Geesthacht. In unserer neuen Serie treffen sich der Redakteur und der Bürgermeister und sprechen über vergangene Zeiten und die Zukunft.

„Schulz trifft Schulze“ heißt unsere neue Serie, bei der in loser Folge zwei waschechte Geesthachter über ihre Stadt plaudern. Unser Redakteur Dirk Schulz (Jahrgang 1975) ist genauso wie Bürgermeister Olaf Schulze (geboren 1967) in Geesthacht groß geworden. Beide treffen sich an wechselnden Orten im Stadtgebiet und sprechen über ihre persönliche Verbindung mit diesem Ort, aber werfen auch einen Blick in die Zukunft. Zum Auftakt von „Schulz trifft Schulze“ geht es um die Zentrale Sportanlage an der Berliner Straße.

Das 1978 erbaute Stadion mit Fußballrasenplatz, Leichtathletik-Anlagen und der überdachten Zuschauertribüne liegt malerisch am Rande des Stadtwaldes. In sportlicher Sicht gab es indes schon bessere Tage. Für den heutigen Bürgermeister hatte die Sportfläche derweil auch eine andere Bedeutung. Der alte Grandplatz war der Auslaufbereich seines Rodelreviers. „Wir sind da immer Schlitten gefahren und bis auf den Sportplatz gekommen. Damals war das Gelände ja noch nicht umzäunt“, erinnert sich Olaf Schulze.

An verschiedenen Orten in Geesthacht: „Schulze trifft Schulze“

Vom Hochhaus am Ziegenkrug, wo er mit Eltern und Bruder aus dem Hechtholz hingezogen war und etwa vier Jahre wohnte, war es schließlich nur ein Katzensprung bis in den Stadtwald. „Ein bisschen Schwung hat man am Hang dort ja gekriegt“, sagt Schulze schmunzelnd. Jedes Kind hat halt so seine „Todesbahn“. Die des Redakteurs lag im Wald in der Oberstadt. Dorthin, genauer gesagt in den Hanseatenweg, zog Familie Schulze erst später – aber das ist ein anderes Thema.

Bürgermeister Olaf Schulze blickt auf sein altes Rodelrevier, das auf der Zentralen Sportanlage endete.
Bürgermeister Olaf Schulze blickt auf sein altes Rodelrevier, das auf der Zentralen Sportanlage endete. © Dirk Schulz

Das Stadion an der Zentralen Sportanlage erfüllte den gemeinen Jugendsportler, wie es der Autor einer war, indes mit Ehrfurcht. Der Rasenplatz war meist tabu für Nachwuchsteams und der 1. Mannschaft des VfL Geesthacht vorbehalten. Ich kann mich nur an ein Jugendspiel erinnern, bei dem ich als gegnerisches Team vom VfL Grünhof-Tesperhude aus der Umkleidekabine im Bauch des Stadions die Treppen zum Stadion hochgehen durfte. Ansonsten durfte man höchstens zu den Bundesjugendspielen auf die Tartanbahn.

Olaf Schulze: Abwehrspieler, Rock’n’Roll-Tänzer und Sänger

Es waren die großen Zeiten des VfL Geesthacht, als der Club Anfang der 1980er-Jahre in der Spitzengruppe der höchsten Hamburger Liga zu finden war und unter Manager Raimund Osternack ans Tor zur dritten Liga klopfte. Zu Heimspielen in der Verbandsliga, wie die heutige Oberliga damals noch hieß, waren 800 Zuschauer gang und gäbe.

Einer der Stammgäste: der junge Olaf Schulze. „Ich habe zugeguckt, als das Stadion gebaut wurde und habe auch die glorreiche Zeit des VfL miterlebt“, so der heutige Bürgermeister. Auch damals kam er mitunter durch die „Hintertür“ aus dem Stadtwald. Als das zu viele taten und den Geesthachtern wichtige Zuschauereinnahmen flöten gingen, wurde der Sportplatz schließlich umzäunt.

Schulze trug als Jugendlicher auch das VfL-Trikot. „Ich war Abwehr“, blickt er zurück. Für die große Karriere reichte es jedoch nicht. Was viele Geesthachter nicht wissen: Olaf Schulze versuchte sich anschließend als Turniertänzer (Musikstil: Rock’n’Roll) sowie als Sänger bei den Comedian Disharmonists. Letzteres liegt jedoch über 20 Jahre zurück.

Zentrale Sportanlage wieder mehr nutzen

Auch die Zeiten von höherklassigem Fußball im Stadion sind längst Geschichte. Der VfL Geesthacht hat heute sogar gar keine Fußball-Abteilung mehr, und der FSV Geesthacht, der aus einer Fusion der VfL-Fußballer mit dem FC Geesthacht hervorgegangen war, spielt ausschließlich auf dem unterhalb des Stadions liegenden Kunstrasenplatz. Ab und an trainieren die Leichtathleten der LG Oberelbe im Stadion. Allerdings war die Anlage wegen eines Dachses 2022 weitgehend gesperrt, in der Laufbahn ist zudem ein gefährliches Loch in einer Bahn. Und die Qualität des Rasenplatzes hat auch abgenommen.

„Ich würde es begrüßen, wenn das Stadion wieder mehr genützt würde. Wir haben uns im Zuge des Sportentwicklungsplans auch mit dem Stadion befasst“, betont Olaf Schulze und verwies zudem auf kulturelle Veranstaltungen auf der Anlage wie das Open-Air-Kino im Stadion oder die Mitsing-Konzerte.

Eine Vereinsfusion ist aktuelle kein Thema

Generell sei Geesthacht mit drei Kunstrasenplätzen (Silberberg, Berliner Straße, Westerheese) im Sport gut aufgestellt. „Im Fußball müsste man die Kräfte bündeln“, brachte Schulze eine alte Kamelle ins Spiel. Das scheiterte jedoch oft an Animositäten zwischen den Clubs. Aus einer großen Lösung wurde so 2007 nur der erwähnte Versuch der Hochzeit zwischen VfL und FCG, der aber auch nur wenige Jahre hielt. Aktuell steht eine Fusion nicht zur Debatte. „Ein Düneberger kommt nicht ins Stadion rauf“, weiß zudem Olaf Schulze. Hintergrund: Aktuell hat der Düneberger SV als erster Geesthachter Verein seit gut 20 Jahren realistische Chancen, zumindest in Hamburgs höchste Fußball-Liga aufzusteigen.

Olaf Schulze: „Verein sollten mit Schule kooperieren“

Olaf Schulze gibt noch einen anderen Aspekt zu bedenken: „Das Problem ist, dass der Trend zu immer individuellerem Sporttreiben und weg vom Verein geht, obwohl wir engagierte Vereine haben.“ Eine Herausforderung sei für die Clubs der Ganztag in den Schulen. Es gelte, „intelligente Lösungen“ zu finden und Vereine in eine Kooperation mit den Schulen zu bekommen. „Frankreich und die skandinavischen Länder binden die Vereine mit ein. Denkbar halte ich, wenn etwa Vereine Kurse am Nachmittag im Ganztag anbieten und diese bezahlt bekommen“, so Schulze.

Bis wieder mehr Leben im Stadion Einzug hält, könnte man wohl getrost auch heute noch bis in die Zentrale Sportanlage rodeln – also ohne Zaun und mit Schnee. Doch „Schnee und Rodel gut“ hieß es in Geesthacht zuletzt vor zwei Jahren, als der Autor seinen Kindern endlich mal seine „Todesbahn“ aus der Jugend zeigen konnte.