Ratzeburg. Die Forderung der Rechtspopulisten, die Kreispräsidentin abzumahnen, verläuft ins Leere. Verabschiedet wurde ein ganz anderer Antrag.

Die Alternative für Deutschland (AfD) ist mit ihrem Antrag an den Kreistag, Kreispräsidentin Anja Harloff (CDU) rügen zu lassen, gescheitert. Die Fraktion verlangte eine Abmahnung Harloffs, da diese auf einer Demonstration gegen rechts und für Demokratie in Schwarzenbek aufgetreten war. Außerdem hatte sie im Rahmen einer Kreistagssitzung im September 2023 eine Rednerin der „Omas gegen Rechts“ Redezeit zugestanden, was aus Sicht der Rechtspopulisten nicht hätte passieren dürfen.

Eigentlich müsse über den Antrag gar nicht erst abgestimmt werden, man könne auch darauf verzichten. „Es ist klar, wie das Abstimmungsverhältnis ausfallen wird“, sagte Dr. Holger Stienen, der den Antrag für die AfD einbrachte. Außerdem, so stellte er selbst fest, hätte eine Abmahnung keine juristischen Folgen. Doch abgestimmt wurde über den Antrag – und alle Abgeordneten außerhalb der AfD-Fraktion lehnten diesen ab.

Nach AfD-Antrag: Kreispolitiker stellen sich hinter Anja Harloff

Deutliche Worte wählte der CDU-Fraktionsvorsitzende Norbert Brackmann. Er bekräftigte, dass Harloff richtig gehandelt habe. „Wenn wir uns selbst als Amtsträger ernst nehmen, ist es unsere Pflicht, für die Demokratie aufzustehen und rechtsradikale Tendenzen anzusprechen“, sagte Brackmann und erntete den Applaus der Kreistagsmitglieder. Die Demonstration, die Harloff im Februar besuchte, wurde angemeldet, nachdem die Pläne von AfD-Mitgliedern und anderen gesichert Rechtsextremen publik geworden waren, dass millionenfach Menschen mit Migrationsgeschichte abgeschoben werden sollen.

Holger Stienen veröffentlicht auf seiner Facebook-Seite regelmäßig Posts mit rassistischem, homophoben und völkischem Gedankengut. Inzwischen sind diese nicht mehr öffentlich zugänglich. Unter anderem stellte Stienen in Postings die Kriegsschuld des NS-Regimes infrage, was er erneut bekräftigte.

Rüge hätte juristisch keine Auswirkungen

Auch Marcus Worm (Grüne) stellte klar, dass absolut kein Anlass bestehe, eine Rüge gegen Anja Harloff auszusprechen. Als Amtsträgerin sei es ihr ohnehin gestattet, ihre Meinung zu äußern, solange dies nicht in Amtsräumen passiere oder zum Beispiel auf der Homepage des Kreises publiziert werde. Vielmehr lobte auch er, dass die Kreispräsidentin Haltung gezeigt habe.

Dass eine Rüge juristisch keine Auswirkungen gehabt hätte, erklärte der stellvertretende Pressesprecher des Kreises, Karsten Steffen, bereits im Vorwege. Als Kreispräsidentin sei sie weiterhin Politikerin und könne Wertungen vornehmen. Sie müsse lediglich die Kreistagssitzungen neutral leiten.

Fraktionen verabschiedeten die Lauenburgische Erklärung zur Demokratie

Im Zuge der Kreistagssitzung verabschiedeten mehrere Fraktionen in einem gemeinsamen Antrag die Lauenburgische Erklärung zur Demokratie. CDU, SPD, Grüne, FDP, Freie sowie der Einzelabgeordnete Markus Räth taten dies ohne die AfD, die Basis und den Linken, die im Vorwege nicht mit einbezogen wurden.

Anlass für die Erklärung ist das 75-jährige Bestehen des deutschen Grundgesetzes. „Wir beobachten auch, wie Gruppierungen und Parteien an den extremistischen Rändern des politischen Spektrums ebenso unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung angreifen wie religiöse Fanatiker“, heißt es in der Erklärung. Der Spirale von Radikalisierung und Polarisierung wolle man entschieden entgegentreten.

Auch Habecks Heizungsgesetz ist Thema

Demokratie sei weder selbstverständlich noch unveränderlich. Sie müsse immer wieder neu erkämpft werden, sagt Anna Dorothea Granz (Grüne). „Wer in einer Demokratie schläft, wacht in der Diktatur auf.“ Judith Gauck (FDP) berichtete, wie sie neunjährig mit ihren Eltern aus der Diktatur DDR in eine Demokratie nach Lübeck kam. Hier habe sie Schule ohne Indoktrination erfahren. „Wir müssen weiter für die Demokratie einstehen. Daher bin ich froh, dass wir gemeinsam diese Resolution verabschieden.“

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Florian Slopianka (CDU) sagte, dass die Demokratie von mindestens vier Seiten bedroht werde. Er nannte neben dem Rechtsextremismus auch den Linksextremismus, Antisemitismus und Islamismus. Man müsse gegen Extremismus eintreten, nicht aber gegen rechts, da er auch Konservative dem rechten Spektrum zurechne. Wichtig sei jedoch auch, dass Politik machbar und zumutbar sei, da die Gesellschaft aus einer Zeit einer tiefen Krise komme. „Und genau in diese Zeit kommt ein Wirtschaftsminister, der eine Debatte über die Heizung in unseren Haushalten entfacht und bezeichnet das als Test, wie weit die Gesellschaft bereit ist, Klimaschutz zu tragen“, so Slopianka. Auch deshalb sei die Erklärung wichtig.

Beim finalen Votum stimmten 54 der 59 Abgeordneten für die Resolution. Enthaltungen gab es von der AfD sowie vom Linken-Abgeordneten Tino Deinhard, da er den Antrag nicht mit unterschreiben durfte.