Geesthacht/Türkei. Was die Geesthachter bei einer Drogenkontrolle bei der Ausreise aus dem Irak und im türkischen Erdbebengebiet erlebten.

Weiter, immer weiter – der berühmte Ausspruch von Torwart-Titan Oliver Kahn gilt auch für Familie Pietzko bei ihrer „Weltreise mit Heidi“. Obwohl die Geesthachter schon seit dem 8. Januar 2022 mit dem zum Expeditionsmobil umgebauten alten Feuerwehrauto auf dem Landweg bis in den Oman gefahren sind, gab es nur wenige Tage, die sie am gleichen Fleck verbracht haben. Doch nun haben sich die Weltreisenden erst mal ein paar Tage Urlaub in einem Hotel in Side an der türkischen Riviera gegönnt – inklusive eines freudigen Wiedersehens.

Zuvor lagen eine aufregende Ausreise aus dem Irak samt intensivem Drogencheck durch die Zöllner und ein ergreifender Besuch im türkischen Erdbebengebiet hinter Jonas und Jessica Pietzko, die mit den Kinder Jano (9) und Jana (2) unterwegs sind. „Wir hören, dass wir ja ständig Wochenende hätten. Aber dem ist nicht so. Wir machen ja keinen Urlaub mit Heidi, wir reisen“, betont Jonas Pietzko (35).

An der Grenze vom Irak in die Türkei wird „Heidi“ intensiv nach versteckten Drogen durchsucht.
An der Grenze vom Irak in die Türkei wird „Heidi“ intensiv nach versteckten Drogen durchsucht. © Jessica Pietzko | Jessica Pietzko

Unterwegs mit „Heidi“ ist kein Urlaub – Jonas Pietzko: „Wir reisen“

Und dazu gehören viele kleine alltägliche Dinge: Wo lässt sich der Wasservorrat auffüllen, einkaufen, kochen, alles sofort abwaschen und wegräumen, weil es sonst bei der Fahrt im Fahrzeuginnern herumfliegt, Jano beschulen, einen geeigneten Stellplatz für die Nacht finden und so weiter und so fort. „In letzter Zeit hat es viel geregnet. Da hatten wir dann in der Heidi, wo eh schon wenig Platz ist, auch noch immer die zu trocknende Wäsche im Gesicht“, betont Jessica Pietzko.

Den Schock bei ihrer Ausreise aus dem Irak haben sie mittlerweile verdaut. Über acht Stunden zogen sich die Kontrollen am Grenzübergang hin. Zunächst ging es 120 Minuten lang auf einer Brücke im Niemandsland überhaupt nicht voran. Beim Warten fielen Jonas Pietzko Schmuggler auf, die in der endlosen Autoschlange nach einem geeigneten Versteck suchten. „Die Klopfen bei Autos einfach an die Stoßstange oder sonstwo und gucken, wo man Zigaretten oder Drogen verstecken könnte“, berichtet der 35-Jährige.

Endlose Warteschlange im Niemandsland zwischen dem Irak und der Türkei.
Endlose Warteschlange im Niemandsland zwischen dem Irak und der Türkei. © Jessica Pietzko | Jessica Pietzko

Sogar mit Ultraschall: Intensiv nach Drogen gefilzt

Am Übergang zur Türkei wurde die Familie schließlich getrennt. Jessica und die Kinder mussten zu Fuß gehen, während Jonas den Wagen fuhr. „Die Grenzer hatten das Auto schon zweimal untersucht, aber es war immer noch nicht okay“, erzählt der Geesthachter. Das Auto sollte auch noch geröntgt werden. Doch in die Anlage schlug just in dem Moment der Blitz ein. Also erfolgte die Kontrolle per Ultraschall. Dauer: 90 Minuten. „Danach sind noch zwei Offiziere mit riesigen Schlitzschraubenziehern gekommen und wollten das Auto auseinandernehmen. Und in der ganzen Zeit durfte Jessi mit den Kindern nicht zu mir“, so Jonas Pietzko weiter.

In ihrer Verzweiflung riefen sie ihren türkischen Freund Yasar Koca an, bekannt auch als Amateurfußballer in Bergedorf, der Übersetzen sollte. „Durch ihn haben wir erfahren, dass die Zöllner einen Tipp bekommen hätten, dass an diesem Tag ein Traveller-Mobil voll mit Drogen die Grenze passieren sollte. Und wir waren halt die Ersten. Heute können wir darüber lachen, damals waren wir fix und alle“, betont Jonas Pietzko.

Ein zerstörtes Reiterstandbild im türkischen Erdbebengebiet.
Ein zerstörtes Reiterstandbild im türkischen Erdbebengebiet. © Jessica Pietzko | Jessica Pietzko

Mehrfach die Tränen kamen Jessica Pietzko, als sie das vom Erdbeben am 6. Februar 2023 verwüstete Gebiet im Süden der Türkei passierten. Zuvor hatten sie trotz minimalistischem Lebensstil zwei Rucksäcke und fünf Plastiktüten sowie Janas Buggys auserkoren, um sie den Bedürftigen zu spenden.

„Ganze Dörfer liegen in Ruinen. In einem haben wir, ich nenne sie Trümmerfrauen, getroffen, die aus Stoffresten neue Kleidung nähen. Als wir ihnen unsere Sachen gaben, haben sie sich so gefreut und uns gleich wieder zum Essen eingeladen. Dabei hatte eine Frau ihre Tochter verloren und eine andere sogar fünf Familienmitglieder. Mich hat das so berührt, dass mir die Tränen kamen“, sagt Jessica Pietzko.

„Die Frauen hatten uns gegenüber immer ein Lächeln auf dem Gesicht. Sie haben erklärt, dass die Zeit des Trauerns vorbei ist und es jetzt um den Aufbau geht. Das finde ich bewundernswert“, sagt die Weltreisende, die über Instagram Kontakt zu den „Trümmerfrauen“ hält.

Oma und Tante im Türkei-Urlaub überrascht

Anschließend stand dann der Urlaub in Side an, wo sie zudem Jonas’ Mutter und Schwester in deren Urlaub überraschten. „Wir wussten nicht, ob wir sie noch erwischen und standen dann einfach vor ihrer Tür“, berichtet Jessica Pietzko. Vier Tage genossen sie hernach alle Annehmlichkeiten eines Hotels: großes Bett, Pool und Cocktails. Doch inzwischen sind unsere Weltreisenden wieder mit Heidi unterwegs und fahren jeden Tag ein paar Kilometer der Heimat entgegen – weiter, immer weiter eben.

Vor ihrem Aufbruch hatten sie fast alles in Geesthacht aufgegeben: Haus, Auto sowie fast ihren kompletten Besitz. Nur noch ein paar Kisten mit Erinnerungen lagern noch auf Omas Dachboden. Seitdem nutzen sie ihre Elternzeit, um die Welt zu bereisen. Wir begleiten sie auf ihrer Reise, die irgendwann im August enden soll.