Geesthacht/Pinneberg. Bei Benefizaktion verabschieden 300 Fackelträger das Feuerwehrauto samt Ausrüstung. Warum der Hilfskonvoi noch nicht startet.

Die beispielhafte Aktion „Retter helfen Rettern“ ist auf den Weg gebracht. Am späten Sonntagnachmittag fuhr das ausgemusterte Löschfahrzeug der Freiwilligen Feuerwehr Geesthacht voll beladen mit Material von Pinneberg wieder zurück an die Elbe. Begleitet von läutenden Kirchenglocken, einem Fackelzug mit 300 Feuerwehrleuten und brennenden Kerzen startete der kleine Hilfskonvoi zu seiner Benefizaktion, die das Fahrzeug mit reichlich technischem Hilfsmaterial aber wohl erst Anfang Januar in die Ukraine bringen wird.

„Wir haben so viel Material gesammelt, dass es gleich für mehrere Feuerwehrzeuge reichen würde“, sagte Pinnebergs Wehrführer Claus Köster bei der Verabschiedung des Löschfahrzeuges rund 64 Kilometer von Geesthacht entfernt.

„Retter helfen Rettern“: 25 Wehren haben gespendet

25 Wehren aus ganz Schleswig-Holstein hatten Helme, Schutzkleidung, Schläuche, Stahlrohre, Notstromaggregate, Maschinentechnik, Kabeltrommeln, Dreiersteckdosen, Gaskocher und Zelte gespendet, die am Sonntagnachmittag mit vereinten Kräften auf das Fahrzeug geladen wurden. Die Pinneberger Wehr hatte bereits im vorigen Jahr nach der Überflutung des Ahrtals die Aktion „Retter helfen Rettern“ ins Leben gerufen, auf die wiederum der Geesthachter Wehrführer Sascha Tönnies aufmerksam wurde.

Die beiden Initiatoren der Benefizaktion: die Wehrführer Sascha Tönnies von der FF Geesthacht (v. l.) und Claus Köster von der FF Pinneberg mit der ukrainischen Generalkonsulin Iryna Tybinka sowie den Bürgermeistern Olaf Schulze (Geesthacht) und Urte Steinberg (Pinneberg).
Die beiden Initiatoren der Benefizaktion: die Wehrführer Sascha Tönnies von der FF Geesthacht (v. l.) und Claus Köster von der FF Pinneberg mit der ukrainischen Generalkonsulin Iryna Tybinka sowie den Bürgermeistern Olaf Schulze (Geesthacht) und Urte Steinberg (Pinneberg). © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Gemeinsam mit den Pinneberger Kameraden entschieden die Geesthachter, der Feuerwehr in Lwiw in der Westukraine zu helfen, wo sich die Zahl der Bevölkerung seit Beginn des Krieges im Februar durch Flüchtlinge inzwischen auf 1,2 Millionen Menschen erhöht haben soll. Die Wasserversorgung für die dortigen Brandbekämpfer sei zudem sehr eingeschränkt. „Darum ist es auch so wichtig, dass wir unser Löschfahrzeug dorthin schicken, das mit einem Wassertank von 1800 Litern bestückt ist“, erklärte Wehrführer Tönnies.

Geesthachts Ratsversammlung hat Weg für die Spende freigemacht

Noch am Freitagabend hatte die Ratsversammlung auf ihrer Sitzung in Geesthacht endgültig den Weg freigemacht für diese Hilfsaktion, sagte Bürgermeister Olaf Schulze. „Es war ein einstimmiges Votum aller fünf Ratsfraktionen“, freute er sich. Eigentlich hätte das LF 16 nach 21 Jahren Dienstzeit und 25.000 Kilometern Einsatzfahrt jetzt meistbietend verkauft werden sollen, so der Verwaltungschef. Das sei so üblich. „Wir wechseln regelmäßig nach 20 Jahren unsere Feuerwehrfahrzeuge aus.“

Das Nachfolgegerät, ein modernes sogenanntes Hilfsleistungs-Löschgruppenfahrzeug (HLF 20), stehe schon dienstbereit in der Geesthachter Feuerwehr. In der Politik sei die Idee, das Fahrzeug an die Ukraine zu spenden, sofort von allen Fraktionen unterstützt worden, freut sich Bürgermeister Schulze. „Das ist eine gute Sache.“ Die ukrainischen Hilfskräfte könnten Fahrzeug und Material sehr gut gebrauchen und die Stadt den Einnahmeverlust von rund 10.000 Euro, die sie durch einen Verkauf des Fahrzeuges vielleicht erzielt hätte, ohne weiteres verschmerzen.

Geesthachter Wehr steht voll hinter der Aktion

Das Gleiche gelte für die Geesthachter Wehr, wo der Vorschlag, das Fahrzeug den Kameraden in der Ukraine zur Verfügung zu stellen, ebenfalls sofort gut aufgenommen wurde, wie Wehrführer Tönnies berichtet. „Ich habe nichts Negatives gehört.“

Die ukrainische Generalkonsulin in Hamburg, Iryna Tybinka, war auch zur Übergabe der Spenden in Pinneberg.
Die ukrainische Generalkonsulin in Hamburg, Iryna Tybinka, war auch zur Übergabe der Spenden in Pinneberg. © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Bei der Beladung und dem feierlichen zeremoniellen Appell vor dem Pinneberger Rathaus war auch Irina Tybinka, die Generalkonsulin der Ukraine aus Hamburg, dabei. Sie zeigte sich vom Hilfsengagement der Wehrkräfte aus dem Hamburger Umland vollauf begeistert. „Ich bin sehr gerührt und dankbar“, sagte sie. Ihre Landsleute und die dortigen Rettungskräfte könnten diese Ausrüstung sehr gut gebrauchen. „Wir sind auf solche Hilfe angewiesen, zumal die kritische Infrastruktur im Krieg zerstört wird, der jetzt immer mehr die Zivilbevölkerung trifft“, sagte Iryna Tybinka und fügte ein bisschen pathetisch hinzu: „In der Ukraine entscheidet sich die Zukunft Europas.“

Pinneberger Pastor: Licht der Liebe zum Leuchten bringen

Auch Pinnebergs Bürgermeisterin Urte Steinberg lobte die Hilfsbereitschaft ihrer Wehr. „Das ist eine supertolle Aktion. Ich freue mich, dass unsere Feuerwehr die Ukraine unterstützt und die Feuerwehren zusammenarbeiten.“ Die Hilfe gehe „dorthin, wo sie am dringendsten benötigt wird: Als Hilfe für die zivilen Opfer des Krieges.“ Und Pastor Harald Schmidt von der Lutherkirchengemeinde in Pinneberg sagte: „Tatkräftige Hilfsbereitschaft bringt das Licht der Liebe zum Leuchten. Heute wird das durch zivile Hilfe in einem gespendeten Feuerwehrfahrzeug sichtbar.“

Auch viel gespendetes Gerät ist zusammengekommen.
Auch viel gespendetes Gerät ist zusammengekommen. © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Mitinitiator Claus Köster erinnerte mit mahnenden Worten noch mal daran, wie wichtig solche Hilfslieferungen für die Menschen in dem Kriegsgebiet Ukraine seien. „Wir haben in Deutschland zwar hohe Energiepreise und Lebenshaltungskosten, aber wir haben unser Leben, unser Zuhause und unsere Familien und Freunde“, sagte er und fügte hinzu: „Wir leben in Frieden und Freiheit und wir müssen nicht frieren, hungern und verbringen nicht Tage und Nächte in Kellern und U-Bahnhöfen.“ Sonst bäten die hiesigen Wehren oft selbst um Hilfe und Unterstützung für ihre Feuerwehren, sagte Köster. „Jetzt gilt es, anderen zu helfen. Deshalb mein Appell: Lasst uns gemeinsam etwas tun, um mindestens zu Weihnachten ein wenig Trost und Nächstenliebe zu spenden.“

Privatpersonen können noch Geld spenden

Ganz rechtzeitig zum Friedensfest werde der Feuerwehr-Konvoi aus Schleswig-Holstein wohl nicht in der Ukraine ankommen. Es müssten noch etliche Formalitäten mit dem Zoll und anderen Behörden der Ukraine geklärt werden, berichteten die Initiatoren. Das sollte aber bis nach Weihnachten erledigt sein, sodass der Konvoi von zwei, drei Fahrzeugen und natürlich dem gespendeten LF16 spätestens Anfang Januar seine gut 1200 Kilometer lange Reise in das frühere Lemberg antreten könne. Das Fahrerteam soll aus acht freiwilligen Helfern der beiden Wehren aus Geesthacht und Pinneberg bestehen. Pinnebergs Wehrführer Köster will mitfahren.

Auch von privater Seite wird diese Benefizaktion unterstützt. Bis Sonntag waren gut 1500 Euro auf das Spendenkonto der Freiwilligen Feuerwehr Pinneberg eingegangen, das bei der Volksbank Pinneberg unter der IBAN-Nummer DE44 2219 1405 0000 3130 51 geführt wird.