Kultursommer-Intendant Frank Düwel inszeniert Schillers Klassiker mit sechs jungen Schauspielern. Der Vorverkauf ist gestartet.
Geesthacht/Ratzeburg. „Im Westen nichts Neues“ – so nannte Erich Maria Remarque seinen 1928 erschienen Roman, der die Schrecken des Ersten Weltkriegs aus Sicht eines jungen Soldaten schildert. Als Antikriegsroman zählt er heute zur Weltliteratur. Doch Antikriegsromane gab es schon früher. Für Frank Düwel zählt dazu auch einer der großen Klassiker: Der Intendant des Kultursommers am Kanal probt gerade mit sechs jungen Schauspielern den Wallenstein von Friedrich Schiller.
„Es ist der Krieg ein roh, gewaltsam Handwerk. Man kommt nicht aus mit sanften Mitten“, lässt Schiller (1759-1805) die Offiziere sagen. Obwohl mehr als 100 Jahre nach dem Ende des 30-jährigen Krieges (1618-1648) geboren, ist es für den Schriftsteller eine traumatische Erinnerung, die er in dem dreiteiligen Roman verarbeitet, die aus „Wallensteins Lager“, „Die Piccolomini“ und „Wallensteins Tod“ auf über 300 Seiten zusammenfasst. „Es sind ganz klare Beschreibungen darin, wie Elend der Krieg ist und was er für die Menschen bedeutet. Es ist im Grunde ein Antikriegsbuch“, sagt Düwel.
Kultursommer am Kanal: Ein Klassiker als modernes Antikriegsdrama
Zunächst hatte Düwel geplant, den ersten Teil des Dramas mit jungen Schauspielern sowie Akteuren aus der Region als Statisten aufzuführen. Darauf hat der Regisseur, Theaterleiter und Festivalintendant mittlerweile verzichtet: „Das Stück ist zu komplex, ich hätte mehr Zeit zum Einspielen gebraucht.“ Zudem hätten sich tatsächlich nur wenige Akteure beworben.
Gespielt wird an zwei Orten: Am Freitag, 7. Juli, schlagen die Soldaten Wallensteins ihr Lager um 19.30 Uhr auf dem Geesthachter Rathausplatz auf, die Gespräche der Offiziere, die ebenfalls von den sechs jungen Darstellern gespielt werden, können die Zuschauer dann im Rathaussaal weiterverfolgen. Auch in Ratzeburg wird am Sonnabend, 8. Juli, um 19.30 Uhr an zwei Orten gespielt: Auf dem Ratzeburger Marktplatz und dann in der St.-Petri-Kirche.
Vom Lager der Soldaten ins Zentrum der Macht
Mit dem Wechsel des Spielortes will Düwel auch die Perspektive des Zuschauers verändern: Sowohl das Rathaus als auch die Kirche seien Zentren der Macht – und für den Regisseur sind es Schlüsselszenen. „Es ist sehr interessant, dass in diesen letzten Szenen mit den Offizieren die Angst vor dem Krieg immer deutlicher wird.“ Dabei sei Schillers „poetisch schöne Sprache“ fast schon ein Rap, so Düwel. Deshalb wird auch Can Gülec, Trainer der Hamburger HipHop-Academy, die Bewegungen der Schauspieler, die um einen Kartentisch mit gewonnenen und künftigen Schlachten herumtanzen, choreographieren.
Für Düwel hat die Wallenstein-Aufführung jedoch noch einen weiteren Aspekt: „Ich bin auf Wallenstein wegen des Krieges in der Ukraine gekommen.“ Die jungen Darsteller stehen sinnbildlich für die Männer und Frauen, die gerade in einem Krieg stehen. Auf gelb-blaue Fahnen und andere Anspielungen verzichtet Düwel in seiner Inszenierung jedoch, sagt aber: „Die Zuschauer werden die Verbindung sofort erkennen.“
- Stadtführer gesucht: Wer kennt sich in Lauenburg gut aus?
- Gut Basthorst: Sommerkonzert mit den legendären Songs von Simon & Garfunkel
- Tierrettung: Geesthachterin rettet gefährdetes Familienglück am Flughafen
In Mecklenburg fielen dem Krieg 70 Prozent der Menschen zum Opfer
Der 30-jährige Krieg war einer der größten Religionskriege Europas. Ursache war ein Machtkonflikt im Zuge der Reformation zwischen der katholischen Kirche und ihren Fürsten und den Protestanten, der mit dem Prager Fenstersturz des Jahres 1618 offiziell ausbrach. Der neue böhmische König wollte das evangelische Land rekatholisieren. Der protestantische Adel warf die Statthalter des Königs aus dem Fenster und löste damit einen landesweiten Aufstand aus.
Große Teile des damaligen Heiligen Römischen Reiches wurden im Laufe der 30 Jahre verwüstet. Historiker gehen davon aus, dass auf dem Lande etwa 40 Prozent der Menschen, in den Städten etwa 30 Prozent an unmittelbaren Kriegsfolgen, aber auch Hunger und Krankheiten gestorben sind. In den besonders umkämpften Regionen wie Mecklenburg oder Thüringen waren es sogar bis zu 70 Prozent.
Aus Waldstein wurde bei Schiller Wallenstein
Albrecht von Waldstein, der bei Schiller Wallenstein heißt, war einer der erfolgreichsten Heerführer des katholischen Kaisers. Doch dem wird er zu mächtig, und als er eigenmächtig Friedensverhandlungen mit den protestantischen Schweden aufnimmt, wird er von kaisertreuen Offizieren ermordet. Schiller, der 1788 eine Professur für Geschichte an der Universität Jena angenommen hatte, kannte den historischen Waldstein: 1791 hatte er eine historische Abhandlung über den 30-jährigen Krieg verfasst.
Sieben Jahre später folgte dann das Drama Wallenstein. Für die jungen Darsteller, die vor zwei bis drei Jahren ihre Schauspielausbildung abgeschlossen haben, ist Wallenstein Neuland. Zuletzt hatte Michael Thalheimer am Thalia Theater den Wallenstein inszeniert. „Klar haben wir Schiller an der Schule kennengelernt, aber nicht Wallenstein, sondern Wilhelm Tell – ich komme aus der Schweiz“, sagt Sophia Spitzenberg. Das Drama um den Schweizer Freiheitshelden schrieb Schiller im Jahr 1804, ein Jahr vor seinem Tod.
Eintritt für die Aufführung kostet 25 Euro, ermäßigt 10 Euro
Karten für die beiden Wallenstein-Aufführungen können bei der Stiftung Herzogtum Lauenburg per E-Mail an info@stiftung-herzogtum.de bestellt werden. Der Eintritt kostet 25 Euro (ermäßigt 10 Euro). Die Darsteller sind Carina Söksen, Yves Zahnd, Miloś Milovanović, Sophia Spitzenberg, Eser Duran und Alexander Wolf. An der Produktion wirken zudem mit: Tamina Alex (Regieassistenz), Maren Simoneit (Dramaturgie) und Hermine Seifert (Ausstattung).
Der Kultursommer am Kanal beginnt am 1. Juli um 11 Uhr mit einem Chorfest in Siebeneichen und endet am 31. Juli um 2 Uhr mit dem traditionellen „blauen Montag“ im Stadthauptsmannshof (Hauptstraße 150, Mölln).