Geesthacht. Vereine ohne Spielstätte. Weil die Tiere geschützt sind, dürfen sie nicht eingefangen werden. Wie das Problem nun gelöst werden soll.
Normalerweise verursachen die Hammerwerfer Löcher im Rasen einer Sportanlage. In Geesthacht gibt es noch eine Ursache mehr – und die sorgt dafür, dass der Sport nun erst mal Pause hat.
Weil eine Dachsfamilie Hunger hat, verrammelt die Geesthachter Stadtverwaltung das Stadion an der Berliner Straße. Soll heißen: Voraussichtlich ab Mitte Mai werden der Rasenplatz inklusive Laufbahn und Weitsprunganlage gesperrt.
Dachs in Geesthachter Stadion – Platz gesperrt
„Etwa ab dem 11. Mai kann keiner mehr rauf“, sagt Stadtsprecherin Wiebke Jürgensen. Dann wird ein Bauzaun aufgebaut, um die Dachse auszusperren. Vorher ist der Platz zwar theoretisch noch betretbar, die Stadt möchte aber, dass auch das ab sofort unterbleibt. Die Verletzungsgefahr sei wegen der vom Dachs gebuddelten Löcher zu groß. Die Gruben im Rasen sind zum Teil bis zu acht Zentimeter tief.
Immerhin: Der Kunstrasenplatz, die benachbarte Weitsprunganlage am unteren Teil des Sportplatzes, die beiden Kleinspielfelder und die Kugelstoßanlage stehen unverändert zur Verfügung.
„Für die Vereine und andere, die von der Sperrung betroffen sind, ist die Situation sehr ärgerlich – das verstehen wir. Leider gibt es aber keine andere Möglichkeit, als den Rasenplatz vorerst zu sperren. Wir werden gemeinsam mit den Betroffenen nach Ersatztrainingszeiten auf anderen Sportanlagen suchen“, erklärt Sylvia Funke, Leiterin des Fachdienstes Immobilien, die Situation.
Betroffen von der Sperrung sind die Sportler der LG Oberelbe, der Leichtathletikgemeinschaft von VfL Geesthacht und VfL Grünhof-Tesperhude. Trainerin Bianca Scharnweber ist nicht gerade glücklich über die Entwicklung, hat aber Verständnis für das Vorgehen der Stadt. „Bis Ostern waren wir in der Halle, ich bin das erste Mal vor 14 Tagen auf dem Platz gewesen und habe schon gedacht, warum ist der so hügelig“, berichtet sie.
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Der Rasenplatz an der Berliner Straße gleicht durch den Dachsbesuch derzeit einer Hügellandschaft. „Teile der Rasenfläche wurden förmlich umgegraben“, bestätigt Sylvia Funke den Eindruck. Angelockt wurden die nachtaktiven Wildtiere offenbar durch ein Insekt, das Dachse unwiderstehlich lecker finden – Tipula-Larven der Wiesenschnake, die in der Erde unter Rasenflächen sitzen.
„Offenbar haben die Larven nun Dachse aus dem angrenzenden Wald angelockt“, sagt Anja Maaske vom Fachdienst Tiefbau der Geesthachter Stadtverwaltung. Entsprechende Beweisfotos lieferte bereits eine Wildkamera. Darauf ist zwar nur ein Dachs zu sehen, doch die Spuren verraten, dass es sich um mehrere Dachse handeln dürfte. Die Dachse haben jetzt Junge, vielleicht ist es eine Familie. Mit ihren scharfen Krallen wühlen Dachse den Boden auf, um nach ihren Leckerbissen zu suchen.
Geesthacht will Dachs-Problem dreigleisig lösen
„Die Rasenfläche ist zurzeit wegen der Unebenheiten nicht nutzbar“, sagt Jens-Peter Schulz, Leiter des Fachdienstes Tiefbau. Lösen möchte die Stadtverwaltung das Problem dreigleisig: Einmal mit Lebendfallen, dies ist wegen der Schonzeit aber erst ab 1. August möglich. Bis dahin geht es zunächst den Larven an den Kragen, damit die Rasenfläche für den Dachs an Attraktivität verliert. „Wir werden Fadenwürmer auf dem Rasen ausbringen, die natürliche Fressfeinde der Larven sind. Fadenwürmer sind für Menschen ungefährlich. Auch anderen Tieren schaden die Würmer nicht“, erläutert Anja Maaske das Vorgehen.
Zudem würden die turnusmäßigen Pflegearbeiten nun auf die Dachsproblematik angepasst durchgeführt. „Damit sich die Dachse nach den Arbeiten nicht weiter am Rasenplatz zu schaffen machen, wird der Platz durch einen angepassten Bauzaun geschützt“, erklärt Jens-Peter Schulz. Lücken zum Boden werden abgedichtet.
Dachse sind Buddelkünstler – Zaun muss auf die Laufbahn
Aufgestellt werden die Zaunelemente auf der Laufbahn, die darum ebenfalls gesperrt wird. Würden die Zäune auf den Rasen gestellt, würden sich die Buddelkünstler einfach unter dem Zaun hindurchgraben.
Die drei Leichtathletik-Gruppen vom Dienstag und Sonnabend mit insgesamt mehr als 50 Kindern und Jugendlichen ziehen bis zur Lösung des Problems nun zur Sportanlage der Westerheese in Grünhof-Tesperhude um. „Es wird eng auf dem Platz, es geht aber, wenn jeder auf jeden Rücksicht nimmt“, meint Bianca Scharnweber. Die Wurfdisziplinen seien allerdings sehr eingeschränkt. Aber es gebe Schlimmeres. „Durch Corona haben wir gelernt, uns gut zu organisieren und Rückschläge hinzunehmen“, sagt sie.