogtum Lauenburg
Anschließend hatte der Innenausschuss des Kreises fraktionsübergreifend mit den Stimmen von CDU, Grünen und der SPD beschlossen, vor das Verwaltungsgericht zu ziehen. Der Richterspruch steht zwar noch immer aus, könnte aber ohnehin überflüssig werden. Jetzt liegt nämlich ein neues Gutachten vor und das unterstützt in vollem Umfang die Auffassung des Kreises.
Die gute Nachricht hatte Landrat Dr. Christoph Mager während der Sitzung des Innenausschusses in der vergangenen Woche überbracht. „Der Gutachter schlägt vor, die Standorte Büchen und Lauenburg mit 24-Stunden Rettungswagen zu besetzen sowie den Standort Basedow aufzugeben“, fasste er das Ergebnis zusammen.
Im Mai dieses Jahres hatte dieser Ausschuss fraktionsübergreifend beschlossen, ein weiteres Gutachten in Auftrag zu geben. Das Beratungsunternehmen Orgakom beschäftigt sich seit 1987 mit der Entwicklung von Organisationsstrukturen im Rettungsdienst, im Brand- und Katastrophenschutz sowie für Leitstellen oder Pflegedienste.
Lauenburg und Büchen haben bereits Tatsachen geschaffen.
Die Gemeinde Büchen hatte schon 2018 auf eigenes Risiko für 2,4 Millionen Euro eine neue Rettungswache gebaut. Im April dieses Jahres wurde in Lauenburg an der Lütauer Chaussee eine neue Rettungswache der DLRG übergeben. Die neue Rettungswache an der Lütauer Chaussee verfügt über Ruheräume, Umkleiden, einen Aufenthaltsraum mit Küche und Lager sowie Schulungsräume.
Auch in diesem Fall war der Bau ein finanzielles Risiko und keineswegs klar, ob die Baukosten in Höhe von 2,5 Millionen Euro von den Krankenkassen jemals erstattet werden. In diesem Fall bliebe der Kreis auf den Mietkosten sitzen, die er laut Vertrag an die DLRG zahlen muss.
Die DLRG betreibt in Lauenburg schon seit Jahren einen Standort für ihre Einsatzfahrzeuge. Die Notfallversorgung von Basedow aus erwies sich in der Praxis als fatal. Die vorgeschriebene Rettungsfrist wird vielfach nicht mal im Ansatz eingehalten. Lauenburg und auch Büchen weisen bei Auswertungen die meisten Hilfsfristüberschreitungen kreisweit auf.
- DLRG gehen die Rettungsschwimmer aus
- Im Notfall springt die DLRG ein
- Geesthacht hat jetzt die modernste Wache im Kreis
Kreis entscheidet gegen Empfehlung des Gutachters
Der Kreistag reagierte und verlegte zunächst einen Rettungswagen nach Lauenburg – und das entgegen der Empfehlung des Gutachters. Grundsätzlich löst es das Problem aber nicht. Mittlerweile sind an der Lütauer Chaussee sogar zwei Rettungswagen stationiert, allerdings zu versetzten Zeiten. Das Problem: Rückt ein Wagen aus Basedow zu einem Einsatz aus, wird ein Wagen aus Lauenburg nach Basedow verlegt, um von dort aus gegebenenfalls zu einem Notfall in Lauenburg gerufen zu werden.
„Die vorgeschriebene Rettungsfrist beträgt zwölf Minuten. Allein die Fahrt aus Basedow beträgt schon sechs Minuten, die im Zweifel über Leben und Tod des Betroffenen entscheiden könnten“, sagt der erfahrene Rettungssanitäter Norbert Brackmann. Als Vorsitzender der CDU-Kreistagsfraktion hatte er sich stets für die Rettungsstandorte in Lauenburg und Büchen stark gemacht.
Rettungseinsätze sollen von Krankentransporten getrennt werden
Das neue Gutachten kommt diesbezüglich zu einem eindeutigen Ergebnis: Demnach sollen in Lauenburg und Büchen je ein Rettungswagen an sieben Tagen die Woche, rund um die Uhr, einsatzbereit sein. Gleichzeitig sollen auch Krankentransportwagen stationiert werden, sodass der vom Ausschuss vorgeschlagenen Trennung von Notfallrettung und Krankentransport entsprochen werden kann.
„Ich erwarte, dass künftig sechs bis sieben Minuten nach Eingang eines Notrufes aus Lauenburg ein Rettungswagen vor der Tür steht", gibt sich Brackmann optimistisch.
Dies wäre tatsächlich eine erfreuliche Entwicklung. Denn die Einsatzzahlen der Retter steigen seit mehreren Jahren kontinuierlich an – unter anderem auch deshalb, weil viele Menschen auch bei kleineren gesundheitlichen Problemen den Notarzt rufen. Die Leitstelle entscheidet im Zweifelsfall dann immer, einen Rettungswagen zu schicken.
Folgen Krankenkassen der Gutachterempfehlung?
Auch in Büchen hat das neue Gutachten für Freude gesorgt. Bürgermeister Uwe Möller ist ein Stein vom Herzen gefallen, schließlich hatte die Gemeinde die Rettungswache zu einem Zeitpunkt errichtet, als die Finanzierung noch nicht mal im Ansatz geklärt war: „Es lohnt sich immer, über die Entwicklung von Büchen nachzudenken und den Mut für zukunftsorientierte Entscheidungen zu haben. Das Beispiel der Rettungswache zeigt es wieder auf“, sagt Möller.
Auch wenn die Entscheidung des Verwaltungsgerichts über die Kostenübernahme offiziell noch aussteht, rechnet Brackmann nicht damit, dass es überhaupt noch zu einem Richterspruch kommt. „Die Krankenkassen hatten sich an dem ersten Gutachten orientiert und werden das auch nach der neuerlichen Beurteilung so sehen“, sagt er.
Ähnlich hatte sich der Landrat schon während der Ausschusssitzung geäußert: „Angesichts dieser Veränderungen ist auch davon auszugehen, dass die Refinanzierung der Rettungswachen Büchen und Lauenburg nicht mehr in Frage gestellt werden kann und das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht erledigt wird. Wir haben dazu bereits Kontakt zu den Kostenträgern aufgenommen.“