Geesthacht. Geesthachter Institution bietet günstige Mittagessen an. Wie man es schafft, täglich für wenig Geld ein gesundes Menü zu kochen.
Geesthachts günstigster Mittagstisch? Der findet sich in der Rathausstraße 16 beim Waschcafé Seifenblase. Schräg gegenüber ist der Sparstrumpf, ein soziales Kaufhaus mit gebrauchter Kleidung und Haushaltsgegenständen. Beide wurden von Arbeit nach Maß gegründet, nach einer Fusion ist Anker e. V. der Träger.
Um den Fortbestand des Waschcafés gibt es Sorgen. Angeblich soll hier gebaut werden, das Waschcafé deshalb weichen. „Da ist nichts dran“, widerspricht Katharina Wiedecke, der die Gerüchte auch zu Ohren gekommen sind. Wo sie ursprünglich herkommen, ist nicht bekannt. Die Leiterin vermutet, aus dem Kreis der Klienten. „Das sind vielleicht Ängste, die da hineinspielen. Vielleicht hat mal einer schlecht geträumt“, sagt die Sozialpsychologin.
Das Waschcafé ist eine Geesthachter Institution
Das Waschcafé Seifenblase ist eine Geesthachter Institution. Es entstand 1998 auf Anregung der Psychiatrischen Abteilung des Johanniter Krankenhauses unter dem damaligem Chefarzt Dr. Matthias Heißler, der auch gleich den Vereinsvorsitz von Arbeit nach Maß übernahm. Die Ausrichtung und die von Anker e.V. aus Mölln gehen in die gleiche Richtung, ein Zusammengehen war somit konsequent.
Ziel des 1981 gegründeten Vereins „ist die Förderung und Schaffung psychosozialer Hilfsangebote zur Anerkennung und sozialen Integration psychisch kranker Menschen“, so die Selbstauskunft. Das Besondere: „Das Waschcafé ist nicht nur Treffpunkt für Menschen mit psychischen und/oder Suchterkrankungen, sondern wird auch von diesen unter fachlicher Begleitung betrieben“, heißt es weiter.
Auffallend: Den Nachtisch halten viele jetzt für verzichtbar
So wird weiterhin von Montag bis Freitag in der kleinen Küche frisch gekocht – täglich gibt es ein Hauptgericht für vier Euro. Die Öffnungszeiten sind von 8 bis 15 Uhr. Für die Mittagessen ist eine Voranmeldung unter Telefon 04152/88 61 62 nötig.
Dass die Zeiten schlechter werden für Menschen mit kleinem Geldbeutel, merkt Katharina Wiedecke auch hier – an der sinkenden Nachfrage nach Süßem. „Was sich bemerkbar macht, ist, dass die Leute keine Nachtische mehr essen. Das ist wirklich auffallend“, sagt Katharina Wiedecke. „Wir haben früher genauso so viele Nachtische herausgegeben wie Mittagessen. Wir machen jetzt nur noch zehn, davon bleiben immer noch ein bis zwei übrig.“
Eine halbe Portion muss bei Älteren auch mal reichen
An Essen werden zwischen 11.30 und 13 Uhr immer noch 25 bis 40 ausgegeben. Hier zeigt sich aber ebenfalls eine veränderte Nachfrage. Denn auch die Anzahl der halben Essen für zwei Euro ist gestiegen. „Das merke ich ganz deutlich, die sparen schon“, sagt Katharina Wiedecke. „Die Älteren sagen dann eher, ,eine halbe Portion, das reicht mir’. Das ist ja auch meist so, aber vorher war es ihnen egal.“
Außerdem gibt es ein zweites Angebot, nämlich Frühstück ab 8 Uhr mit halben Brötchen, Ei und Kaffee. Die Frühstücker seien ein ganz anderes Publikum als die Mittagesser, berichtet Katharina Wiedecke. Unter anderem häufig Lieferanten von Intermed oder LADR, die eine kurz Pause haben und dann weiterfahren.
Die Gäste verzichten gern mal auf Fleisch
Geplant werden die Essen am Montag. „Um 13 Uhr haben wir Teamsitzung. Ich habe die Angebote herausgesucht und frage, was machen wir daraus? Dann kommen die entsprechenden Vorschläge.“ 15 Leute stecken dann die Köpfe zusammen. Die Beratung kann schon mal bis zu 90 Minuten dauern.
Freitags ist immer ein vegetarischer Tag. „Wir haben mitbekommen, dass die Leute gern auch mal auf Fleisch verzichten. Das hat mich ermutigt, öfters mal einen zweiten Tag einzuführen, meist dann am Montag“, berichtet Katharina Wiedecke.
Gesichtet werden nur Angebote von Edeka, Famila und Lidl
Gesichtet werden von Katharina Wiedecke die Angebote von Edeka, Famila und Lidl. „Edeka und Famila, weil ich da das beste Fleisch bekomme“, sagt sie. „Da rufe ich dann den nächsten Tag an und bestelle große Mengen. Die kennen uns mittlerweile, wissen aber wohl nicht, was wir wirklich machen. Ich glaube, die denken, wir sind ein kleines Restaurant oder so. Nee, sind wir nicht. Wir sind eine teilstationäre Einrichtung, damit Menschen mit Behinderung eine sinnvolle Aufgabe im Leben bekommen“.
Es gibt drei Köche. Einer ist vom Fach, ein anderer hat eine Meisterschule zum Konditor kurz vor der Prüfung abgebrochen. Die beiden sind ehemalige Klienten. Sie sind nun über das Jobcenter über Fördermaßnahmen angestellt worden. Die Köchin – die Frau des verhinderten Konditor-Meisters – wird wohl auch bald zur Kollegin, weil sie die Förderung übers Jobcenter bekommen wird.
„Geflügel kann man sich im Augenblick kaum leisten“
„Es sind einige, die mittlerweile Kollegen geworden sind, weil sie sich eben stabilisiert haben durch das Angebot, das wir ihnen geben. Das ist so toll zu sehen, dass das funktioniert, dass die selbstständig werden“, freut sich Katharina Wiedecke.
Am Dienstag steht der neue Speiseplan für die Woche. „Ich persönlich kann kein Schweinefleisch mehr sehen, dass ist wirklich das, was immer im Angebot ist“, sagt Katharina Wiedecke. Sie ist bei mehren Newslettern angemeldet, um zu schauen, welche Ideen andere haben. „Geflügel kann man sich im Augenblick kaum leisten. Das sind so Dinge, die vor zwei Jahren noch gut möglich waren“, sagt sie.
Mehr Mitarbeiter im Einsatz, wenn es Nizza-Salat gibt
Am Montag fahren dann eine Sozialpädagogin und ein ehemaliger Klient um 8 Uhr mit einem Bus von Anker auf Einkaufstour. Erst geht es zu Lidl, um die Masse zu kaufen, dann zu Edeka und schließlich zu Famila, um das Fleisch abzuholen. „Was wir bei Lidl nicht bekommen haben, dass wird dann da geholt“, sagt Katharina Wiedecke. „Nach 90 Minuten sind sie wieder hier.“
Dann kommen die Klienten zum Einsatz, einräumen, sortieren und, falls nötig, einfrieren. Parallel beginnt das Kochen für den nächsten Mittagstisch, um 7.50 Uhr finden sich zwei bis drei Helfer ein, um loszuschnippeln. „Wenn es Nizza-Salat gibt, sind gleich vier Leute eingeplant, weil es wahnsinnig viel Arbeit macht, da alles klein zu schneiden“, sagt Katharina Wiedecke.
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So kommt man günstig durch die Woche
Sie gibt auf Basis der aktuellen Angebote aus Supermarkt und Discounter Tipps für die kulinarische Planung der kommenden Woche. Gerichte, wie es sie auch im Waschsalon gibt, basierend auf einem Einkauf mit einer Kostenkalkulation von vier Euro für das Menü und einem Euro für den Nachtisch.
Und das gibt es, Montag: Bauernfrühstück, dazu Griechischer Joghurt mit Honig und Nüssen; Dienstag: Frikadellen mit Rotkohl und Kartoffeln, dazu Kirsch-Quark; Mittwoch: Hühnersuppe mit kleinen Nudeln und Schneewittchen-Dessert (Rote Grütze mit Sahnecreme); Donnerstag: Schweinefilet in Champignons-Sahne-Soße mit Reis, dazu Vanillequark mit Beeren; Freitag: Fischstäbchen mit Kartoffelsalat, als Nachtisch Milchreis mit Zucker und Zimt.