Geesthacht. Nach den geplatzten Afrika-Träumen will die Weltreise-Familie Pietzko aus Geesthacht jetzt durch das Zweistromland fahren.

Die Pläne auf ihrer Weltreise mit „Heidi“ das so getaufte Expeditionsmobil von Saudi-Arabien nach Afrika zu verschiffen, um anschließend bis nach Südafrika zu fahren, hatte Familie Pietzko aus Geesthacht schon Anfang April verworfen. Die neuen Nachrichten aus dem Sudan, wo das Militär Mitte des Monats geputscht hat und ein Bürgerkrieg ausgebrochen ist, hat unsere Weltreisenden in ihrer Entscheidung bestätigt. Doch auch ihre Alternativroute ist nichts für Weicheier: Jonas und Jessica Pietzko sind mit den Kindern Jano (9) und Jana (2) auf dem Weg in den Irak, den sie mit ihrem rosa-farbenen Expeditionsmobil„Heidi“ in zwei bis drei Wochen durchfahren wollen.

Vorab haben sie sich ausführlich über die aktuellen Bedingungen im Zweistromland informiert, unter anderem bei einem langen Telefonat mit der deutschen Botschaft. „Der Mitarbeiter hat uns gesagt, dass wir vor dem Irak überhaupt keine Angst haben müssen. Es würde uns absolut nichts passieren. Der Krieg sei schon lange vorbei“, berichtet Jessica Pietzko und ergänzt: „Wir haben mit unser rosa Heidi ja auch ein freundlichen Erscheinungsbild.“

Ein Saudi, der am Straßenrand Wassermelonen verkauft, ruht inmitten seiner Ware.
Ein Saudi, der am Straßenrand Wassermelonen verkauft, ruht inmitten seiner Ware. © Pietzko

Irak statt Sudan: Familie Pietzko hat keine Angst

Allerdings gilt das nicht für das ganze Land. In der Region zwischen der Hauptstadt Bagdad und der Grenze zu Jordanien gibt es noch Anhänger des Islamischen Staats (IS). Diesen Bereich empfiehlt die Botschaft zu meiden. Die Fahrt ist nur mit einer Militäreskorte möglich und man muss ohne Halt in 15 Stunden absolviert sein. Darauf haben die Pietzkos dann doch lieber verzichtet.

Sie und eine andere Familie, mit der sie das Land bereisen, fahren stattdessen über Kuwait in den Irak. Gerade sind sie auf dem Weg dahin und durchqueren erneut Saudi-Arabien. Von der irakischen Grenze ist es auch nicht weit bis zur Hafenstadt Basra und vor allem zu einem sagenumwobenen Sumpfland, „Garten Eden“ genannt – dem ersten Nationalpark des Landes. Der Sumpf war unter Saddam Hussein fast vollständig ausgetrocknet und wird gerade renaturiert. Wasserbüffel sind bereits wieder heimisch.

Jano, Jessica und Jana Pietzko in Dschidda (Saudi-Arabien).
Jano, Jessica und Jana Pietzko in Dschidda (Saudi-Arabien). © Pietzko

Andere Reisende berichten nur Positives über das Land

„Nein, Angst haben wir nicht“, sagt Jessica Pietzko. „Wir sind aufgeregt. Aufgeregt, was uns erwartet. Wir rechnen mit viel Armut, Müll und zerbombten Häusern. In Sachen Sicherheit sind wir überhaupt nicht besorgt. Alle Reisenden, die dort waren, haben nur Positives berichtet.“ Der Botschaftsmitarbeiter erzählte überdies vom jüngsten Besuch der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock, die große finanzielle Hilfe zugesagt hat. „Deshalb seien Deutsche gerade im Irak beliebt“, hat Jessica Pietzko erfahren.

Gleichwohl wollen sie eine App nutzen, damit die deutsche Botschaft immer weiß, wo sie sich gerade aufhalten. Und sich natürlich landestypisch kleiden. Also mit Kopftuch für Jessica und langer Hose für Jonas. Weil der Irak nicht auf Touristen eingerichtet ist, stellen sie sich auch schon auf einen langen Grenzübergang ein. „Dort soll es chaotisch zugehen“, hat sich Jonas Pietzko schlau gemacht. Und US-Dollar müssen sie ausreichend mitnehmen, weil im Irak Bargeld regiert.

Reisen im Irak: „Das ist Geschichtsunterricht ganz nah“

„Jano hat bestimmt viele Fragen. Das ist dann Geschichtsunterricht ganz nah: Wann war der Krieg? Warum? Wer gegen wen? Wir lesen selbst gerade noch einmal viel. Auch solche Länder zu bereisen, ist wichtig. Es kann nicht immer alles toll sein auf einer Langzeitreise. Jano ist ein Junge und interessiert sich sehr für Waffen und Panzer, vielleicht sensibilisiert ihn diese Erfahrung“, sagt Jessica Pietzko.

Vor über 14 Monaten waren die Pietzkos am 8. Februar 2022 in Geesthacht gestartet. Zuvor hatten sie alles aufgegeben: Haus, Auto, Wohnmobil sowie fast ihren kompletten Besitz. Nur noch ein paar Kisten mit Erinnerungen lagern noch auf Omas Dachboden. Seitdem nutzen sie ihre Elternzeit, um die Welt zu bereisen. Vor Januar 2024 wollen sie nicht zurück sein. Wir begleiten sie auf ihrer Reise.