Schwarzenbek. Rund 500 Menschen bei Kundgebung auf dem Ritter-Wulf-Platz. „Ich habe Gänsehaut“, sagte Schwarzenbeks Bürgermeister Norbert Lütjens.

Das neu gegründete Schwarzenbeker Bündnis für Demokratie und Menschenrechte hat seine erste Bewährungsprobe bestanden: Gut 500 Menschen kamen am Sonnabendnachmittag auf den Ritter-Wulf-Platz, um gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit zu demonstrieren. Ihre gemeinsame Botschaft: „Nie wieder ist jetzt!“

Über Plakate und das Internet hatte das Bündnis aus Parteien und Vereinen für die Kundgebung mobilisiert. Anlass war auch hier das sogenannte Potsdamer Treffen, bei dem Funktionäre der Alternative für Deutschland (AfD) und andere rechtsextreme Akteure über die millionenfache Deportation von Menschen mit Migrationsgeschichte aus Deutschland gesprochen hatten. In Schwarzenbek stand die AfD am Rand und schaute zu.

Für Demokratie und Menschenrechte: 500 Schwarzenbeker demonstrieren

Der Organisator der Kundgebung und SPD-Vorsitzende Candy Rudolph und auch die anderen Redner zeigten sich beeindruckt, dass so viele Europastädter dem Aufruf gefolgt waren. „Und das, obwohl man uns hier nicht haben will“, wie Rudolph sagte. Zwei Nächte zuvor seien im ganzen Stadtgebiet Plakate für die Demonstration abgerissen worden.

Christopher Vogt (FDP), Dr. Nina Scheer (SPD), Andrea Tschacher (CDU), Oliver Brandt (Grüne) und Kreistagspräsidentin Anja Harloff.
Christopher Vogt (FDP), Dr. Nina Scheer (SPD), Andrea Tschacher (CDU), Oliver Brandt (Grüne) und Kreistagspräsidentin Anja Harloff. © Marc Nasner | Marc Nasner

Das Bündnis hatte für die Kundgebung lauenburgische Abgeordnete verschiedener Fraktionen aus dem schleswig-holsteinischen Landtag eingeladen. Neben Andrea Tschacher (CDU) und dem FDP-Fraktionsvorsitzenden Christopher Vogt sprachen auch Oliver Brandt (Grüne) sowie die SPD-Bundestagsabgeordnete Dr. Nina Scheer. Auch Kreistagespräsidentin Anja Harloff beteiligte sich.

„Heute erhebt Schwarzenbek seine Stimme. Heute sind wir laut“, sagte die Landtagsabgeordnete Tschacher. Mit Blick auf die Deportationspläne verwies sie auf die deutsche Geschichte: „Wir müssen nun zeigen, dass wir daraus gelernt haben“, sagte sie. Wer jetzt noch sein Kreuz bei der AfD setze, gebe Rechtsextremisten seine Stimme.

Nina Scheer: AfD inszeniert sich als Opfer einer Medienkampagne

Ähnlich äußerte sich Christopher Vogt. Der FDP-Politiker verwies darauf, dass der Kieler Landtag eines der wenigen Landesparlamente in Deutschland sei, in dem die AfD nicht vertreten ist. Nur im Bremer Senat hat die Partei ebenfalls keine Sitze. „Wir müssen daran arbeiten, dass die AfD in ganz Deutschland nicht in den Parlamenten sitzt“, so Vogt.

Viele Schwarzenbeker beteiligten sich mit kreativen Plakaten an der Demonstration.
Viele Schwarzenbeker beteiligten sich mit kreativen Plakaten an der Demonstration. © Marc Nasner | Marc Nasner

Wie Nina Scheer sagte, stünden die Menschen, die sich auf dem Ritter-Wulf-Platz versammelten, für die Mehrheit der Menschen im Land. „Das hier ist die Stimme des Volkes“, sagte sie. Gleichzeitig warnte Scheer, dass die AfD die Berichte über das Potsdamer Treffen nutze, um sich als Opfer einer Medienkampagne zu inszenieren. „So funktioniert das schleichende Gift dieser Partei“, so Scheer.

Besonders eindrückliche Worte wählte Sadik Ulutürk, der sich lange in der SPD und im Schwarzenbeker Ausländerbeirat engagierte. Der Schwarzenbeker, der aus der Türkei nach Deutschland kam, erinnerte an die fremdenfeindlichen Anschläge von Mölln, Hoyerswerda und auch Hanau. Die aktuellen Pläne von Rechtsextremisten erinnerten ihn an diese Ereignisse und machten ihm Angst machen.

Schwarzenbeks Bürgermeister Norbert Lütjens: Stolz auf die Bürger

„Ich lebe seit über 50 Jahren hier. Dieses Land ist meine Heimat. Trotzdem hassen mich diese Leute und sie wollen nicht, dass ich hier bin“, sagte Ulutürk. Er sprach ganz konkret an, dass die Deportationspläne auch ihm gelten würden. „Ich heiße nicht Sebastian oder Simon, sondern Sadik. Auch mein Name wird irgendwann auf der Abschiebeliste stehen.“

Die Omas gegen rechts waren wie auf vielen anderen Veranstaltungen vertreten.
Die Omas gegen rechts waren wie auf vielen anderen Veranstaltungen vertreten. © Marc Nasner | Marc Nasner

Gänsehaut hatte nach seinen Worten Schwarzenbeks Bürgermeister Norbert Lütjens, der als letzter Redner auftrat. Er wolle keinen akademischen Vortrag halten, aber auf die Gefahr, die von Rechtsextremen und Demokratiefeinden ausgehe, aufmerksam machen. Diese seien wissenschaftsfeindlich, und man müsse Haltung zeigte und ihnen entgegentreten. „Ich bin stolz, dass genau das so viele Menschen hier heute machen. Sie machen mir Mut“, sagte er den Schwarzenbekern.

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Für einen kurzen Zwischenfall sorgte der Besuch des AfD-Kreistagsabgeordneten Dr. Holger Stienen, der zuletzt wegen seiner rassistischen und homophoben Facebook-Postings Schlagzeilen machte und für einen Zerfall der AfD-Fraktion gesorgt hatte. Er verfolgte gemeinsam mit Parteikollegen die Kundgebung. Dies nahm die Initiative Omas gegen rechts zum Anlass, Stienen mit einem Transparent von der Kundgebung abzuschirmen. Auch zwei mutmaßliche Neonazis mit szenetypischer Bekleidung und Kampfhunden verfolgten die Veranstaltung vom Penny-Vorplatz aus. Sie wurden von Polizeibeamten mehrfach des Ortes verwiesen.