Geesthacht. Politische Mehrheit will ein Konzept nach Lübecker Vorbild. Verwaltung holt andere Expertenmeinung ein. Wie es nun weitergeht.
Das Duell zwischen Lutz Fähser und Robert Reißig ist aufgeschoben. Der nächste Ausschuss für Umwelt und Energie am Montag, 25. Oktober (18 Uhr, Ratssaal), geht ohne die beiden Forstexperten mit gegensätzlichen Ansichten über die Bühne.
Hintergrund: Die seit Jahresbeginn überfällige Planung für die Entwicklung des Geesthachter Stadtwaldes (Forsteinrichtungswerk) hat der Ausschuss im August mehrheitlich abgelehnt. Das Bündnis aus SPD, Grünen, Linken und BfG hat in der Verwaltungsvorlage die Formulierung vermisst, dass sich das für den Stadtwald maßgebliche Werk am von Lutz Fähser entwickelten Lübecker Waldkonzept orientieren soll wie vom Viererbündnis gewünscht. Im Kern soll der Wald sich selbst überlassen bleiben, sich so standortgerecht entwickeln.
Stadt Geesthacht wartet auf eine schriftliche Antwort des Büros Reißig
Das Papier für Geesthacht hat das Büro von Robert Reißig in Bayern nach Ausschreibung gemäß Vorgaben der Stadt entworfen. Der Ausschuss hat beschlossen, die Waldfachleute gemeinsam einzuladen, um so zu einer Lösung zu kommen.
„Der Fachdienst Umwelt hat bisher noch keinen Termin vereinbaren können mit Herrn Fäser und Herrn Rech vom Büro Reisig, der die aktuelle Ausarbeitung zum Forsteinrichtungswerk vorgelegt hat“, teilt die Stadt zum aktuellen Stand mit. „Derzeit warten wir auf eine schriftliche Antwort von Herrn Rech, in der er auf die geäußerte Kritik von Herrn Fäser Stellung beziehen kann.“
Politiker sind sich beim Thema Forsteinrichtungswerk uneinig
Das Ringen um die Umsetzung des Lübecker Waldkonzeptes ist auch an Frank Böhmke und Markus Kaminski nicht spurlos vorbeigegangen. Die beiden wohnen direkt am Waldrand beim Ostpreußenweg. Sie hatten im Frühjahr 2020 mit großem Engagement die Fraktionen auf die mit Waldarbeiten verbundenen Zerstörungen in ihrem „Hauswald“ aufmerksam gemacht. Im Dezember waren sie beim „Pakt für eine andere Waldwirtschaft“ dabei mit SPD, Grünen, Linken und BfG.
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Die Waldfreunde sorgten sogar dafür, dass der Zusammenhalt des Paktes weiter Bestand hat. Auf einem gemeinsamen Friedensgipfel in Form eines Glühweinabends bei Frank Böhmke wurde der Bruch zwischen den Fraktionen wieder gekittet, den die Auseinandersetzungen um das Frauennachttaxi und Taxivergünstigungen für weitere Gruppen hatten entstehen lassen. SPD, Grüne und FDP hatten hier einen Block gebildet, CDU, Linke und BfG den anderen. Im letzten Ausschuss für Energie und Umwelt hielten die Fraktionen wieder zusammen.
Stadtwäldchen in Geesthacht kann kein Lieferant für Holz sein
„Wir können die Vorgehensweise nicht nachvollziehen“, sagt Frank Böhmke und schüttelt den Kopf. „Es gibt doch einen Konsens, dass das Lübecker Waldkonzept zumindest eine brauchbare Idee ist. Dass das Konzept nun doch nicht umgesetzt wurde, damit haben wir nicht gerechnet.“
Frank Böhmke und Markus Kaminski haben mit vielen Nachbarn und Waldspaziergängern über die Situation gesprochen und deren Meinung eingeholt. „Es wurde offenkundig, dass ein Stadtwäldchen in dieser Größe und in diesem Zustand kein Lieferant für Holz sein kann. Hinzukommt, dass das regelmäßige Gejaule der Kettensägen mehr als unangenehm für die Tierwelt und Spaziergänger ist und das Ökosystem dadurch empfindlich gestört wird“, kritisiert Frank Böhmke. „Als störend und belastend wurde auch empfunden, dass in den Folgetagen des Bäumeschlagens regelmäßig Autos privater Holzeinkäufer den Wald befuhren, um das geschlagene Holz abzufahren. Daraus resultierenden breiten Furchen und die kaputten Waldwege der forstwirtschaftlichen Fahrzeuge waren die nächsten unangenehmen Hinterlassenschaften dieses Tun und Handelns.“
Waldarbeiten hat die Stadt zunächst zurückgestellt
Die beiden erneuern ihren Appell an die Politik und den Fachdienst Umwelt, das Lübecker Konzept in das Forsteinrichtungswerk einzuarbeiten und für den Geesthachter Stadtwald umzusetzen. Die Stadtverwaltung hat zugesagt, bis zum Abschluss des neuen Forstkonzeptes Waldarbeiten zurückzustellen – außer zur Wahrung der Verkehrs- und Wegesicherheit.
Für Böhmke liegt das Resultat auf der Hand: Der Wald beginne, sich zu einer Idylle zu wandeln. Rehe, trauten sich in benachbarte Gärten, um heruntergefallenes Fallobst zu fressen. Das hat er früher nicht erlebt. „Das Jahr war vor allem ruhig, es waren keine Kettensägen zu hören“, erzählt er. Und fordert: „Wenn sowieso gerade nichts gemacht wird, dann soll die Stadt mit dem Forsteinrichtungswerk gern noch die nächsten 20 Jahre warten.“
- Baumkataster wächst auf 466 Bäume
Der Ausschuss für Umwelt und Energie hatte auf seiner jüngsten Sitzung im September empfohlen, 18 Ersatzbäume und 16 ausgesuchte Bäume neu in das Baum-Kataster aufzunehmen. Ein Beschluss der Ratsversammlung steht allerdings noch aus. Die Gesamtzahl der im Kataster aufgenommenen Bäume beträgt dann 466 Bäume. Für die Feststellung der Punktezahl wurden Kriterien wie Standort, Erlebbarkeit des Baumes für die Allgemeinheit, Ortsbildprägung und ökologische Bedeutung bewertet. Punktbester Baum ist demnach eine Linde an der Steinstraße 57-63 (alter Bauhof) mit 36 Punkten. Die Nächstplatzierten: Blut-Ahorn (33 Punkte, Lichterfelder Straße 36); Rotbuche (28, Westerheese 1), Blutbuche (27, Besenhorst 24); Linde (27, Sielstraße 14); Blutbuche (27, Gerstentwiete 5), Roteiche (27, St. Thomas Weg 3)