Ratzeburg. Die Partei fordert eine Rüge gegen Anja Harloff, da sie gegen die Neutralitätspflicht verstoßen haben soll. Welche Folgen drohen ihr?
Bundesweit formierten sich Proteste gegen rechts in den vergangenen Monaten. Anlass für die Demonstrationen waren vielerorts die Pläne von AfD-Mitgliedern und anderen gesichert Rechtsextremen, millionenfach Menschen aus Deutschland abzuschieben. Auch in Geesthacht am 29. Januar und in Schwarzenbek Ende Februar setzen Hunderte Menschen ein Zeichen für Demokratie und gegen rechts. Bei der Demonstration in der Europastadt trat auch Anja Harloff, Kreispräsidentin des Kreis Herzogtum Lauenburgs, als Rednerin auf – zum Missfallen der AfD.
Die Rechtspopulisten werfen Anja Harloff nun vor, „gegen Bevölkerungsteile propagandistisch agitiert“ zu haben, die mit der Politik der Ampel in Berlin und der schwarz-grünen Regierung in Kiel nicht mehr einverstanden seien. Damit habe die Kreispräsidentin zur weiteren Spaltung der Gesellschaft durch Ausgrenzung einer Menschengruppe beigetragen. In einem Antrag an den Kreistag des Kreises Herzogtum Lauenburg fordert der AfD-Fraktionsvorsitzende Rene Franke aus Schwarzenbek, Anja Harloff zu rügen. Schließlich sei von ihr als Kreispräsidentin absolute Zurückhaltung und Neutralität zu allen politischen Strömungen zu erwarten.
AfD schießt gegen Kreispräsidentin und „extremistische Omas“
Bei der Demonstration am 24. Februar in Schwarzenbek, die unter dem Motto „Nie wieder ist jetzt“ lief, trat Harloff als Rednerin neben den Landtagsmitgliedern Andrea Tschacher (CDU), Christopher Vogt (FDP) und Oliver Brandt (Grüne) sowie der SPD-Bundestagsabgeordneten Dr. Nina Scheer auf. Parteiübergreifend warnten die Politiker davor, dass es nie wieder Deportationen aus Deutschland geben dürfe und man Rechtsextremen keine Stimme geben dürfe. Nach Ansicht der AfD-Kreistagsfraktion stehe dies Harloff nicht zu.
Auch interessant
- Zwei Wochen nach Einbruch: Täter von Polizei gefasst
- Schwarzenbek: Wann wird aus der Notunterkunft ein Bürgerzentrum?
- Messerattacke in Geesthacht: Ministerin Karin Prien spricht über Konsequenzen
Präsenz zeigte bei der Demonstration in Schwarzenbek auch das Bündnis „Omas gegen Rechts“. Bundesweit gibt es Zusammenschlüsse von Seniorinnen, die sich gegen Rechtsextremismus engagieren. Schon einige Monate vorher traten die „Omas gegen Rechts“ im Ratzeburger Kreistag auf. Sie nutzten die Einwohnerfragestunde, um auf Facebook-Posts des AfD-Abgeordneten Dr. Holger Stienen hinzuweisen, der menschenverachtende Beiträge in dem sozialen Medium verfasst hatte. Anlass war, dass Stienen und seine damalige Fraktionskollegin Erika Damerow, die wegen dessen Facebook-Posts die Fraktion später verlassen hat, für zwei Kreisausschüsse kandidierten. Sie beendeten ihren Vortrag nach langer Vorrede mit der Frage, inwieweit die AfD-Fraktion die Kreistagsarbeit behindere.
Welche Folgen hat eine Rüge?
Nach Ansicht der AfD-Fraktion hätte dies nicht passieren dürfen, da die Einwohnerfragestunde dafür gedacht ist, Fragen zu stellen. Den „Omas gegen Rechts“ sei es jedoch gar nicht um eine Frage gegangen. Anja Harloff habe zugelassen, „dass eine „linksradikale“ Gruppe sogenannter „Omas gegen Rechts“ die Bürgerfragestunde als Podium für eine Propagandashow gegen die AfD im Allgemeinen und gegen ein Fraktionsmitglied der AfD-Fraktion im Besonderen“ missbraucht. Geht es nach den Rechtspopulisten, hätte Harloff der Rednerin das Mikro abstellen müssen, um die Rede der „extremistischen Omas“ zu unterbinden. Stienen und Damerow blieben in mehreren Wahlgängen die benötigten Stimmen der anderen Abgeordneten verwehrt.
Bleibt die Frage, welche Folgen eine Rüge für Harloff hätte. „Gar keine“, sagt der stellvertretende Pressesprecher des Kreises, Karsten Steffen. Als Kreispräsidentin sei sie weiterhin Politikerin und könne Wertungen vornehmen. Sie müsse lediglich die Kreistagssitzungen neutral leiten. Anderes gelte für Beamte wie den Landrat, der zu absoluter Neutralität verpflichtet ist.