Lauenburg. Das Landgericht blockiert die Abrissverfügung für den vor drei Jahren ausgebrannten Fachwerkbau: Warum die Ruine weiter stehen bleibt.
Kaum etwas ist in Lauenburg so verhasst, wie die Brandruine an der Hamburger Straße. Kein Wunder: Seit über drei Jahren verschandelt die das Stadtzentrum und jeder, der daran vorbei geht, ärgert sich. Allein der Hamburger Eigentümerin scheint die Bruchbude nicht so ein Dorn im Auge zu sein. Sie hatte es zunächst nicht eilig, den Abriss der Ruine in die Wege zu leiten.
Im Sommer dieses Jahres schien der Knoten endlich geplatzt: Nach Paragraf 178 des Baugesetzbuches kann ein Eigentümer gezwungen werden, den Abriss eines Gebäudes zu dulden. Das ist etwa dann der Fall, wenn eine bauliche Anlage Mängel aufweist, die auch durch eine Modernisierung oder Instandsetzung nicht behoben werden können. Auf dieser Grundlage hatte die Stadt im Sommer dieses Jahres rechtskräftig den Abriss durchgesetzt. Doch jetzt hat das Landgericht Hamburg dem Vollzug einen Riegel vorgeschoben.
Lauenburg: Vorwerkhaus brennt vor drei Jahren aus
Rückblick: In der Nacht zum 8. Januar 2019 stand das sogenannte Vorwerkhaus plötzlich in Flammen. Der Feuerwehr gelang es zwar, ein Übergreifen des Feuers auf benachbarte Häuser zu verhindern, das brennende Gebäude war aber nicht mehr zu retten. Der Schaden wurde damals auf 500.000 Euro geschätzt. Es war Brandstiftung, ermittelt später die Kriminalpolizei – allerdings nie, wer der Täter war.
Damit war die Versicherung der Eigentümerin hellhörig geworden. Bis heute ist die Versicherungssumme nicht ausgezahlt und so wie es aussieht, zieht sich der daraus resultierende Rechtsstreit noch einige Zeit hin. Am 15. September dieses Jahres gab es vor dem Landgericht Hamburg eine weitere Verhandlung dazu. Einen Vergleich sollen beide Parteien zuvor abgelehnt haben.
Landgericht Hamburg blockiert Abrissverfügung
„Wir wussten von dem Verhandlungstermin und haben uns nach dem Stand der Dinge erkundigt“, sagt Reinhard Nieberg aus dem Stadtentwicklungsamt. Was die Stadt dann erfuhr, ist aus seiner Sicht unglaublich: „Das Gericht hat entschieden, zum wiederholten Mal einen Sachverständigen zur Begutachtung des Gebäudezustandes nach Lauenburg zu schicken. Ich frage mich, was man nach so langer Zeit noch begutachten will.“ Das wäre ja alles trotzdem nicht so schlimm, wenn nicht auch gleich ein Zeitplan mitgeliefert worden wäre. Das Landgericht Hamburg hat angekündigt, dass die Begutachtung erst Mitte nächsten Jahres abgeschlossen sein wird.
Für die Stadt hat das weitreichende Konsequenzen. Zwar liegt eine rechtsgültige Abrissverfügung vor, aber die ist derzeit das Papier nicht wert, auf der sie gedruckt worden ist. „Bis die Begutachtung abgeschlossen ist, sind wir vom Landgericht angehalten, diesbezüglich nichts zu veranlassen“, erklärt Nieberg.
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Denkmalschutz nahm historisches Vorwerkhaus von der Liste
Für Bürgermeister Andreas Thiede ist die Entscheidung des Gerichtes doppelt bitter. Er hatte immer wieder betont, dass er das Problem mit der Brandruine gern noch in seiner Amtszeit gelöst hatte. Das kann er nun vergessen. Wenn er am 31. März nächsten Jahres die Amtsgeschäfte an seinen Nachfolger Thorben Brackmann übergibt, sind womöglich die vom Gericht bestellten Gutachter gerade mit ihren Ermittlungen in der Brandruine beschäftigt.
„Das ist eine Vollkatastrophe. Offenbar wird in Hamburg verkannt, welche Auswirkungen ein solcher Schandfleck auf das Erscheinungsbild unserer Kleinstadt hat“, kommentiert Lauenburgs Bürgermeister die richterliche Verfügung. Aufgrund des Zustandes der Gebäudereste habe sogar das Landesamt für Denkmalpflege ein Einsehen gehabt und den Denkmalschutzstatus des Gebäudes im März 2020 aufgehoben.
Eigentümerin der Ruine verfolgt ihre eigenen Pläne
Welche Pläne die Eigentümerin mit der Ruine und dem Grundstück in 1a-Lage verfolgt, war lange unklar. Im Juni 2019 holte sich die Stadt von der Politik vorsorglich grünes Licht, das Grundstück und die Ruine zu kaufen. Doch es kam nicht zu einer Einigung über den Preis. Stattdessen präsentierte die Hamburgerin wenig später den Plan eines Wohn- und Geschäftshauses, das wegen seiner Dimension auf geschlossene Ablehnung in den politischen Gremien stieß.
Dass die Stadt letztlich die Reißleine zog und die Klausel im Baugesetzbuch zur Anwendung brachte, hat einen hohen Preis. Sollte der Weg zum Abriss irgendwann frei sein, bleiben die Kosten zunächst an der Stadt hängen. Erst in einem zweiten Verfahren könnte ein Anspruch gegenüber der Eigentümerin geltend gemacht werden. „Durch den Abriss der Ruine würde das Grundstück im Zentrum der Stadt deutlich an Wert gewinnen. Diesen Zuwachs könnte die Stadt als Ausgleich gegenüber der Eigentümerin einklagen“, erklärt Nieberg. An den Eigentumsverhältnissen ändert sich zunächst nämlich nichts, die Frau kann dann weiter über das Grundstück verfügen.
Lauenburg: Möglichkeiten der Stadt sind vorerst ausgeschöpft
Der Stadt sind derzeit die Hände gebunden. „Selbst wenn ein neues Gutachten andere Erkenntnisse bringen würde, es ist doch nicht nachvollziehbar, warum das sich noch Monate hinziehen soll“, ärgert sich Nieberg. Rechtsmittel kann die Stadt gegen diese gerichtliche Verfügung nicht einlegen.
Die Brandruine rottet unterdes den vierten Winter vor sich hin. Der Dachstuhl ist eingefallen, Fenster und Türen sind vernagelt, die Holzbalken morsch. Vertrauenerweckend wirkt der Zustand der Ruine nicht. Möglicherweise regelt ja die Zeit, was die gerichtliche Verfügung bis auf Weiteres verhindert.