Geesthacht. Zeugen gibt Polizei in Geesthacht Hinweis zur Identität des Mannes. Werden ihm nun die Kosten für die Suche in Rechnung gestellt?
Er ist nicht ertrunken: Der Angler, nach dem am Mittwochnachmittag, 24. Mai, mit einem Großaufgebot von Feuerwehr und DLRG vor dem Geesthachter Menzer-Werft-Platz auf der Elbe gesucht worden war, ist von der Polizei am Wochenende gesund und munter angetroffen worden. Ein Zeuge hatte sich gemeldet und den entscheidenden Hinweis zur Personalie gegeben.
Er hatte die beim Anleger zurückgelassenen Anglersachen auf dem Foto erkannt, mit dem die Polizeidirektion Ratzeburg die Bevölkerung um Mithilfe bei der Klärung des Rätsels gebeten hatte. Ein Kescher, zwei Klappmesser, ein blauer Adidas-Rucksack und ein schwarzer Plastikeimer mit toten Aalen hatten beim Geesthachter Hafenmeister am Mittwochvormittag den Eindruck erweckt, dass eine angelnde Person in das Elbwasser gefallen sein könnte. Er rief die Polizei.
Elbe in Geesthacht: Gesuchter Angler wieder da
Eine Kostenübernahme für die Suche seitens des nun doch nicht vermissten Anglers werde nicht geprüft, teilte die Polizeidirektion Ratzeburg mit. „Er hatte nicht die Absicht, so einen Einsatz auszulösen, das ist der Knackpunkt“, sagt eine Polizeisprecherin. An der Suche beteiligt mit sieben Booten waren neben den Feuerwehren aus Geesthacht und von der niedersächsischen Elbseite auch die DLRG.
Auch für die Geesthachter Stadtverwaltung hat sich der Fall erledigt. „Das werden wir nicht in Rechnung stellen“, teilt Sprecherin Katharina Richter mit. Die Suchaktion sei von dem Angler nicht vorsätzlich ausgelöst worden. Sie geht davon aus, dass auch die DLRG und die weiteren beteiligten Wehren es ähnlich sehen werden. Was so ein Einsatz im Fall der Fälle kosten würde, vermag Sabine Erdmann vom Fachdienst Öffentliche Sicherheit nicht zu sagen – da fehle schlichtweg die Erfahrung. „Ich habe hier noch nie einen Einsatz erlebt, den man hätte in Rechnung stellen können“, sagt sie.
Der Einsatz der Drehleiter ist mit 300 Euro pro Stunde am teuersten
In der Satzung für die Geesthachter Feuerwehr sind die Gebührensätze festgehalten. Es gilt das Prinzip, je schwerer das Fahrzeug, desto teurer wird es. Die Angaben beziehen sich auf Stundenpreise. Inklusive Ausrüstung kostet ein Fahrzeug bis sechs Tonnen zulässiges Gesamtgewicht 75 Euro, bis 9,5 Tonnen 100 Euro, über 9,5 Tonnen 150 Euro, die Drehleiter schlägt mit 300 Euro zu Buche. Für Feuerwehrpersonal werden pro Kopf 39 Euro fällig, für das Rettungsboot 18 Euro. Der Einsatz am Mittwoch dauerte etwa dreieinhalb Stunden.
Der Einsatz der Feuerwehr Geesthacht ist gebührenfrei bei Bränden, der Befreiung von Menschen aus lebensbedrohlichen Lagen, der Hilfeleistung bei Not- und Unglücksfällen durch Naturereignisse und der gemeindeübergreifenden Hilfe bis zu einer Entfernung von 15 Kilometer Luftlinie von der Grenze des Einsatzgebietes – sofern es halt keinen Vorsatz gibt für die Verursachung von Gefahr oder Schaden oder eine vorsätzlich grundlose Alarmierung.
Ein verwaister Rollstuhl auf dem Anleger löste einen ähnlichen Einsatz aus
Bei der Geesthachter Feuerwehr hat man schon einmal einen ähnlichen Fall erlebt wie jetzt mit dem vermeintlich vermissten Angler. Vor ein paar Jahren war auf dem Anleger ein verwaister Elektro-Rollstuhl entdeckt worden. Wegen der Befürchtung, der Fahrer könne ins Wasser gefallen sein, wurde eine Rettungsaktion zu Wasser wie in der vergangenen Woche gestartet.
Schließlich hatte einer der Einsatzkräfte die plötzliche Eingebung, auf dem Salonschiff Aurora anzurufen, das vom Anleger aus zu seinen Touren startet. Die Telefonnummer ist dort auf einem Schild vermerkt. Und tatsächlich, beim vermissten Rollstuhlfahrer handelte es sich um einen der Ausflugspassagiere. Er war mit fremder Hilfe an Bord gelangt und hatte den sperrigen Rollstuhl nur für die Dauer des Törns zurückgelassen.
„Sofern nicht die Absicht dahinterstehen würde, einen Notfall vorzutäuschen, um damit einen Einsatz auszulösen, stellt auch die Feuerwehr die Einsätze nicht in Rechnung“, sagt Geesthachts Wehrführer Sascha Tönnies. Ein vermeintlicher Abschiedsbrief wegen eines vorgetäuschten Selbstmordes am Ufer wäre so ein Fall, oder auch eine Brandstiftung oder Bombendrohung.
Selbst für einen Notfall, der durch eine Unachtsamkeit ausgelöst wurde, muss nicht bezahlt werden. Ein klassisches Beispiel ist hier der Ausbruch eines Brandes, weil Essen auf dem angestellten Herd vergessen wurde und dann verschmorte.
Der Stormarner hatte keine Angelgenehmigung für den Bereich
Bleibt noch die Frage, warum der Angler seine Sachen an Ort und Stelle vergessen haben könnte. Es handelt sich um einen 28-Jährigen aus dem Kreis Stormarn. Er habe zwar einen Angelausweis vorweisen können, aber keine Genehmigung für das Gebiet beim Menzer-Werft-Platz, teilt die Polizei auf Nachfrage unserer Redaktion mit. Sie ermittelt nun wegen Fischwilderei.
Diese Lage passt zu den Spekulationen in Anglerkreisen über die Hintergründe. Fischereiaufseherobmann Michael Stein vom Angelverein Geesthacht hat da so seine Erfahrungen gemacht. Er kontrolliert mit bis zu 16 Fischaufsehern regelmäßig die Angler an den Geesthachter Gewässern auf die Angelberechtigung. Am Anleger beim Menzer-Werft-Platz ist die Grenze der Zuständigkeiten zwischen dem Angelverein und dem Landesverband Schleswig-Holstein. Auf dem Anleger selbst darf nicht geangelt werden.
Billiges Equipment wird bei der Flucht schon mal zurückgelassen
„Wir sind oft zu sehen am Wasser und haben die Fischwilderei in Geesthacht mittlerweile sehr gut in den Griff bekommen“, sagt Michael Stein. In den letzten ein bis zwei Jahren musste man nur noch drei bis vier Anzeigen schreiben. „Die meisten Angler ohne Schein kommen nicht aus Geesthacht. Es sind meist Ortsfremde aus Hamburg, wegen des Brassenangelns waren auch schon Bielefelder da, und sehr viele Osteuropäer wie Bulgaren und Rumänen“, sagt Michael Stein.
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„Es ist nicht ungewöhnlich, dass Fischwilderer versuchen, vor Kontrollen ihre Sachen schnell noch zu verstecken. Und wer ein billiges Equipment hat, lässt es auch mal einfach zurück und geht schnell weg“, berichtet Michael Stein. Auch er hat sich das Bild der Polizei von den zurückgelassenen Angelsachen angesehen. „Auf dem Foto sahen die Sachen nicht teuer aus. Ein Bußgeld kann bis zu 450 Euro kosten, günstige Angelausrüstung nur 50 Euro. Der Verlust tut dann nicht so weh“, sagt Michael Stein.
Sollte es auch in diesem Fall so gewesen sein, ändert das aber nichts daran, dass der Stormarner für die Einsatzkosten nicht zur Verantwortung gezogen wird.