Geesthacht. Das Hotel zur Post erwacht allmählich aus dem Dornröschenschlaf. Wie der Eigentümer es zu einem Tourismusmagneten machen will.

Marcus Leiseder gestikuliert wild mit den Armen. Der neue Eigentümer des ehemaligen „Hotel zur Post“ steht auf der Geesthachter Hafenbrücke und zeigt immer wieder auf sein Gebäudeensemble auf der einen und den Menzer-Werft-Platz mit der Elbe dahinter auf der anderen Seite. Auf diese Verbindung komme es an, das mache den Standort so attraktiv. „Und ich bin dabei, es zu dem zu machen, für was es erfunden wurde“, sagt der Bergedorfer Unternehmer, der das Hotel zur Post (Anschrift Elbstraße 7) samt ehemaligem kaiserlichen Postamt (Hausnummer 5) im vergangenen Jahr von Peter Wrede gekauft hat.

Leiseder möchte den Betrieb aus dem Dornröschenschlaf wecken und wieder ein Hotel eröffnen – möglichst mit 50 Zimmern, wofür ein Anbau nötig wäre. Er will den Saal für Hochzeiten und andere Feierlichkeiten herrichten und auf der Terrasse einen Biergarten samt Restauration schaffen. Name des Projekts: Backbord Geesthacht, weil es von Hamburg kommend am linken Elbufer liegt. „Es geht Stück für Stück voran“, sagt Leiseder zum aktuellen Stand.

Hotel zur Post: Freie Sicht auf „Geesthachts Skyline“

Die augenscheinlichste Veränderung haben viele Geesthachter Bürger dabei sicherlich schon wahrgenommen. Sie können die Gebäude nämlich wieder von der Wasserseite aus sehen, während in den vergangenen Jahren eine dichte Wand aus Lindenblättern das „Hotel zur Post“ unsichtbar machte. Um im Märchenbild zu bleiben, hat Leiseder zumindest schon mal „Dornröschens Hecke“ entfernt. Auch die benachbarte St. Salvatoris-Kirche ist so wieder von der Elbe sichtbar geworden. Beides zusammen ist für Leiseder „Geesthachts Skyline“.

Blick vom künftigen Biergarten auf die Elbe.
Blick vom künftigen Biergarten auf die Elbe. © Dirk Schulz | Dirk Schulz

Die geschützte Lindenallee ist freigeschnitten und der alte Holzzaun zumindest in Teilen wieder hergestellt. Er wird noch über die komplette Länge durchgezogen. Mit der Stadt ist er in Klärung, ob er den Hang vor Mauer und Zaun pflegen darf. „Ich würde gerne eine Natursteinmauer analog wie bei der Kirche anlegen. So hässlich verputzt wie jetzt soll es nicht bleiben“, sagt Leiseder.

Er hat Erfahrungen bei der Sanierung von alten Objekten. Sein Büro ist im sanierten alten Ortsamt am Bult in Bergedorf. Als er im vergangenen Jahr erstmals sein Pläne in Geesthacht den Kommunalpolitikern und der Öffentlichkeit vorstellte, gab er das Büro als Referenz an. Auch beim Umbau des Zollenspieker Fährhauses war er involviert.

Der Biergarten soll schon 2024 öffnen

Szenenwechsel: Marcus Leiseder steht inzwischen auf der Terrasse vor dem ehemaligen „Hotel zur Post“ und arbeitet wieder mit den Armen. „Ich habe den Balkon aufgeräumt“, wie er sagt. Dabei packt er eine der alten Linden an. Er geht zur westlichsten Ecke seines künftigen Biergartens. „Hier wird später der beliebteste Platz sein, weil hier am längsten Sonne ist“, sagt der Bergedorfer, der den Biergarten im Frühjahr 2024 öffnen will.

Freie Sicht auf das alte „Hotel zur Post“ (links) und das kaiserliche Postamt.
Freie Sicht auf das alte „Hotel zur Post“ (links) und das kaiserliche Postamt. © Dirk Schulz | Dirk Schulz

Auch am und im denkmalgeschützten Gebäude des alten „Hotel zur Post“ hat er – soweit die Auflagen es zulassen – schon Hand angelegt. Die Fenster sind weitestgehend ersetzt und die marode Entwässerung des Saalanbaus erneuert. Leiseder hat die vorherigen, einfachen Fremdenzimmer renoviert und jeweils mit einem Bad versehen (war zuvor auf dem Gang).

Mit den zehn Zimmern lasse sich ein Hotel aber nicht wirtschaftlich betreiben. Dafür möchte Leiseder entweder an- oder weiter umbauen. „Ein Bauantrag ist noch nicht gestellt. Unsere Denkmalschutzbehörde hat aber wahrgenommen, dass dort Arbeiten stattfinden“, sagt Tobias Frohnert, der Sprecher der Kreisverwaltung Herzogtum Lauenburg.

Das gesamte Ensemble ist denkmalgeschützt

Das gesamte Ensemble inklusive der Lindenreihe steht unter Schutz. In der Denkmaldatenbank Schleswig-Holstein heißt es auszugsweise: „Das Gasthofgebäude mit seinem das Straßenbild prägenden Äußeren, [...], dem [...] Saalanbau und der vorgelagerten Lindenreihe machen das Ensemble zu einem anschaulichen baulichen Dokument der Geesthachter Blütezeit als Ausflugs- und Kurort.“

Völlig zugewuchert: Der Blick auf das Ensemble im Juni 2022.
Völlig zugewuchert: Der Blick auf das Ensemble im Juni 2022. © Dirk Schulz | Dirk Schulz

Im Bebauungsplan (B-Plan) gibt es außer der festgeschriebenen Hotelnutzung keine Festlegungen. Ein Bauvorhaben würde daher nach Paragraf 34, Bau-Gesetzbuch geregelt werden. Das heißt, die Bauweise müsse sich an die Eigenart der näheren Umgebung einpassen. „Bevor ich einen Bauantrag stellen kann, muss ich sehen, was ich im kaiserlichen Postamt machen kann. Dort habe ich aber noch nicht freie Hand“, sagt Leiseder. Hier muss erst noch eine Lösung mit dem dortigen Mieter gefunden werden.

Kommunalpolitiker begrüßen das Projekt

Die Geesthachter Kommunalpolitiker sind dem Vorhaben derweil durchweg positiv gegenüber gestimmt. In einem ersten Schritt hatten sie 2022 ihr Okay gegeben, dass ein 700 Quadratmeter großes städtisches Grundstück im rückwärtigen Bereich des Areals mittels einer Anhandgabe im Falle der Hotelreaktivierung an ihn verkauft werden kann. Auf diesem Grundstück kann sich Leiseder entweder einen Anbau beziehungsweise ein eigenes Gebäude für die Zimmer vorstellen. Aktuell laufen dort vorbereitende Erdarbeiten.

Die tolle Lage des Ensembles hatte bereits J. H. Holert Ende des 19. Jahrhunderts erkannt. Das Mitglied einer alteingesessenen Geesthachter Schifferfamilie betrieb den „Gasthof zur Post“, während im wenige Meter angrenzenden Hafen zahlreiche Ausflügler aus Hamburg eintrafen.

Baulich tat sich im Gasthof, der später das „Hotel zur Post“ wurde, nichts. Bis vor ein paar Jahren erlaubten die alten Eigentümer ein paar Privatfeiern. Mitunter waren auch die einfachen Zimmer für kleines Geld an Gäste oder Radtouristen vermietet. Im Innern herrschte in Gaststube, Saal und Zimmern der Charme der 1960er-Jahre. Ein Umstand, der Filmteams anlockte, die regelmäßig hier drehten – ehe sich Marcus Leiseder anschickte, den Dornröschenschlaf zu beenden.