Geesthacht. Sohn Jano (9) wird im rosa Wohnmobil „Heidi“ unterrichtet. Was auf dem Stundenplan steht und welche Rolle das jeweilige Land spielt.

Seit dem vergangenen Herbst sind unsere Weltreisenden mit ihrem rosa Oldtimer-Expeditionsmobil„Heidi“ auf der arabischen Halbinsel. Geregnet hatte es seitdem einmal im Januar in Saudi-Arabien. Insofern war das Gewitter im Oman am Donnerstag für Familie Pietzko aus Geesthacht, die im Februar 2022 auf Weltreise mit „Heidi“ aufbrach, etwas Besonderes. „Wie entstehen eigentlich Blitz und Donner?“ wollte der neunjährige Sohn Jano wissen. Eine Frage, die die Eltern gleich für eine Unterrichtsstunde über Gewitter nutzten.

Um die Beschulung ihres Großen – Tochter Jana ist zwei Jahre alt – kümmern sich die Erwachsenen selbst. Einen festen Lehrplan haben sie nicht, sie passen den Stoff den aktuellen Gegebenheiten an. Anstatt von Schule sprechen sie lieber von lernen.

Auf Weltreise gibt es keinen festen Stundenplan

Jonas, Jano, Jana und Jessica Pietzko aus Geesthacht auf dem Dach ihres rosa Oldtimers „Heidi“.
Jonas, Jano, Jana und Jessica Pietzko aus Geesthacht auf dem Dach ihres rosa Oldtimers „Heidi“. © Privat | Privat

Das kann nicht nur ein Gewitter sein. Als sie am Strand einen toten Wal sahen, holten sie ein entsprechendes Was-ist-was-Buch heraus. Eine Schlangenhaut nutzten sie zur Bestimmung der Art und um zu klären, welche Schlangen giftig sind und welche nicht. Im Oman waren sie in einem Museum zur Öl-Förderung. Und in Griechenland und der Türkei besuchte Jano für ein paar Wochen Schulen vor Ort.

„Auch wenn wir vom Umfang in Summe weniger Unterricht machen: Unser Anspruch ist, dass Jano bei unserer Rückkehr auf dem gleichen Stand der anderen Kinder ist“, sagt Papa Jonas Pietzko. Dafür gibt es aber keine feste Schulzeiten, gelernt wird quasi zwischendurch. Kopfrechnen wird einfach mal so während der Fahrten mit „Heidi“ eingestreut.

Als Eltern zu unterrichten: eine Herausforderung

Doch auch Lesen, Schreiben und Mathe kommen nicht zu kurz. Jano ist bei den Pietzkos für die Umrechnung der jeweiligen Landeswährungen in Euro zuständig. Lesen hat Jano gelernt, der in Deutschland auf die Freie Demokratische Schule in Wohltorf ging, weil er wissen wollte, wie er bei einem Spiel auf der Nintendo Switch weiterkommt. „Oder er liest in seinen Angelbüchern“, erzählt die Mutter.

Als sie zu Hause erzählten, dass sie auf Weltreise gehen würden, haben sie vereinzelt aus ihrem Umfeld zu hören bekommen, dass sie ihrem Sohn die Bildung entziehen würden. Schließlich besteht in Deutschland Schulpflicht, und ein Einverständnis der Schulaufsichtbehörden für eine Befreiung über einen so langen Zeitraum zu bekommen, ist in der Regel ausgeschlossen.

Jano (9): „Ich kann Fische ausnehmen und filetieren“

„Heidi“ ist ein umgebauter Mercedes Rundhauber 1113 (Baujahr 1978) und war früher mal ein Feuerwehrauto.
„Heidi“ ist ein umgebauter Mercedes Rundhauber 1113 (Baujahr 1978) und war früher mal ein Feuerwehrauto. © Jessica Pietzko | Jessica Pietzko

„Auch einen Lehrplan von der Schule mitzubekommen und regelmäßig Tests an die Lehrer zu schicken, war uns zu anstrengend“, sagt Jessica Pietzko. Also blieb nur die Möglichkeit, Jano vom gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland abzumelden, um so die Schulpflicht zu umgehen. Von ihrer alten Schulen holten sie gleichwohl Tipps und nahmen viele Materialien mit. Und im Zweifel hilft Youtube.

Nichtsdestotrotz sei es eine Herausforderung gleichzeitig Elternteil und Lehrer zu sein. „Das strengt uns alle manchmal an. Aber dann gibt es einfach eine Pause“, räumt Jessica Pietzko ein.

Und wie sieht es der Beschulte selbst? „Wir haben Bücher für Englisch, Mathe und Deutsch dabei. Und viele Bücher über Erdkunde und die Welt. Aber Erdkunde lerne ich ja hier selber in der Natur. Ich kann gut Survival – Outdoor leben, zelten, angeln – das kann ich alles. Ich kann die Fische auch ausnehmen und filetieren. Also wenn wir mal kein Brot mehr haben, brauchen sich meine Eltern keine Sorgen zu machen“, sagt der junge Weltreisende. Wir begleiten die Pietzkos, die am 8. Februar 2022 in Geesthacht gestartet sind auf ihrer Reise, für die sie ihre Elternzeit nutzen.