Geesthacht. Bastian Numrich verliert seinen Platz im Jugendhilfeausschuss. Er spricht von einem „Herzlos-Rauswurf“. Und reagiert entschlossen.
Es war die Szene des Abends in der letzten Kreistagssitzung vor der Sommerpause, ein regelrechter Paukenschlag. Nach dem Tagesordnungspunkt sieben zur Umbesetzung von Ausschüssen und Gremien hob Bastian Numrich den Arm als Zeichen, noch etwas sagen zu wollen. Dann ging er ans Rednerpult, und was er mitteilte, hinterließ bei seiner CDU-Fraktion verblüffte Gesichter. „Die Überraschung stand allen ins Gesicht geschrieben“, sagt ein Zeuge.
Denn der Geesthachter verkündete nichts weniger als seinen Rücktritt aus der CDU-Fraktion. Dass er von seiner Partei kurz zuvor bei den Umbesetzungen nicht mehr für den Jugendhilfeausschuss berücksichtigt worden war, hatte ihn tief getroffen. „Und das, ohne mit mir vorher noch einmal zu sprechen“, sagt er entrüstet. Er habe zu viel gefehlt, lautete der Vorwurf.
Zoff: Kreis-CDU berücksichtigt Bastian Numrich nicht im Ausschuss
„Mein Vater ist im Februar gestorben, ich habe getrauert, und alle haben es gewusst“, verteidigte er sich. Für ihn ist es ein Herzlos-Rauswurf. „Das Vorgehen spiegelt nicht die christlichen Werte wider, die ich erwarte“, kritisiert er seine Parteikollegen. „Ich hatte keine Chance, mich zu rechtfertigen.“
Das Ende der Sitzung verfolgte Bastian Numrich vom Platz neben einem SPD-Abgeordneten aus. Aber nicht etwa, weil er einen Wechsel anstrebe, erklärte er. „Ich habe mich erst ins Publikum gesetzt. Die Kreispräsidentin hatte aber nicht mehr richtig wahrgenommen, wie ich dort abstimme. Also habe ich mich wieder in den Politikbereich begeben und auf einen freien Platz gesetzt.“
Ausschuss-Umbesetzung wurde nötig, weil AfD-Fraktion sich wieder auffüllte
Der Stunk in der CDU hat seinen Ursprung im personellen Wiedererstarken der AfD. Die Umbesetzung wurde notwendig, weil die AfD ihre durch Abgänge bedingten personellen Lücken durch Nachrücker aufgefüllt hat und die Fraktion nunmehr wieder aus vier Abgeordneten besteht. Prompt wurde eine Neubesetzung aller Wahlstellen im Jugendhilfeausschuss beantragt. Der AfD steht ein Sitz zu.
„Damit war klar, dass wir eines unserer Mitglieder dort herausnehmen zu müssen“, erklärt Norbert Brackmann, der CDU-Fraktionsvorsitzende, die Vorgeschichte. Die CDU belegte bis dato vier Sitze. „Als das besprochen wurde, hat Bastian Numrich in unserer Fraktionssitzung unentschuldigt gefehlt“, sagt er.
Platz verloren als direkt gewählter Abgeordneter – damit hat er nicht gerechnet
„Ich habe mich krank abgemeldet“, bekräftigt dagegen Bastian Numrich. „Ich hatte nicht damit gerechnet, dass ich es sein könnte als direkt gewählter Abgeordneter. Ich habe den Platz verloren für ein bürgerliches Mitglied aus Mölln“, kritisiert er die Entscheidung. Von der Entscheidung auf der Fraktionssitzung habe er „unter der Hand“ erfahren, nicht offiziell, sagt Bastian Numrich.
„Vielleicht ist es ja auch, weil ich nicht zu allem Ja und Amen sage“, sagt Bastian Numrich. Er beteuert, sich stets um eine Vertretung bemüht zu haben, wenn er abwesend war. „Es handelt sich nicht um inhaltliche Differenzen“, versichert Norbert Brackmann, der Fraktionsvorsitzende. Die Fehltage beim Ausschuss beträfen nicht erst die aktuelle Wahlperiode, sondern schon die davor. Und deswegen habe es bereits Gespräche gegeben. Nun wieder welche zu führen, diese Notwendigkeit sah Norbert Brackmann nicht erneut.
Beide Seiten sind sich einig: Keine weitere Eskalation
Den Vorwurf des Schwänzens will Bastian Numrich wiederum nicht auf sich sitzenlassen. „Norbert Brackmann kramt alte Sachen raus, die drei Jahre her sind. Ich habe in der vergangenen Wahlperiode aus Vertretungsgründen teils zwei Ausschüsse machen müssen, war zum Beispiel Dauervertreter im Sozialausschuss“, sagt er. „Und ich bin Lehrer. Wenn ich auf Klassenfahrt bin, kann ich nicht zum Ausschuss gehen.“
Die Situation scheint verfahren. Wie kann es da miteinander weitergehen? Beide Seiten wollen versuchen, sich zunächst ohne weitere Eskalation in die Sommerpause zu retten. Dann werde man weitersehen. „Es ist keine Tür zugeschlagen“, versichert Norbert Brackmann. Es setzt auf ein „vernünftiges Gespräch“. „Die Tür ist noch nicht zu, das ist bei mir genauso. Ich warte auch erstmal die Sommerpause ab“, bestätigt Bastian Numrich. „Aber der Ball liegt bei denen“, fügt er hinzu.
Nächster Jugendhilfeausschuss ist Ende Juni – Bastian Numrich überlegt, hinzugehen
„Als fraktionsloses Mitglied kann ich mir einen Ausschuss aussuchen zur Mitarbeit, aber ohne Stimmrecht“, sagt er zu seinen Plänen. Der Kreistag hat bereits Sommerpause, aber die nächste Sitzung des Jugendhilfeausschusses ist am 27. Juni (17.30 Uhr, Haus der Landwirtschaft in Mölln). „Eventuell gehe ich hin“, sagt Bastian Numrich. Er war Ausschussmitglied vom 21. Juni 2018 bis zum 13. Juni dieses Jahres. Stimmberechtigt wäre er auch hier nicht mehr, hätte durch sein Kreistagsmandat aber Rederecht.
Ob er, wenn sich die Wogen über die Sommerpause glätten sollten, zurück in den Jugendhilfeausschuss ginge, wenn sich die Gelegenheit böte, weiß er nicht recht. „Wenn ich einmal nicht kann, wäre ich ja vielleicht gleich wieder weg vom Fenster.“
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Gibt es keine Klärung, will er dem Kreistag fraktionslos erhalten bleiben. „Ich werde die Verwaltung bitten, mir einen Platz aufzustellen“, sagt er. Die Buchstaben der CDU wird man auf dem Tisch vergebens suchen. „Auf dem Tischschild steht immer nur der Name, ich bin dann nicht aus der CDU ausgetreten“, erklärt er.