Geesthacht. Das Gebäude im Edmundsthal in Geesthacht steht seit Jahren leer. Potenzieller Käufer will bezahlbaren Wohnraum schaffen.
Das Thekla-Haus im Edmundsthal in Geesthacht steht so lange leer, dass es sogar bereits Geisterjäger für sich entdeckten und dort paranormale Aktivitäten beobachtet haben wollen. Doch im Ernst: Bald könnte der Spuk vorbei sein und wieder neues Leben in das 1898 im Kolonialstil errichtete Gebäude einziehen.
Für das Haus, für das seit Ende 2020 ein Käufer gesucht wird, gibt es einen Kaufinteressenten, der es in ein inklusives Mehrgenerationen-Wohnhaus umwandeln möchte. Am Dienstag hat die Oekogeno-Genossenschaft das Projekt im Stadtplanungsausschuss vorgestellt.
Im Thekla-Haus soll bezahlbarer Wohnraum entstehen
Demnach sollen auf den 4524 Quadratmetern wohnen, arbeiten und kulturelle Begegnungen zusammen möglich sein – und zwar in genossenschaftlich organisiertem, bezahlbarem Wohnraum. Der soll teilweise in sogenannten Cluster-Wohnungen angeordnet werden, also eigenen kleinen Apartments mit Gemeinschaftsflächen.
Integriert werden sollen auch eine Kita und/oder Hort für die Bewohner des Quartiers sowie begleitende Gewerbeflächen, etwa für Physio- oder Ergotherapie. Oekogeno möchte auch die Nebengebäude nutzen und eine Grundstücksfläche von 16 Hektar erwerben.
Thekla-Haus soll verkauft werden – was der Interessent plant
Oekogeno ist eine Genossenschaft mit Sitz in Freiburg im Breisgau, die es seit mehr als 30 Jahren gibt und bundesweit 15.500 Mitglieder hat. Oekogeno setzt soziale und regenerative Projekte um, bislang vornehmlich in Baden-Württemberg. Die Genossenschaftsmitglieder helfen eigenen Angaben zufolge mit ihren Anteilen, die Energiewende voranzutreiben und inklusive Wohnprojekte zu fördern. Ein weiterer Geschäftsbereich ist eine nachhaltige Land- und Forstwirtschaft. So betreibt Oekogeno etwa auch drei Windparks.
Für die Umsetzung des Projekts in Geesthacht ist ein Neubau auf dem 16 Hektar großen Grundstück geplant. Das könnte allerdings zu Problemen mit dem Denkmalschutz oder der unteren Naturschutzbehörde führen. Das Thekla-Haus steht unter Schutz, zudem liegt Edmundsthal mitten im Wald am Geesthang. Dennoch begrüßt Geesthachts Bürgermeister Olaf Schulze das Projekt. „Das ist für die Stadt interessant und ein ökologisch, sozialer Ansatz passt in die Gegend“, sagt Schulze.
Eigentümer ist Hamburg, Geesthacht hat Planungsrecht
Eigentümer des Grundstücks ist allerdings die Stadt Hamburg, lediglich das Planungsrecht liegt in Geesthacht. Deshalb waren auch Vertreter vom Landesbetrieb Immobilienmanagement und Grundvermögen der Hansestadt im Stadtplanungsausschuss zugegen. „Ich habe aber die Zusage, dass es nur verkauft wird, wenn es in Einklang mit Interessen der Stadt ist“, so Schulze. Die Stadt hat etwa Einrichtungen wie eine Disco oder Casino ausgeschlossen. Für das Thekla-Haus soll ein Erbbaurecht bestellt werden.
Die Besitzverhältnisse sind historisch bedingt. Als der Hamburger Kaufmann und Reeder Edmund Siemers, nach dem auch die Siemersallee benannt ist, seiner Heimatstadt 1896 eine Lungenheilanstalt für mittellose Tuberkulose-Kranke stiftete, gehörte Geesthacht noch zu Hamburg. Das blieb selbst so, als die Elbestadt nach dem Groß-Hamburg-Gesetz an Schleswig-Holstein fiel.
Häuser nach der Familie von Edmund Siemers benannt
Die Lungenheilanstalt Edmundsthal-Siemerswalde, wie die Klinik ab 1912 in Gedenken an den Stifter hieß, wurde im Ersten Weltkrieg Lazarett und später, als die Tuberkulose nicht mehr so verbreitet war, mehrfach um die Behandlung anderer Krankheitsbilder erweitert. Anfang der 1980er-Jahre erfolgte die Aufteilung in zwei Bereiche. Im Hans- und im Kurt-Haus in einen geriatrischen Part mit Versorgung älterer Patienten, die heute den Johannitern gehören, sowie einen neurologischen Teil im Susannen-Haus (heute Vamed), während im Thekla-Haus die Verwaltung unterkam.
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Die Gebäude auf dem knapp 60 Hektar großen Gelände (entspricht etwa 84 Fußball-Feldern) benannte Edmund Siemers nach seiner Frau (Susanne), den Söhnen (Hans und Kurt) sowie Tochter Thekla. Zudem gibt es weitere Wohnhäuser, die zum Teil auch heute noch von ehemaligen leitenden Angestellten bewohnt werden.
Olaf Schulze: „Es ist ein Stück Geesthachter Geschichte“
Vor knapp 20 Jahren hatte ein Vorgänger der Vamed AG seine Verwaltung im Thekla-Haus. Zudem wohnten dort auch Zivildienstleistende oder andere Angestellte. Anschließend wurde das Gebäude häufiger für Dreharbeiten genutzt. In den vergangenen zwei Jahren stieg auf dem Gelände ums Thekla-Haus eine Theateraufführung im Rahmen des Kultursommers am Kanal.
Dennoch: Je länger das Thekla-Haus leer stand, häufte sich Vandalismus. Immer wieder wurde eingebrochen, bis schließlich das Erdgeschoss und der Keller mit Metallplatten verschlossen wurden, damit nicht noch mehr Schindluder getrieben wird.
Wobei es im Haus manierlicher aussieht, als von außen zu erahnen ist. Das stellten auch Olaf Schulze und Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel im Juni 2021 bei einem Ortstermin selbst fest. Einem Geist begegneten sie bei dem Besuch nicht. Dafür stellte Olaf Schulze schon damals fest: „Es ist ein Stück Geesthachter Geschichte und sollte wieder im alten Glanz erstrahlen.“